Foodie

Traubenstampfen auf Elba

Hier öffnet das Landgut Montefabbrello, weit mehr als „nur“ ein Weinproduzent. Hier bietet der Hofladen den Verkauf der hauseigenen Produkte an: dies sind Wein, Olivenöl, frische, selbstgemachte Pasta und – Mehl. Zudem offeriert Montefabbrello von Ostern bis Ende Oktober Agriturismo in gleich fünf Doppelzimmer, selbstverständlich als B&B mit opulentem Frühstück und vielen hauseigenen Zutaten. Schließlich ist da noch das Ristorante: Dies Ristoro Agricolo ist eine Gourmet-Oase, Elba- und Toskana-Küche auf höchstem Niveau nach alten Traditionsrezepten.

Und hier dürfen sich Gäste nicht nur auf eine echte Bistecca Fiorentina vom Chianina-Rind freuen, hier gelangen täglich frisches Gemüse, Olivenöl und vieles mehr aus den gutseigenen Bio-Gärten auf den Tisch. Und natürlich wird die Pasta aus jenem Grano Duro hergestellt, das auf den Feldern des Landgutes wächst und zu Mehl verarbeitet wird. Zum Menü, das man a la carte ordert und ein Riesen-Antipasto, Ravioli, Papardelle, Lamm, Rind und Käse von nahebei umfassen kann, werden dann natürlich auch die hauseigenen Weine der Extraklasse gereicht.

Erst einmal bewundern wir einen echten „Palmento“, eine moderne Kelterwanne aus Granit mit Abfluss, die nach allen Regeln der traditionellen Winzerkunst auf Elba gebaut wurde. Man glaubt heute, dass das schöne Wort „keltern“ vom lateinischen „calcare“, „treten“, „zertreten“, „zerstampfen“ abstammt. Dies ist ein Hinweis darauf, dass schon seit Tausenden von Jahren Menschen ihre nackten Füße dazu benutzen, die frisch geernteten Weintrauben zu stampfen.

Stampfen in einem Palmento, einer Kelterwanne aus Granit mit Abfluss. Foto: Ellen Spielmann
Stampfen in einem Palmento, einer Kelterwanne aus Granit mit Abfluss. Foto: Ellen Spielmann

Denn dazu eignet sich der menschliche Fuß perfekt, da er die Trauben behutsam öffnet, nicht aber die Kerne im Inneren zerdrückt und so eventuell unerwünschte Bitterstoffe freisetzt. In Portugal schwört man bis heute darauf, dass ein echter Portwein nur mit auf diese Weise zerstampften Trauben entsteht. Und so ist Azienda Agricola Montefabbrello nicht etwa aus touristischen Gründen auf die Idee gekommen, diese auf Elba seit Ewigkeiten verbreitete Winzermethode wieder zu neuem Leben zu erwecken.

Denn erstens mach das Weinstampfen mit blanken Füßen allen Beteiligten sichtlich Spaß. Und dann konnte man mit dem Ansonica zampicata, dem „gestampften“ Wein aus der für Elba typischen Ansonica-Traube auch eine echte Novität auf den Markt bringen. Und der ist, weil alle Weine (60 000 Flaschen pro Jahr) von Montefabbrello, bio! Und „zampicare“ ist eben jener Terminus für „stampfen“, den man bis heute im westlichen Elba-Dialekt dafür benutzt.

Erst einmal delektieren wir uns aber zur opulenten Antipasto-Platte mit Schinken, Salami, kaltem Braten, diversen Käsesorten, hausgemachtem Brot der Extraklasse und vielen weiteren Leckereien am weißen Elba DOC „Sasso di Leva“, ebenfalls einem reinen Ansonica, vom ausgewählten Weinberg charaktervoll, mineralisch, mit Aromen gelber Blumen, perfekt auch zu Fisch. Dann ist schon mit dem zweiten Wein der goldgelbe „Ansonica Zampicata nel Palmento“: 100 % Ansonica.

Der Ansonica Zampicata nel Palmento mit 100 % Ansonica. Foto: Ellen Spielmann

Nach dem Tret-Prozedere in der Granit-Kelterwanne wird der Most auf natürliche, althergebrachte Weise, ohne jede moderne Technik, die das Landgut natürlich auch besitzt, verarbeitet. Heraus kommt ein sensationeller Wein mit intensiven Aromen von reifen Früchten, der perfekt zu Fleischgerichten, Fischsuppe und vielem mehr passt.

