Foodie

Rubesco, San Giorgio, Aurente und Co. (Teil 1)

Doch mehr noch als eine Hymne an die Rebe ist sie eine besondere Hommage an die drei führenden Damen im Hause Lungarotti, mit denen Beverly Pepper über Jahrzehnte freundschaftlich verbunden war. Es sind Maria Grazia Lungarotti und ihre Töchter Chiara und Teresa. Und auch, wenn längst die nächste, dritte Generation der Lungarotti-Familiendynastie mit den Enkeln Francesco und Gemma in den 250 ha großen Musterbetrieb mit den zwei Standorten Montefalco sowie Torgiano in der italienischen Region Umbrien integriert ist, bilden diese drei Damen doch weiterhin die drei authentischen Säulen des fest auch in die regionalen Traditionen Umbriens einbezogenen Weingutes Lungarotti.

Klar, dass die Lungarotti-Damen auch zu den Mitgründerinnen der Vereinigung „Donne del Vino“ zählen, die sich zur Aufgabe gesetzt hat, den vielen schon lange höchst erfolgreichen Damen im Weinbau auf dem italienischen Stiefel mehr Aufmerksamkeit und Gewicht in dieser uralten Männerdomäne zu verleihen. Und klar: Die drei Lungarotti-Damen stehen natürlich auch für die enorm hohe Qualität der Weine des Weingutes, dass der Wine Spectator zurecht 2021 zu den 34 bedeutendsten Weingütern Italiens erhob.

250 ha Weingut

Torgiano, ein kleines, schmuckes und äußerst gepflegtes historisches Häuserensemble, das zu den „schönsten Dörfern Italiens“ zählt und nur zehn Kilometer vor den Toren von Perugia liegt, ist Hauptsitz von Lungarotti. Hier liegen ringsum 230 des insgesamt 250 ha großen Weingutes. 20 weitere Hektar sind in Montefalco, wo einer der Stars von Lungarotti, der Montefalco Sagrantino erzeugt wird. Ausgangspunkt aller Aktivitäten im Lungarotti-Weingut Torgiano ist die Bodega, Weinhandlung und Degustationsraum zugleich. Hier treffen wir Grazia Maria Cecchini, verantwortlich für die Gäste zu Besuch bei Lungarotti.

Berühmter Weinberg „Vigna Montichiello“, oberhalb von Torgiano, auf dem die Reben für den berühmten Rubesco und Rubesco Rsierva gedeihen. Foto: Ellen Spielmann
Berühmter Weinberg „Vigna Montichiello“, oberhalb von Torgiano, auf dem die Reben für den berühmten Rubesco und Rubesco Rsierva gedeihen. Foto: Ellen Spielmann

Und natürlich ist erst einmal ein Blick in die außergewöhnlich breitgefächerte Produktpalette von Lungarotti. Natürlich richtet sich die Aufmerksamkeit zuerst auf den absoluten Spitzenwein des Hauses, den Rubesco Riserva Vigna Monticchio, einen Torgiano Rosso Riserva DOC der Spitzenklasse, der auch im schwierigen Jahrgang 2017 voll überzeugt und als reiner Sangiovese zu den besten italienischen Rotweinen überhaupt zählt. Später werden wir die Vigna Monticchio, diesen berühmten, 300 m über dem Meeresspiegel und knapp außerhalb von Torgiano gelegenen Weinberg, mit Grazia Maria Cecchini besuchen und die Reihen von Rebstöcken mit vollreifen Sangiovese-Trauben mit Genuss bewundern.

Weinmuseum in Torgiano

Und da ist natürlich auch sein „kleiner Bruder“, der Rubesco Rosso, ein Torgiano DOC aus Sangiovese und Colorino, der in weitaus größerer Flaschenzahl abgefüllt wird quasi Lungarottis tagtägliches Aushängeschild für die tiefe Verbundenheit mit Umbrien ist. Später dann werden wir, zum Mittagessen in einer altehrwürdigen, mit zig umbrischen Spezialitäten lockenden Osteria gegenüber dem schon 1974 von Lungarotti gegründeten Weinmuseum in Torgiano einen weiteren, indes weniger bekannten Top-Wein von Lungarotti bewundernd testen.

Mag die Toskaner ihre „Supertuscans“, die „Supertoskaner“ haben: Hier präsentiert sich mit dem Lungarotti San Giorgio Umbria Rosso IGT Jahrgang 2016 der allererste „Superumbrian“. Schon 1977 kreierte diesen „Superumbrier“ Giorgio Lungarotti. Ursprünglich ein Blend aus Cabernet Sauvignon, Sangiovese und Canaiolo, wird er seitdem Jahrgang 2016 nurmehr aus Sangiovese und Cabernet Sauvignon hergestellt. Apropos Giorgio Lungarotti. Der verstorbene Patron des Hauses darf als „Übervater“ der Lungarotti-Familiensaga gelten.

