Foodie

Torre a Cona: önotouristisches Juwel nahe Florenz

Traditionell frisch und per Hand aus Orangen, Milch, Reis, Zucker und nach Wahl auch mit Rosinen hergestellt, sind die herrlichen Versuchungen stets glutenfrei und passen perfekt zum Vin Santo, dem wunderbaren Dessertwein der Toskana. Ideal zu diesen Fritelle sind die zwei herausragenden Vin Santo-Kreationen der Fattoria Torre a Cona – von ihnen später mehr!

Denn seit 2021 ist nahe San Donato und in den Colli Fiorentini, den Florentiner Hügeln, auch die lange nur private Villa Torre a Cona zumindest in Teilen für jedermann zugänglich. Dafür gesorgt haben die Besitzer, Conte Niccolò Rossi di Montelera und Familie. Durchaus mit Millionenaufwand wurde ein Seitenflügel der gewaltigen, um 1750 von der alteingesessenen Florentiner Adelsfamilie Rinuccini vollendeten Prachtbaus restauriert und von der Contessa Rossi di Montelera perfekt und bis ins kleinste Detail mit historischen und modernem Mobiliar ausgestattet. Die so geschaffenen 20 Zimmer, mit herrlich großen modernen Bädern mit Wannen im Retro-Stil werden nun vermietet.

Zimmer im Weingut. Foto: Torre a Cona
Zimmer im Weingut. Foto: Torre a Cona

Zudem: Seit Mai 2021 lädt hier im ehemaligen Gewächshaus für Zitronen und Orangen, der Limonaia, die neueröffnete Osteria des Weingutes zu Speis und Trank. Für exquisite toskanische Küche vom Feinsten sorgen hier zwei erfahrene Chefs: Die aus Bayern stammende Maria Probst und ihr Gatte, Cristian Santandrea. Im Speisesaal berät zudem Maxime Walkowiak die Gäste auch bei der Getränkeauswahl, die natürlich neben lokalen Weinen aus den Colli Fiorentini und toskanischen Spitzenweinen auch sämtliche großartige Weine der Fattoria Torre a Cona umfasst. Überhaupt ist Torre a Cona ein kleines Paradies. Da ist etwa der 20 ha große Park mit Eichen und Steineichen. Es hat sogar zwei mächtige Atlas-Zedern, Zypressen und viel mehr.

Ihn kann man zu Fuß oder auf Reitausflügen durchstreifen, kann sogar auf Trüffeljagd gehen, die herrlich angelegten historisch gewachsenen Olivenhaine bewundern und natürlich jene 21 ha Weinberge bestaunen, um die sich mit Akribie der aus Südtirol stammende, landesweit bekannte Agronom Federico Curtaz mit großer Erfahrung und Sensibilität kümmert, nachhaltige Landwirtschaft fördert und so das Gleichgewicht der Natur bewahrt.

Lage der Weinberge in der schönen Toskana. Foto: Torre a Cona
Lage der Weinberge in der schönen Toskana. Foto: Torre a Cona

Milliarden-Dollarbetrag

19345 erwarben die Rossi di Montelera das Anwesen, restaurierten es und bauten es nach und nach weiter aus. Die Rossi di Montelera sind übrigens keineswegs ein uraltes Adelsgeschlecht – im Gegenteil. Sie gehen auf jenen legendären Kellermeister und Kräuterexperten Luigi Rossi zurück, der um 1863 herum die Geheimrezeptur für den Martini erfand!

Dank der 1879 gegründeten Firma Martini & Rossi begann der Siegeszug der Wein-Aperitifs Martini Rosso und Martini Bianco um die Welt. Und auch der ab 1900 eingeführte trockene Wermut Martini „Extra Dry“ und später Martini-Schaumweine und -Prosecco sorgten dafür, dass Martini zum Synonym italienischer Lebensart und Kultur wurde. Anfang des 20. Jh.s rückte dann Luig Rossi in den Adelsstand auf – wie in deutschen Landen auch viele sogenannte „Industriebarone“. 1994 verkaufte dann Lorenzo Rossi di Montelera den Martini-Konzern an Bacardi – für einen Milliarden-Dollarbetrag.

Önologe Beppe Caviola

Für die Weine verantwortlich zeichnet sich Kellermeister und Önologe Beppe Caviola, der hier schon seit den 1990er Jahren aktiv ist. Lange liefen die Weine aus den Colli Fiorentini ein wenig unter dem Radar der Weinkenner. Doch dies hat sich, auch dank des Klimawandels und vor allem des besonderen Mikroklimas auf Torre a Cona, nachhaltig geändert. Bereits sechsmal konnten Weine von Torre a Cona die begehrte Höchstauszeichnung des Gambero Rosso, die berühmten „3 Gläser“ ergattern.

Einige der Weine von Torre a Cona. Foto: Jürgen Sorges
Einige der Weine von Torre a Cona. Foto: Jürgen Sorges

Und weitere Höchstbewertungen der internationalen Weinkritik kamen hinzu. Schlüsselbegriffe nicht nur zur Weinphilosophie von Torre a Cona sind für Niccolò Rossi di Montelera „eleganza e piacevolezza“, jene Verbindung von Eleganz und Anmut, die die Weine von Torre a Cona auszeichnen. Die Weine sollen die Identität der Colli Fiorentini bewahren und gut trinkbar sein.

