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Praslin Sling statt Singapore Sling

Chef-Bartender Alamir, geboren in Kairo, hat zur privaten Cocktail Class in die Danzil Bar geladen. Und zwar um 16 Uhr, sharp. Im Freien, ohne Klimaanlage. Irgendwie hatten wir bei der Planung unserer Termine nicht auf dem Radar, dass das bei gepflegten 30 Grad im Schatten und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit ein recht ambitioniertes Unterfangen sein könnte. Heißt es nicht im Volksmund: „Kein Bier vor Vier?“ Außerdem sind ein Oktopus-Salat und einige Scheiben Sashimi nicht wirklich eine gute Grundlage für verschärften Alkohol-Missbrauch zu recht früher Stunde und in tropischer Hitze. Aber egal, wir sind schließlich zum Arbeiten hier. Da muss man durch. Und außerdem wollen wir mehr über die Geschichte eines legendären Cocktails erfahren.

Goldberg Gin aus Japan

Zum Einstieg lässt uns Alamir seine Eigenkreationen an Infused Gins probieren: Keine Pflanze, die auf den Seychellen wächst, ist vor ihm sicher: Zimt, Orangenschalen, Zitronengras, Ingwer und Kardamom geben dem Basis-Gin (MOM von González Byass oder klassischer Bombay Sapphire) die besondere Note. Goldberg Gin aus Japan peppt er mit Juzu auf. Und verrät uns erst am Ende des Tastings, dass er auch eine alkoholfreie Variante von Pearsons Botanicals im Regal stehen hat. Ällabätsch!

Ab an die Drinks! Foto: Raffles Seychelles
Ab an die Drinks! Foto: Raffles Seychelles

Dann aber beginnt die praktische Geschichtsstunde, die wir uns gewünscht hatten. Im Raffles in Singapur, dem Mutterhaus der Gruppe, wurde schließlich der legendäre Singapore Sling erfunden – und ist noch immer dessen Aushängeschild. Alamir zeigt uns, was es für den fruchtigen Cocktail nach heutigem Raffles-Rezept braucht: Cherry Brandy, einen Orangenlikör namens Pierre Ferrand Dry Curacao, Bénédictine, Grenadine oder Granatapfelsirup, Limettensaft, einen Spritzer Angosturabitter und Ananassaft. Brav geben wir alles in einen Cocktail-Shaker auf Eis, schütteln, was der Bizeps hergibt und seihen dann in ein mit Eiswürfeln gefülltes Glas ab. Fertig ist die Raffles-Version, die übrigens einer der offiziellen Cocktails der International Bartenders Association ist und dort in der Gruppe der Contemporary Classics geführt wird.

Süße Sünde

Alamir meint, wir müssten unsere Kreation nicht austrinken, aber sie schmeckt einfach zu gut. Und außerdem soll man ja viel trinken, wenn es heiß ist, oder? Im nächsten Schritt wagen wir uns an die lokale Variation, den Praslin Sling, eigens vom Bar-Team des Raffles Seychelles kreiert. „Unser Signature Cocktail vereint die Aromen der Insel in einem Glas“, schwärmt Alamir. Wir kippen vier Zentiliter Sipsmith Gin, genauso viel Kokosnussmilch, einen Zentiliter Vanillesirup, das Mark einer viertel Vanilleschote und zwei Blätter der Kaffernlimetten zusammen, shaken das Ganze im Cocktailmixer, gießen es in ein Martiniglas und garnieren dieses mit Blättern von Kaffernlimetten. Auch der schmeckt vorzüglich. Wer will diese süße Sünde schon in den Ausguss kippen?

Klotzen statt kleckern: 86 Villen in neun verschiedenen Kategorien inmitten tropischer Vegetation. Foto: Raffles Seychelles
Klotzen statt kleckern: 86 Villen in neun verschiedenen Kategorien inmitten tropischer Vegetation. Foto: Raffles Seychelles

Schon deutlich angeheitert nehmen wir uns einen weiteren Drink mit Seychellen-Twist vor: Der La Digue Mojito ist nach der Nachbarinsel benannt und enthält statt weißem Karibik-Rum einheimischen Takamaka Dark. Dazu kommen frisches Zitronengras, Vanillesirup und Minzblätter, aufgegossen wird mit Sodawasser. Was soll man sagen: Der hilft ebenfalls gegen die Hitze. Genauso wie der Raffles Garden, ein Infused Kardamom Gin mit Apfelsaft und Minzblättern. Als wir uns von Alamir verabschieden, nachdem dieser noch seinen Flavour Blaster für spektakuläre Kreationen aus aromatischem Rauch vorgeführt hatte, wissen wir: Der Tag ist gelaufen. Zu mehr als entspanntem Chillen in unserer Villa mit privatem Planschbecken wird es heute nicht mehr reichen. Aber was soll’s: Uns stehen dort großzügige 125 Quadratmeter zur Verfügung.

Mit dem Hubschrauber zu einem Besuch

Klotzen statt kleckern – das ist überhaupt das Motto des 2011 eröffneten Raffles Praslin mit seinen 86 Villen in neun verschiedenen Kategorien inmitten tropischer Vegetation. Praslin ist das zweitgrößte Eiland der Inselrepublik und punktet mit Stränden, die noch schöner sind als die der Hauptinsel Mahé. Schon der Hausstrand Takamaka ist nicht von schlechten Eltern und bietet mit seinen von lauwarmem Wasser umspülten Granitblöcken typisches Seychellen-Feeling. Trotzdem lohnt sich die einstündige Wanderung zur Anse Lazio in den Norden der Insel, die regelmäßig zu den zehn besten Stränden gewählt wird. Weltweit, wohlgemerkt.