„Sieben Winde“

Natürlich hat das Gut auch noch weitere Weine zu bieten. Da ist etwa der weiße Elba DOC „Contessa Castori“ aus Procanico-, Ansonica- und Vermentino-Trauben, ein eleganter, fruchtiger, blumiger Weißer, der an jene einsam lebende Contessa erinnert, die schließlich ihre Ländereien an den Großvater der heutigen Besitzerfamilie veräußerte. Da ist auch der reine, weiße Elba Procanico DOC „Le Giuncale“: ein idealer Weißer, gut trinkbar, perfekt als Aperitif. Und da ist der Elba Vermentino DOC „Trasassi“, die Trauben von einem Weinberg inmitten der mediterranen Macchia, ein sehr „femininer“ Weißer, leicht zu verkosten und perfekt zu Mahlzeiten aller Art. Mit dem „Setteventi“ IGT Toscana Bianco („Sieben Winde“) hat Montefabbrello sogar einen reinen Pinot Grigio auf Lager: trocken, frisch, mit starkem Körper.

Der gut ausbalancierte Elba Rosato DOC, 100 % Sangiovese, ist eine Verbeugung vor der wichtigsten Rebsorte der Toskana. Gut unter den Roten ist der Elba Rosso DOC „Poggio Le Lenze“ (90 % Sangiovese, 10 % Merlot), der zwölf Monate in großen Eichenfässern lagerte. Noch besser ist der Signature wine des Hauses, der IGT Toscana Rosso „Sussuro del Vignaiolo“ (85 % Merlot, 15 % Sangiovese). Er reift 18 Monate in Eiche und weitere 24 Monate auf der Flasche.

Süße Versuchung: Elba Aleatico Passito 2022. Foto: Ellen Spielmann
Süße Versuchung: Elba Aleatico Passito 2022. Foto: Ellen Spielmann

Der Elba Rosso Riserva DOC ist schließlich nach Großvater („Bonfiglio“) benannt (90 % Sangiovese, 10 % Merlot). Ein Muss für alle Süßmäuler ist schließlich der Elba Aleatico Passito DOCG 2022, ganz zu schweigen vom Elba Ansonica Passito und dem „Auge des Rebhuhns“, dem Elba Vin Santo „Occhio di Pernice“.

Hinauf nach Rio nell`Elba

Beim Spaziergang durch die Weinberge mit Blick auf die hoch auf dem Berg stehenden Ruinen des Castello del Volterraio erfährt man schließlich auch, dass vor allem Napoleon für die Ansiedlung der Olivenbäume verantwortlich war. Mangels Platzes und auf Befehl des Exilierten wurden diese vor allem entlang Feldwegen und an Ackersäumen gepflanzt – wie häufig auf Elba zu beobachten. Dann geht es weiter auf kurvige Straße hinauf nach Rio nell`Elba.

Erster Stopp ist der botanische Garten Orto die Semplici, wo seit 2023 der junge Kräuterkundler Francesco Marino durch die neugestalteten sechs Sektionen des Gartens, darunter ein „Labyrinth“, führt. Dann ist man auch schon im uralten Bergarbeiterdorf Rio nell`Elba, das nach der Miteingemeindung von Rio Marina nun als „Rio“ firmiert. Hier wurden im 15. Jh. die Statuen von Rio“ erlassen, die das Sozialleben auf Elba weithin bis ins 20. Jh. prägen sollten. Berühmt ist Rio nell`Elba vor allem für den authentischen, phantasievollen Karneval.

Ristorante/Bar „Da Cipolla“. Foto: Ellen Spielmann
Ristorante/Bar „Da Cipolla“. Foto: Ellen Spielmann

Zudem erlebte das örtliche Museum für Mineralogie und Bergbau kürzlich einen gewaltigen Aufschwung dank der Kooperation etwa mit den Uffizien und dem Nationalmuseum in Neapel. In den Häusern entlang der schmalen Gässchen wird zudem ein Gutteil des kulinarischen Erbes der Insel Elba bewahrt. Dieses erlebt man am besten im Ristorante/Bar „Da Cipolla“ an der zentralen Piazza del Popolo 1. „Da Cipolla“ hieß auch schon „Dal Cipollaio“ („Zum/Beim Zwiebelhändler“).

Und vielleicht bewahren Davide Carletti und Gattin auch diese Tradition. In jedem Fall tischen sie unter anderem die drei Klassiker der Elba-Küche auf: „Sburrita“, ein klassisches Kabeljau-Gericht, „Gurguglione“, das warm wie kalt servierbare Gemüsegericht, sowie schließlich Tonnina“, den herrlich leckeren Tunfisch mit Salat. Natürlich stehen auch „Trippa“ (Kutteln), die berühmten „Totane“ (Mini-Tintenfische) „alla diavola“ oder „Stoccafisso“ (Stockfisch) auf der Speisekarte, ebenso lokale Biere und leckere einfache Weine. Man sitzt herrlich auf der geräumigen Terrasse, genießt das Dorfleben und die einfache, aber wunderbare Küche und erlebt – Elbas Gastlichkeit vom Feinsten…


Informationen:

Weingut Montefabbrello: www.montefabbrello.it

Ristorante „Da Cipolla“: www.facebook.com/cipollario/?locale=de_DE

Elba und Parco Nazionale Arcipelago Toscano: www.parcoarcipelago.info

Fotos: Ellen Spielmann

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