Und so ist der Torre a Cona Crociferro Chianti Colli Fiorentini DOCG 2020 ein erstes Aushängeschild. Erst einmal war der Jahrgang 2020 perfekt, samt optimaler Ernte. Seinen Namen „Crociferro“ verdankt dieser Wein aus den Rebsorten Sangiovese und Colorino der höchsten Erhebung des Weingutes. Bei 14 % Alkoholgehalt beeindrucken seine brillante rubinrote Farbe und seine intensiven Aromen von Früchten und Blumen sowie Nuancen von Tabak. Er lagerte acht Monate in Fässern aus slawonischer Eiche (30 %) sowie in Stahl (70 %), ehe er abgefüllt wurde und weitere drei Monate bis zur Marktreife auf der Flasche reifte. Jährlich werden 60 000 Flaschen dieses leichten gut trinkbaren harmonischen Weins produziert. Mit dem Torre a Cona Badia a Corte Chianti Colli Fiorentini DOCG Riserva 2019 folgt dann schon ein erstes Schwergewicht.

Die Trauben dieses reinen Sangiovese (13,5 % Alkoholgehalt) stammen ausschließlich vom in 328 bis 360 m Höhe liegenden Weinberg Badia a Corte. Die Reifung dieses eleganten und harmonischen Weins der Extraklasse erfolgt nach sieben Tagen im Stahl für 24 Monate in 25-Hektoliter-Fässers aus slawonischer Eiche. Er beeindruckt durch seine Komplexität, die Aromen von Waldfrüchten und seine harmonische Balance und ist Ausdruck auch des Terroirs, das von Alberese dominiert ist. Der Badia a Corte passt exzellent zu Hauptgerichten, auch Wild, sowie reifem Käse. 15 bis 20.000 Flaschen werden jährlich abgefüllt.

Weine, die im Tasting serviert wurden. Foto: Jürgen Sorges
Weine, die im Tasting serviert wurden. Foto: Jürgen Sorges

Mit dem Torre a Cona „Terre di Cino“ Chianti Colli Fiorentini DOCG Riserva 2019 kam dann mein Favorit ins Glas. Die ausgewählten handgelesenen Trauben dieses reinen Sangiovese stammen ausschließlich vom Weinberg Terre di Cino und reifen ebenfalls in 25-Hektoliter-Fässern aus slawonischer Eiche. 5000 Flaschen werden von diesem Spitzenwein, der sich durch elegante Tannine, Frische, Eleganz und Langlebigkeit auszeichnet, jährlich abgefüllt. Einfach top und jederzeit die berühmten drei Gläser des Gambero Rosso wert!

Dann, schon fast außer Konkurrenz, gelangt mit dem Torre a Cona Merlot IGT Toscana 2018 ein weiterer hochprämierter Topwein auf den Tisch. Nur 3000 Flachen werden jährlich von diesem herrlichen Wein abgefüllt, dessen Trauben auf den Weinbergen Badiuzza und Chiusurli in 325 m Höhe reifen. 24 Monate im Tonneaux aus französischer Eiche (500 l) lassen diesen Merlot zu einem komplexen, höchst harmonischen Wein mit Aromen und Noten von roten Früchten reifen.

Schließlich gelangen wir zum eingangs erwähnten Vin Santo. Da ist erst einmal der ebenfalls prämierte Torre a Cona Merlaia Vin Santo del Chianti DOC des Jahres 2013, der je zur Hälfte aus Trauben des Trebbiano Toscano und Malvasia del Chianti besteht. Sie stammen vom Weinberg Merlaia in 300 m Höhe und lagern in den von Frischluft durchzogenen Räumlichkeiten der vormaligen Windmühle, ehe der Vin Santo mindestens fünf, meist sieben lange Jahre in mit Lebensmittelzement abgedichteten 50-l-Eichenfässchen in der Vinsanteria, dem Vin-Santo-Weinkeller reift.

Links: der prämierte Torre a Cona Merlaia Vin Santo del Chianti DOC. Foto: Jürgen Sorges
Links: der prämierte Torre a Cona Merlaia Vin Santo del Chianti DOC. Foto: Jürgen Sorges

Diesen sollte man ebenso besuchen wie den schmucken Weinkeller, der fälschlich über dem Eingang die Jahreszahl 1882 angibt. Er ist deutlich älter! Vom Merlaia wurden nur 1200 0,5-l-Flaschen abgefüllt! Man muss sich also sputen! Vielleicht noch einen Tick besser ist dann der Torre a Cona Fonte e Lecceta Vin Santo del Chianti DOC Occhio di Pernice 2013. Von diesem herrlichen, bernsteinfarbenen Vin Santo „Auge des Rebhuhns“ („Occhio di Pernice“) aus Sangiovese existieren sogar nur 900 0,375-l-Flaschen. Ein reiches, großartiges Bouquet mit Noten von süßen Gewürzen zeichnen diesen perfekten Vin Santo aus. Nun fehlen nur noch die „Fritelle“ aus San Donato in Collina für den perfekten Abschluss dieses Besuchs in einem wirklichen önotouristischen Paradies.


Informationen:

Fattoria, Osteria und Villa Torre a Cona: www.torreacona.com

Fotos: Torre a Cona, Jürgen Sorges