Aber wie alle großen Winzer des Gebiets haben die Emo Capodilista auch noch eine zweite Liegenschaft im Süden der Euganeischen Hügel, wo es klimatisch weitaus mediterraner zugeht und auch dem Weingut Emo Capodilista herausragende Weine beschert. Dort ist es das Tenimento di Monte Castello in Baone. Hausherr auf La Montecchia ist Conte Giordano Emo Capodilista, und er repräsentiert ohne jede Adelsallüren die bereits 22. Generation dieses Adelsgeschlechts.
Dass die Emo Capodilista auch im 20. Jahrhundert Geschichte schreiben, sieht man auch an den Devotionalien, die im großen Salon der mittelalterlichen Burg der Emo Capodilista ausgestellt sind. Die Burg (13. Jh.) wird teils von Giordano und Familie bewohnt, wird aber auch teils vermietet. Gleiches gilt auch für die einstigen Häuser der Bediensteten und Wirtschaftsräume entlang der Straße: Casa del Prete, Casa di Nando, Casa di Maria und Casa del Camino.
Schließlich kann auch der Prachtbau auf dem der Burg gegenüber liegenden, von Weinbergen gesäumten Hügel komplett gebucht werden. Es ist die Villa Emo Capodilista, 1568 von Dario Variotari erbaut. Außen mit Statuen umgeben und innen mit Fresken samt mythologischen Szenen ausgestattet, steht dies Architekturjuwel auf dem Hügel La Montecchia, der dem gesamten 30 ha großen Anwesen seinen Namen gab. Und nicht genug damit: nahebei locken der Golfplatz La Montecchia und vor allem das Restaurant Alajmo, das seit 2009 einen Michelin-Stern besitzt.
Kein Wunder daher, das Önotourismus heute auf La Montecchia eine bedeutende Rolle spielt. Nahezu 50 Prozent aller Einnahmen werden aus diesem Segment gewonnen. Die andere Hälfte steuert natürlich der berühmte Wein bei. Die Trauben wachsen auf dem je nach Wetterlage mit Grundwasser zusätzlich versorgten Böden, die mit Brocken von vulkanischem Trachyt-Gestein durchzogen sind. Trachyt ist ebenjener harte raue Stein, mit dem auch die Piazza San Marco in Venedig gepflastert ist.
Hausbroschüre des Gutes
Und natürlich ist La Montecchia auch Teil des Regionalparks Euganeische Hügel wie auch der sie durchziehenden Weinstraße. Es firmiert als Nummer 14 der insgesamt wohl 130 Attraktionen. Und man sollte sich La Montecchia merken. Es lohnt! Bewirtschaftet wird das Gut seit 2012 mit Solarenergie (Photovoltaik), folgt den Empfehlungen von Slow Food, nutzt ein neues schwedisches Heizsystem, sucht anhand der eigens aufgebauten Wetterstation nach den besten Kultivierungsmöglichkeiten und nutzt für die Verpackung des Weins recycelten Karton. Selbst die Hausbroschüre des Gutes entstand aus Algenpapier, dessen Algen in der Lagune von Venedig wuchsen.
Hauptaugenmerk wird auch auf den Erhalt der grandiosen Biodiversität im Regionalpark Colli Euganei gelegt. Dies gilt für Tiere wie für Pflanzen. Und natürlich findet die Vinifizierung mit natürlichen Methoden statt. Wie dies früher geschah wie heute geschieht zeigen ein Blick in den ältesten Weinkeller (15. Jh.) in den Euganeischen Hügeln und das kleine Museum mit historischem agrarischem Gerät.
Welche Vielfalt an önologischen Schätzen dann La Montecchia bietet, offenbaren der Weinladen sowie die sich anschließende Verkostung auf der rückwärtigen überdachten Terrasse. Im Laden werden allein 16 Weine im Halbrund präsentiert, hinzu kommen weitere in schmucken Holzkassetten. Allein diese Auswahl zeigt, wie differenziert und unterschiedliche die Weine aus den Euganeischen Hügeln sein können. Alles hängt am unterschiedlichen Terroir und am Mikroklima.
