Travel

Spike Island, einst das „irische Alcatraz“ (Teil 2)

Binnen kurzem wuchs die Zahl der Gefangenen während der irischen Hungersnot von 202 im Jahr 1841 auf 2323 im Jahr 1851. Spike Island wurde zum größten Gefängnis im britischen Empire. Über Spike Island wanderten Zigtausende zwangsweise nach Australien aus, gleichzeitig waren die Zellen in den zumeist für nur 600 Gefangene ausgelten Blocks ständig überbelegt.

Heute kann man sie von außen betrachten. Den berüchtigten wie gefürchteten Punishment Block (Strafblock) mit seinen kargen Zellen kann man sogar betreten. Hier erinnert sogar eine authentische Gefangenenwaage an die Prozeduren, denen Gefangene in diesem Block ausgesetzt waren. Besucher fragten sich schon Mitte des 19. Jh.s, angesichts der zustände, ob dies hier noch ein „christliches Land“ sei. Einer der hier Einsitzenden war Henry Sweers, der 1863versuicht hatte, zu fliehen und die 1800 m Richtung Cobh geschwommen war. Er scheiterte noch ein zweites Mal und musste den Rest seiner Strafe, volle zwei Jahre, als „Chan Man“ in Ketten verbringen.

12 Jahre auf Spike Island verbrachte der hochgebildete Joseph Dwyer aus Dublin, der als „Gravedigger“ berühmt wurde. Er hatte nicht nur einen Mordversuch unternommen, sondern für sein Opfer gleich auch schon ein Grab ausgehoben. Ungekrönter Ausbrecherkönig war William Johnston, der ab 1858 Gefängniswärter in Dublin, Cork und auf Spike Island in Atem hielt und dreimal erfolgreich türmte.

Wellen schlug der Fall desirischen Rebellen Robert Kelly, der zwei Jahre unter unwürdigsten Bedingungen im Punishment Block einsaß. Heute werden im oberen Stockwerk dieses Strafblocks Gemälde von Strafgefangene gezeigt, die auf Spike Island zwischen 1985 und der Schließung der Anstalt 2004 im Rahmen von Resozialisierungsmaßnahmen entstanden. Direkt hinter dem Punishment Block stand das Kindergefängnis. Eingerichtet um 1860, galt es bei seiner Eröffnung sogar als Fortschritt. Zuvor wurden Kinder und Jugendliche wie erwachsene Gefangene behandelt.

Das irische Alcatraz. Foto: Ellen Spielmann
Das irische Alcatraz. Foto: Ellen Spielmann

Natürlich gab es auf Spike Island auch „echte Gauner“, allen voran James Grey, Spitzname „Jack in the Box“. Grey, geborenen in Manchester, war einer der ersten Eisenbahndiebe – und sehr schlau. Er erfand einen Koffer, den er von innen selbständig öffnen und schließen konnte. Da das Gepäck früher separat in Gepäckwaggons befördert wurde, ließ er sich in seinem präparierten Koffer verschicken, öffnete ihn während der Fahrt, räumte andere Koffer leer und verschwand wieder in seinem eigenen. Das ging einige Jahre gut, bis man ihm auf die Schliche kam. 1856 gelangte er für vier lange Jahre nach Spike Island.

Natürlich war auch die Zeit des irischen Unabhängigkeitskampfes für Spike Island eine besondere. Viele prominente IRA-Mitglieder saßen hier ein, einem, Richard Barrett, gelang 1921 sogar die Flucht. Die Ausstellung zum Independence War1919 – 1921 und der irischen Unabhängigkeit ab 1922 sollte man nicht verpassen. Denn sie zeigt auch originale Artefakte vom Wrack des deutschen Schoners „Aud“, der 1916 Waffen für irische Osteraufständische an die irische Küste brachte und versenkt wurde.

Unbedingt sehenswert ist auch die Ausstellung zum letzten großen Aufstand 1985, als zumeist junge Strafgefangene, die wegen „Joyriding“(Autodiebstahl mit anschließender Spritztour) einsaßen, revoltierten. Dies brachte im Anschluss einige bemerkenswerte Strafreformen in Gang.

Keine Frage: Spike Island ist eine echte Bereicherung für Cobh und Cork und erzählt die Inselgeschichte der letzten 200 Jahre aus einer sonst nur selten wahrgenommenen Perspektive.


Informationen:

Irland Information/Tourism Ireland, www.ireland.com/de-de/ 

Fáilte Ireland, www.discoverireland.ie 

Tourism Northern Ireland, https://discovernorthernireland.com

Cobh Tourist Office, www.cobhharbourchamber.ie/touristoffice 

Spike Island: c/o Spike Island Tours, www.spikeislandcork.ie 

Watersedge Hotel: www.watersedgehotel.ie 

Fotos: Ellen Spielmann