Prächtig und ebenfalls mit langer Lebensdauer ausgezeichnet: Lungarottis grandioser Rotwein San Giorgio 2016 Umbria IGT Rosso. Foto: Ellen Spielmann
Prächtig und ebenfalls mit langer Lebensdauer ausgezeichnet: Lungarottis grandioser Rotwein San Giorgio 2016 Umbria IGT Rosso. Foto: Ellen Spielmann

Denn zwar sind die Lungarottis schon seit Jahrhunderten im mittleren Tibertal im Weinbau aktiv. Doch erst der junge Giorgio Lungarotti revolutionierte diesen – nicht nur für die Familie, sondern gleich für ganz Umbrien. 1936 promovierte Giorgio mit einer Dissertation über modernen Weinbau, und revolutionierte ab 1949 mit Innovationskraft, Unternehmergeist und Weitblick den Weinbau. Das Erfolgsrezept: Anlage neuer Weinberge in Torgiano, Respekt vor dem umbrischen Terroir, und die Wahl auch autochthoner Rebsorten.

Nicht nur aus nostalgischen Gründen

1962 wurde der erste Rubesco abgefüllt, 1964 der erste Rubesco Riserva Vigna Monticchio, längst der vielleicht berühmteste umbrische Wein weltweit. Beim Besuch der „caveau“ (Höhle) genannten Schatzkammer in der Cantina werden wir älteste, von Staub bedeckte Jahrgänge erleben. Überhaupt die Cantina: Hier finden sich die für die Weißweinproduktion genützten Stahltanks, im Fasslager die 5,5-Hektoliter-Fässer aus französischer Eiche und jene 500-Liter-Tonenaux aus französischer Eiche, in denen der Rubesco Riserva reift. Nicht nur aus nostalgischen Gründen wurde auch das alte, denkmalgeschützte Flaschentransportsystem in der Cantina erhalten, das einst über den Köpfen der Angestellten hinwegrauschte, rumpelte, quietschte und knatterte.

Keine Nostalgie sind hingegen die herrlichen Stellagen, auf denen Lungarottis Schaumweine 48 Tage lang von Hand gedreht werden! Solche Vierteldrehungen sind hoch arbeitsintensiv und erklären teils auch die hohe Zahl von über 70 Angestellten, die die kulturell und sozial stark engagierte Familie Lungarotti zu einem der größten Arbeitgeber in Torgiano machen.

Stellage für die Herstellung von Schaumwein in der Cantina Lungarotti in Torgiano. Foto: Ellen Spielmann
Stellage für die Herstellung von Schaumwein in der Cantina Lungarotti in Torgiano. Foto: Ellen Spielmann

Und natürlich stellt Lungarotti auch Weiße und Roséweine her. Da ist erst einmal eines der Aushängeschilder, der Torre di Giano, ein Bianco di Torgiano DOC aus Vermentino, Trebbiano und Grechetto, der auch als Riserva Torre di Giano Vigna il Pino offeriert wird. Eine Extraklasse ist dann der „Aurente“, ein hochkomplexer Weißwein, der sogar eine eigene DOC-Bezeichnung erobert hat. Als Chardonnay di Torgiano DOC 2017 begeistert er durch seine Eleganz, seine große Struktur, seine Aromen und die goldene Farbe!

Ein unbedingtes Muss im auch online zu bestückenden Warenkorb und mein Favorit! In der Bodega präsentiert Grazia Maria Cecchini dann den Roséwein „Brezza“ 2021 Umbria IGT. Er ist gerade in Deutschland hochgradig beliebt. Und vom Brezza gibt es auch Versionen als Rot- und Weißwein. Sehr zu empfehlen und den Geldbeutel schonend ist auch Lungarottis Weißwein Grechetto „Il Pometo“ 2021. Und ein Hit sind dann Lungarottis moderne, unter der Etikettenbezeichnung „L`U“ firmierenden brillanten Weine für die jüngere Generation. „L`U“ steht sowohl für „L`Umbria“ (Umbrien), als natürlich auch für „LUngarotti“.

Und besonders der weiße „L`U“ Bianco aus Vermentino und Chardonnay ist großartig und jederzeit zu empfehlen. Ebenso zeigt der „L`U“ Rosso, ein Blend aus Sangiovese, Merlot und kleineren Rebsorten, die große Innovationsfreude von Lungarotti. Dafür stehen auch das Konzept der Nachhaltigkeit und die Fotovoltaik-Anlage, die bereits 40 Prozent des gesamten Stromverbrauchs von Lungarotti abdeckt.

Informationen:

Cantine Lungarotti, www.lungarotti.it

Weinmuseum MUVIT, www.muvit.it/museodelvino

Fotos: Ellen Spielmann, Lungarotti

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