PrimoVolo
Vorab aber zeigen zwei Weine, dass Conte Giordano Emo Capodilista auch weit über sein eigenes „Reich“ hinausschauen kann. Da ist erst einmal der Wein „PrimoVolo“ (0,75-l-Flasche 22 €). Er entstand aus einem Spontanentschluss während eines gemeinsamen Fluges von Giordano mit dem piemontesischen Winzer Andrea Faccio.
Es folgte ein zweites überregionales Projekt: „TreperUno“, nicht „alle“, aber doch immerhin „Drei für Einen“! Diesmal sorgten die drei Winzer für einen perfekten reinen Merlot mit besten Trauben ihrer Güter (0,75-l-Flasche 11 €).
Eigentlich muss man nur erwähnen, dass La Montecchia 2021 den einzigen Wein aus dem Veneto stellte, der es unter die besten 50 in ganz Italien schaffte. Es ist ein grandioser, seit Jahren gefeierter Dessertwein, der „Donna Daria Fior d`Arancio Passito Colli Euganei DOCG. Bei der Degustation erleben wir den Jahrgang 2016 diesen Passito aus gelbem Moscato (12,5 % Alkoholgehalt), dessen Trauben aus dem Gut in Baone stammen – ein Gedicht!
Weinetiketten zieren Rittermotive
Ein Großteil der Weinetiketten von La Montecchia zieren Rittermotive. Da ist z. B. der weiße Piuchebello Bianco IGT delle Venezie 2019, mit dem wir die Degustation starten. Direkt übersetzt würde er wohl „Mehr als schön“ bedeuten, doch es ist erst einmal nur ein alter Familienname, den man wiederbeleben wollte. Mit nur 11 % Alkohol verfügt dieser strohgelber reine Wein aus gelbem Moscato, dessen Trauben früh geerntet werden, über Apfel-, Citrus- und Gewürz-Aromen und passt gut als Aperitif oder zu Pasta, Risotto oder Spargel. Der 2018er soll noch besser sein.
Zweiter Wein ist dann der sehr, sehr gute Ca` Emo rosso IGT delle Venezie 2019. Ca`Emo ist der frühere Name des Weingutes, auf dem Etikett prangt das Wappen der Familie. Dieser Blend aus Merlot (40 %), Cabernet Franc (30 %), Cabernet Sauvignon (25 %) und Raboso (5 %) ist ein leichter Roter mit dennoch intensiven Aromen, der zu allen Gerichten passt. Er schlummerte 12 Monate in slawonischen Eichenfässern (20 Hektoliter) und mindestens weitere drei Monate auf der Flasche, ehe er die Marktreife erlangte.
Dritter Wein der Degustation ist dann der Villa Capodilista rosso Colli Euganei DOC 2016: ein Preview, denn aktuell wird erst der Jahrgang 2013 verkauft. Die Trauben dieses kräftigen rubinroten Weins stammen von einem einzigen Weinberg am Südhang des La Montecchia. Dieser Wein (13 % Alkohol) überzeugt auch durch seine Langlebigkeit (10 – 12 Jahre), der Raboso-Traube verdankt er seinen Körper und die Säure. Schließlich wurde mit dem Carmenère 2017 auch das Progetto Recupero des Weingutes vorgestellt.
Hier geht es um die Wiedergewinnung und Neuaufwertung der uralten Carmenère-Traube, die schon im 19. Jh. in den Euganeischen Hügeln heimisch war. Dieser reine Carmenère (13 % Alkohol) ist kräftig und überzeugt mit seiner breiten, rubinroten Farbe. Insgesamt produziert La Montecchia mehr Rot- als Weißweine, dazu auch Schaumweine. Hinzuweisen ist noch auf ein weiteres Schlachtschiff des Hauses, der Baòn Rosso IGT Veneto 2015.
Informationen:
Strada del Vino Colli Euganei: www.stradadelvinocollieuganei.it/en
Azienda Agricola Conte Emo Capodilista La Montecchia, www.lamontecchia.it/en
Hotel Garden Terme, www.gardenterme.it/de
Fotos: Jürgen Sorges