Der Thy Nationalpark erstreckt sich auf rund 25.000 Hektar zwischen Nordsee und Limfjord im Osten, von der Landzunge von Agger im Süden und Dänemarks größten Fischereihafen Hanstholm am Skagerrak im Norden. Ein beliebtes Feriengebiet für Wanderer, Vogelkundler, Naturschützer, Camper und Surfer.
Zwei junge Dänen sorgen dort seit geraumer Zeit für große Aufmerksamkeit: Jakob Stjernholm mit seiner THY Danish Whisky Distillery in Snedsted und Nicolas Min Jørgensen mit seinem Restaurant TRI in Agger. Beide treffen mit ökologischem Bewusstsein, nachhaltigem Anbau, kreativen Produktionsverfahren, eigenwilligen Zutaten und überaus enormer Kreativität den Nerv der Zeit und sind damit eine große Bereicherung nicht nur für diese faszinierende, jütländische Region.
Zwischen Skagerrak und Limfjord
Thy liegt etwa auf gleicher Höhe wie die schottische Nordostküste bei Aberdeen. In Schottland ist das Whiskybrennen eine über 500 Jahre alte Tradition, in Dänemark begann man damit erst etwa 2006. Jakob und Marie Stjernholm, Andreas Poulsen und Ellen Nicolajsen sind durchaus so etwas wie dänische Whisky-Pioniere. Auf „Gyrup“, ihrem Landgut von 1773 nahe dem See Nørhå Sø gehören Getreidesilos, eine Brennerei, die Lagerhalle, ein landwirtschaftlicher Betrieb mit knapp 300 Kühen sowie ein einladendes Besucherzentrum für Informationsveranstaltungen und Tastings. Dort war auch schon die dänische Königin Margarethe zu Gast.
Leichter Salzgeschmack auf der Zunge
Die Dünenheiden, Wälder, Grabhügel aus der Bronzezeit und über 200 kleine Seen mit Schilf sind ein Paradies für seltene Pflanzen- und Vogelarten wie auch für Rothirsche. Die Ruinen der hässlich-peinlichen, unzerstörbaren, deutschen Bunker aus dem 2. Weltkrieg sind vielfach überwachsen und dienen heute dem Küstenschutz – an vielen Stellen wie auch in Stenbjerg rollt die Nordsee mit gewaltigen Wellen an. Nadelbäume und Weiden mit bizarren, geheimnisvollen Formen haben sich längst dem steten Westwind angepasst und zeigen eine deutliche Neigung gen Osten.
Brennen für das Whiskybrennen
Seit 2010 destillieren die Vier in ihren Familienbetrieb auf „Gyrup“ von rund 20 Prozent ihres Getreides aus eigenem Anbau auf insgesamt 500 Hektar hochwertigen Whisky. Der „Rest“ ihrer wiederbelebten, alten Getreidesorten geht an Bäckereien wie der in Hanstholm, in der 66 Personen ihr eigenes Brot backen – wie auch an Bierbrauereien wie dem „Thisted-Bryghus“ oben am Limfjord. Das war die erste Bier-Brauerei, die mit „THY-Pilsener“ das erste dänische Bio-Bier auf den Markt brachte und die ihr Bier nun in den Whiskyfässern der THY Distillery braut. Dass Jakob und sein Team alle als Autodidakten begannen, ist kaum zu glauben. Die Jungunternehmer vereinen in sich eine endlose Neugier, Ehrgeiz und Lernbereitschaft, dazu gleichermaßen die Fähigkeiten von Landwirten, Getreideexperten und Biologen, Chemikern und Technikern, Ingenieuren und Designern sowie Marketingexperten.
Alte Getreidesorten schmecken intensiver
Das THY-Team verarbeitet alte, heimische Getreidesorten wie Dinkel, Frühlingsgerste und eine unkonventionelle Roggenart, die für klaren, nordischen Touch sorgt.
„Diese Sorten lieferten zwar weniger Ertrag, aber deutlich intensiveren Geschmack“, sagt Andreas, der Getreidespezialist. Ihm wie auch den anderen Mitstreitern sprüht die Passion zum Whiskybrennen „aus allen Knopflöchern“. Säen, ernten, einweichen (das Mälzen). Dann trocknen, schroten, maischen. Fermentieren, destillieren, abfüllen, reifen lassen… für mindestens drei Jahre. Die Schritte der Whiskyherstellung scheinen überall gleich zu sein, jedoch hat jede Brennerei doch ihre eigenen Produktionsabläufe und Rezepte. So mälzen Jakob und Andreas ihr rein biologisches Getreide mittlerweile in einer selbstgebauten Trommel, trocknen auch mit Buchenholz, was sich natürlich auf den späteren Geschmack des Whiskys auswirkt – er hat dann ein typisch dänisches Raucharoma.
„Buchenholz wird in dieser Region auch zu Räuchern der Fische benutzt, also ein authentisches Aroma. Wir möchten den gesamten Weg von der Saatauswahl bis zum fertigen Whisky in der Flasche unter Kontrolle haben“, betont Andreas. „Der 14.1.2014 war ein besonderer Tag! Da konnten wir erstmals unseren eigenen Whisky abfüllen“, erinnert er sich. „Er wurde aus zweireihiger Gerste der Sorte „Power“ hergestellt. Seine Reifung in einem Sherryfass verleiht ihm eine unvergleichliche Note. Wir gaben ihm den Namen „THY Whisky No.1- Kræn Klit!“
Heute sind die Vier bereits bei der No. 21 angekommen, im Lagerhaus stapeln sich mittlerweile etwa 1000 Fässer (Bourbon- und Sherryfässer) übereinander in meterhohen Regalen. Von außen mutet das Lagerhaus leicht rostig an, scheinbar undurchdringlich die Wände, von innen jedoch ist zu Teilen die feine gepixelte Lochblechstruktur zu erkennen, die Tageslicht hineinlässt und die Klimatisierung auf natürliche Weise sicherstellt. Das Team hat in kurzer Zeit viele Preise eingeheimst, unter anderem auch die Nennung in „Jim Murray’s Whisky Bibel“ als bester europäischer Whisky!
Viele Installationen seien noch in der Versuchsphase und sehr eigenwillig, erklärt Jakob. Das Produkt hingegen sei bereits extrem hochwertig und preisgekrönt. Das THY-Team wurde in kurzer Zeit zu Superexperten für das ökologische dänische Whiskybrennen und damit eine der wenigen echten „Single Estate Whisky Distilleries“ in der Welt – die Bezeichnung für Destillerien, bei denen die gesamte Produktion an einem Ort stattfindet.
Für 2024 plant man, den THY Whisky auch für eine größere Kundschaft zu einem annehmbaren Preis anzubieten. Die THY Danish Whisky Distillery arbeitet bereits mit „The Scotch Malt Whisky Society / SMWS“ sowie mit “Berry Bros. & Rudd/ BBR“ zusammen. Ende 2022 wurden das erste Mal Fässer an die SMWS abgegeben.
Informationen:
www.thy-whisky.dk
www.restaurant-tri.com
www.visitnordvestkysten.de
Fotos: THY Danish Whisky Distillery, Mads Krabbe, Uta Petersen