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Spike Island, einst das „irische Alcatraz“ (Teil 1)

Die Ausflugsfähre von Spike Island Tours benötigt heute nur wenige Minuten zum Übersetzen an den Inselpier! Und doch liegen zwischen beiden Punkten noch immer Welten. Hier die die einst zu Ehren von Queen Victoria auch Queenstown genannt schmucke Hafenmetropole von Cork, damals wie heute an der zweitgrößten Naturbucht der Welt gelegen und rege von Containerriesen besucht. Dort die alte Militär- und höchst berüchtigte Gefängnisinsel, deren Kulisse man tagtäglich von Cobh aus bewundern kann – mehr indes auch nicht.

Spike Island wirkt auch auf den zweiten Blick bis heute unnahbar – und ist es tatsächlich auch. Denn man muss einige Regeln beachten, um auf die erst seit 2015 für das touristische Publikum geöffnete Insel zu gelangen. Da ist erst einmal das Prozedere der Ticketbuchung, die online samt Festlegung eines konkreten Abfahrtstermins erfolgt. Dann aber ist da auch noch das Verkehrsproblem in Cobh selbst.

Mangels Parkplätze hat sich Cobh dazu entschlossen, die maximale (und kostenpflichtige) Parkdauer für PKW zwischen 9 und 18 Uhr auf drei Stunden zu begrenzen. Das reicht natürlich nicht für den ausführlichen Inselbesuch, für den 3,5 Std. einzuplanen sind. Daher bleibt nur als Alternative, die einzig verfügbaren, rund um die Uhr kostenfreien Parkflächen in Cobh zu nutzen. Da ist einmal der Five Foot Way Car Park am Cobh Heritage Centre, etwa einen Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Und da ist der Parkplatz an der Nordseite der mächtigen Kathedrale von Cobh. Beides verlangt je 15 Minuten Fußmarsch bis zum Kennedy Pier.

Wir entscheiden uns für den Parkplatz Five Foot Way, passieren den alten Bahnhof von Cobh mit seiner fulminanten Dekoration zum Passagierdampfer „Titanic“ und dem neuen Promenadenweg am Ufer. Vorbei am Cobh Heritage Centre mit dem Denkmal von Annie Moore und ihren zwei Brüdern, die von Cobh kommend am 1.1.1892 als erste irische Einwanderer über Ellis Island New York und damit die USA erreichten, geht es bergauf zum Watersedge Hotel und dann weiter vorbei am Kennedy Park und dem White Star Building bis zum Kennedy Pier. Hier kann man sich am schmuck restaurierten historischen Kiosk „Addicted for Pleasure Seekers“, der wohl einst als Ticketoffice für Schiffslinien diente, mit Leckereien wie Waffeln, Cappuccino und Eiscreme eindecken, ehe die Fähre ablegt.

Blick auf die Kathedrale von Cobh von Spike Island aus. Foto: Ellen Spielmann
Blick auf die Kathedrale von Cobh von Spike Island aus. Foto: Ellen Spielmann

Aber keine Angst. Auch auf Spike Island kann man sich versorgen. Denn von den insgesamt 5,5 Mio. €, die zur gelungenen Umwandlung von Spike Island in eine touristische Attraktion eingesetzt wurden, wurden einige Euro auch für den einzigen Neubau auf Spike Island eingesetzt: das Visitor Center mit kleiner Fotoausstellung sowie Café mit hübscher Terrasse im einstigen Gefängnisinnenhof, wo man zu Kaffee oder Tee Sandwiches und Kuchen isst. Oder auch eine leckere Gemüsesuppe mit irischen Roggensodabrot und dick Butter ordert…

Direkt nach der Ankunft geht den langen Weg von der Pier hinauf bis zu einer ersten Häuserzeile, wo einst Bedienstete der Gefängnisverwaltung lebten. Hier befindet sich das erste Highlight der Tour: „Little Nellie`s House“! Hier lebte die 1903 geborene Nellie Organ mit ihrem Vater, nachdem ihre Mutter an TBC verstorben war. Auch Nellie erkrankte schwer und starb 1908 ebenfalls an Tuberkulose. Dies indes mit der Erfüllung ihres letzten Wunsches – der Erstkommunion.

Das damals unerhörte Ereignis gestatte der örtliche Bischof, was zu einer Art Kirchenrevolution führte. Denn Papst Pius X. setzte in der Folge das Erstkommunionsalter tatsächlich ebenfalls von 12 auf 7 Jahre herab. Bis heute wird in Rom ein Seligsprechungsverfahren für Little Nellie betrieben.

Dann geht es weiter den Inselberg in Richtung Forteingang hinauf. Der Inselberg wurde im Laufe des 18 Jh.s nivelliert und ist heute 24 Fuß (8 m) niedriger als damals. Mit dem Überhang wurde die Fläche innerhalb des Forts ausgefüllt und planiert. Kurz vor dem mächtigen Eingang zum Fort, das früher Fort Westmoreland, seit 1938 aber Fort Mitchel heißt, steht ein mächtiges Oktaeder ohne jeden Sichtschlitz.

Sicht von der Insel. Foto: Ellen Spielmann
Sicht von der Insel. Foto: Ellen Spielmann

Was als mögliche zusätzliche Wache erscheint, ist nur die Abdeckung für eine Wasserpumpe mit Wassertank. Denn eines der größten Probleme auf Spike Island war und ist Trinkwasser! Oben weht dann über dem mächtigen Torbogen des Forteingangs die irische Flagge: Denn hier ist natürlich – wenn auch erst seit 1938 – irisches Hoheitsgebiet, das Fort nun nach dem irischen Freiheitskämpfer und Journalisten John Mitchel (1815 – 1875) benannt, der sogar auf Spike Island einsaß.


Ursprünglich scheint auf dieser für den Hafen von Cork, den zweitgrößten Naturhafen der Welt, strategisch wichtigen Insel jahrhundertelang nicht viel losgewesen zu sein. Es wird von einer Klosterniederlassung aus dem 7. Jh. berichtet, die aber nicht verifiziert werden konnte. Allenfalls eine Kirche wurde im 18. Jh. erwähnt. Alles änderte sich 1779. Mit dem Ausbruch des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges 1775 wurde Cork zum wichtigsten Stützpunkt für Truppentransporte und Nachschub nach Nordamerika und in die Karibik. Bis zu 400 Schiffe versammelten sich hier zu Konvoi-Überfahrten.


Da Frankreich und Spanien in den Krieg eintraten, musste Corks Hafen geschützt werden. Dies übernahm Colonel Charles Vallancey, der ein erstes Fort Westmoreland mit Kasemattgeschützen errichtete, das dann ab 1793 bis 1802 erneut massiv ausgebaut wurde. Ab 1802 wurde dann sogar ein weiteres neues Fort erbaut, das in der Folge dann die bis heute sichtbaren Ungetüme des A Block und des B Block (ca. 1817) mit sich brachte. Und dies war dann auch die Geburtsstunde des Gefängnisses auf Spike Island.



Informationen:

Irland Information/Tourism Ireland, www.ireland.com/de-de/ 

Fáilte Ireland, www.discoverireland.ie 

Tourism Northern Ireland, https://discovernorthernireland.com

Cobh Tourist Office, www.cobhharbourchamber.ie/touristoffice 

Spike Island: c/o Spike Island Tours, www.spikeislandcork.ie 

Watersedge Hotel: www.watersedgehotel.ie 

Fotos: Ellen Spielmann

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