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Wiesergut: bodenständiger Luxus zwischen Tradition und Moderne

Die Geschichte des Wieserguts reicht bis ins Jahr 1350 zurück. Es begann als Gutshof, den Gertraud Kröll Ende des 19. Jahrhunderts zum Bauernhof für Urlauber machte und erstmals Touristen nach Hinterglemm lockte. Im Laufe der Jahrzehnte wurde daraus ein Hotel mit 100 Betten. Eine gänzlich neue Identität erhielt das Anwesen im Jahr 2012, als Gertrauds Urenkel Josef „Sepp“ und seine Frau Martina das Haus zum exklusiven Zufluchtsort für Menschen nobilitierten, die unter Luxus nicht Bling-Bling und Kaviar, sondern Zeit und Natur verstehen.

Die Philosophie, alte Traditionen mit dem Modernen zu verbinden, durchdringt das 24-Suiten-Hotel – von den Sideboards und Betten aus Nussbaumholz, die für jedes Zimmer individuell angefertigt werden, über die maßgeschneiderte Zirbensauna im Spa bis hin zu den Dirndln des Personals, die von einer ortansässigen Näherin angefertigt werden. Einheimische Hölzer, Naturstein und Granit gehen mit Glas und Sichtbeton sowie in Feuer geschmiedetem Eisen eine fulminante Liaison ein, die den Gast schon beim Betreten des Hauses in seinen Bann zieht. Überall stimmige Details in anmutiger Schlichtheit. Nicht zu vergessen die hofeigene Quelle, die die Wasserhähne im Zimmer und die Hotpots in den Gartensuiten speist.

Gastgeber-Ehepaar Kröll. Foto: Wiesergut
Gastgeber-Ehepaar Kröll. Foto: Wiesergut

„Wir wollen polarisieren. Entweder man mag das Konzept oder nicht. Wir wollen nicht kategorisiert werden, wir wollen nicht mit Sternen oder Kochmützen bewertet werden“, bringt Sepp Kröll sein gastgeberisches Selbstverständnis auf den Punkt. Luxus ist für ihn „viel Platz und frisches Brot“. Es ist „das Wissen, dass die Hühner im Stall die Eier gelegt haben, die man zum Frühstück gegessen hat. Einfach und trotzdem schön“.

„Unsere Gäste sollen jeden Moment bewusst erleben“

Mehr Understatement geht kaum, wenn man etwa an die Gartensuiten denkt. Außen mit eigener Sauna und Hot Tub und Innen mit einem Kamin aus unbehandeltem Stahl und einer freistehenden Badewanne suchen diese 55 Quadratmeter großen Wohlfühloasen ihresgleichen. Die vier Meter hohen Glasfassaden geben die Sicht auf die umliegenden Berge frei. „Unsere Gäste sollen jeden Moment bewusst erleben, sich fallen lassen dürfen – das ist für uns pures Glück, wenn wir spüren, dass uns dies gelingt“, unterstreicht Martina Kröll. Wie könnte man ihr widersprechen. Persönlicher Umgang wird großgeschrieben im Wiesergut.

Die Garten Suite des Wiesergut. Foto: Mario Webhofer
Die Garten Suite des Wiesergut. Foto: Mario Webhofer

Authentizität und Bodenständigkeit sind auch die Maximen in der Küche, wo Chef de Cuisine Andreas Hollin höchsten Wert auf Qualität und saisonale Zutaten aus dem heimischen Gemüse-, Obst- und Kräutergarten legt. Das Fleisch vom Pinzgauer Rind und Milchkalb sowie Milch und Eier liefert Gastgeber Kröll höchstselbst aus seiner eigenen Landwirtschaft. Ist er nicht im Hotel, kümmert er sich um seine „Girls“, wie er seine rund 40 Pinzgauer Rinder nennt. Sie grasen einen Steinwurf entfernt von der Wieseralm, die zu Fuß in eineinhalb Fußstunden vom Hotel aus zu erreichen ist. Dort oben tankt er Kraft. Langeweile ist Kröll fremd, doch man darf sich den sympathischen Hotellerie-Visionär als glücklichen Menschen vorstellen. Die Landwirtschaft und das Wiesergut sind seine Berufung, die dem Haus die Seele verleiht.

Die Küche, die die Krölls bewusst nicht von einem der einschlägigen Guides bewertet sehen wollen, passt zum Konzept: außergewöhnlich, ohne aufdringlich zu sein. Das Abendmenü wechselt Andreas Hollin täglich, wobei Klassiker wie ein Wiener Schnitzel oder Kalbsgulasch immer auf der Karte stehen. Eine geschmacksintensive Gaumenfreude, die man sich nicht entgehen lassen sollte, ist das Filetsteak mit Röstkartoffeln und Pfeffersauce. Traurig stimmt den glücklichen Genießer allein, dass das hervorragende Fleisch es von einem von Krölls „Girls“ stammt. Exemplarisch für seine wechselnden Kreationen stehen rote und gelbe Bete mit Joghurt, Granny Smith und gebeizter Lachs oder Seeforelle mit Erbsen als Creme und Schoten, Bärlauch und Radieschen.

Kulinarik im Wiesergut... Foto: Klaus Peterlin
Kulinarik im Wiesergut... Foto: Klaus Peterlin

„Ich bin ein Bumerang, ich komme immer wieder zurück“

Auch das Frühstück ist ein Musterbeispiel für unaufgeregten Luxus. Aufs Aufmerksamste umsorgt muss sich der Gast nicht vom Tisch erheben. Immer mit einem ehrlichen Lächeln im Gesicht, servieren die gleichermaßen hochsympathisch wie zuvorkommenden Service-Feen die Zutaten auf Wägen. Herrlich etwa der Käsewagen, den man allzu gerne mehrfach anrollen lassen würde. Doch die Auswahl an anderen Spezialitäten gemahnt zum Innehalten: vom Bio-Schafmilchjoghurt und Kräuterfrischkäse im Bügelglas über hausgemachte Marmeladen, Obst der Saison bis hin zu den unterschiedlichsten Eierspeisen.

Zu den Highlights des breiten Backwaren-Sortiments zählt das Brot, dass Sepps Mutter Lisi im hauseigenen Holzofen bäckt: aus steingemahlenem Mehl, reinem Salz und frischem Glemmtaler Quellwasser. Von Hand geknetet und geformt. Dazu eine zu Butter veredelte Alm-Milch und der Tag kann beginnen. Kein Wunsch bleibt offen. „Ich bin ein Bumerang, ich komme immer wieder zurück“, bringt die charmante Servicemitarbeiterin die Philosophie auf den Punkt.

Landwirtschaft erleben. Foto: Wiesergut
Landwirtschaft erleben. Foto: Wiesergut

Viele Gäste kommen immer wieder, um sich eine Auszeit zu gönnen. Gäste, die den unkomplizierten, persönlichen Umgang mit Herz suchen, ohne dabei auf das Besondere verzichten zu müssen – in einem unprätentiösen, aber dennoch stilvoll-luxuriösen Ambiente. Und im Einklang mit und dem Respekt vor der Natur. „Wir nennen es Glück“ lautet das Motto des Gastgeber-Ehepaars Sepp und Martina Kröll. Besser kann man die eigenen Eindrücke nicht auf den Punkt bringen.


Informationen:

www.wiesergut.com

Fotos: Klaus Peterlin, Wiesergut, Mario Webhofer

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