Neben dem obligatorischen Wassersport alle nur erdenklichen Optionen im und am Resort. Foto: Raffles Seychelles
Neben dem obligatorischen Wassersport alle nur erdenklichen Optionen im und am Resort. Foto: Raffles Seychelles

Überhaupt bietet Praslin aktiven Urlaubern neben dem obligatorischen Wassersport alle nur erdenklichen Optionen: Vom Resort-eigenen Landeplatz kann man zum Beispiel mit dem Hubschrauber zu einem Besuch der Insel Curieuse abheben, auf der Hunderte von Riesenschildkröten leben. Wem das zu weit weg oder zu teuer ist, der findet die friedlichen Reptilien auch in einem Gehege des Raffles, wo man morgens beim Füttern zusehen und mithelfen kann. Hochseefischen, Golfen auf einem 18-Loch-Platz, eine Sunset-Cruise auf einer Jacht, Wandern, Yoga und Pilates – es gibt nichts, was es nicht gibt. Langweilig wird hier bestimmt niemandem. Ein Muss ist übrigens ein Ausflug ins Vallée de Mai, 1983 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt. Hier lassen sich die sagenumwobenen endemischen Coco-de-Mer-Palmen und die seltenen schwarzen Papageien bewundern.

Gut gemachte Fusion

Natürlich machen solche Exkursionen hungrig. Im Raffles stehen vier Restaurants zur Auswahl, über die Executive Chef Pedro Carillo wacht, der eine 60-köpfige Brigade aus 23 Nationen dirigiert. Der Madrilene trat die Position im Juni 2022 an. Davor verbrachte er viele Jahre in Luxushotels in Vietnam, Thailand und Myanmar. Er kennt also die Unterschiede und Nuancen fernöstlicher Küchen. Auf den ersten Blick verwundert es deshalb ein wenig, dass das Signature Restaurant des Resorts namens Curieuse „pan-asiatische“ Gerichte serviert. Würde ein Lokal in Tokio oder Schanghai „europäische“ Speisen offerieren, wären wir skeptisch. Denn was haben eine deutsche Bratwurst, spanische Paella und Pasta aus Italien schon gemeinsam? Dennoch wissen wir: Gut gemachte Fusion kann überzeugen. Vor allem: Sie bietet etwas für fast jeden Geschmack. Also auf zum pan-asiatischen Wine-Pairing-Dinner!

Kulinarik im Raffles. Foto: Raffles Seychelles
Kulinarik im Raffles. Foto: Raffles Seychelles

Pedro hat uns dafür einen der schönsten Plätze im Open-Air-Bereich des Curieuse reservieren lassen. Und: Es ist gut, dass wir nicht zu später Stunde starten, denn der auf der Karte angekündigte Neun-Gänger verspricht einen kulinarischen Marathon, einen wahren Parforceritt durch die Küchen Ostasiens. Gut auch, dass ein Passionsfrucht-Mojito erst einmal für etwas Abkühlung sorgt. Die danach aufgetragene Tom Yum Goong überzeugt auf ganzer Linie. Die herzhafte Suppe, ein Klassiker aus Thailand, wird vielerorts bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet und ihrer Schärfe beraubt – hier schmeckt sie genauso wie in einer Garküche in Bangkok, deren Adresse man nur mit seinen besten Freunden teilt. Auch der Thai Beef Salad ist ein Gedicht: Die Fischsauce kommt dezent daher, das Fleisch – zartes Tajima-Wagyu aus Australien – ist auf den Punkt gebraten. Das gilt auch für den Malabar-Fisch: gegrillte Flossenträger-Filets, mariniert in Curry-Blättern, Senf und Malabar-Sauce, begleitet von Bombay-, pardon: Mumbai-Kartoffeln.

Thai Beef

Es passiert selten, dass bei einem großen Menü alles stimmt. Hier fällt kein einziger Teller durch: nicht das Butter Chicken, nicht das Black Pepper Beef, nicht die Chili-Krabben mit Austernsauce, nicht die vegetarischen Teller wie das Baingan Chaat: Das sind marinierte Auberginen mit Kichererbsen-Masala, Joghurt, Minzsauce und Tamarind-Glaze. Was auch gefällt: Das Menü folgt nicht der oftmals sehr klassischen Dramaturgie, sondern wirbelt Vorspeisen und Hauptgerichte, Fisch und Fleisch munter durcheinander. Ziemlich wild ist auch die Wein-Begleitung mit Fokus auf der Neuen Welt: Nicht alles ist perfekt, leichte Weißweine folgen auf schwere Rote, aber der Rustenberg-Merlot aus Stellenbosch passt gut zum Thai Beef, der australische Riesling von der Domaine Tournon Landsborough trägt die Chili-Krabben. Und mit einem Port zum Schoko-Mud-Cake kann man ohnehin nichts falsch machen.

Sushi-Platte. Foto: Raffles Seychelles
Sushi-Platte. Foto: Raffles Seychelles

Als Küchenmeister Pedro spätabends noch einmal vorbeischaut, gratulieren wir ihm von ganzem Herzen. Sämtliche Befürchtungen angesichts des pan-asiatischen Ansatzes haben sich in der lauen Brise aufgelöst, die vom Indischen Ozean zu uns herüberweht. Selten haben wir außerhalb Asiens so authentische indische und thailändische Küche genossen.

Informationen:

Anreise: www.turkishairlines.com

Einreise: www.seychelles.govtas.com

Allgemeine Auskünfte: www.seychelles.com

Hotel Raffles Seychelles: www.raffles.com/seychelles

Fotos: Raffles Seychelles

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