Irgendwo hier auf der Akamas-Halbinsel soll sich Aphrodite, die bekannteste Tochter des Landes und von Berufs wegen Göttin der Liebe, Schönheit und Fruchtbarkeit mit ihrem Lover Adonis vergnügt haben. Klar, alles nur eine von Meerwasser umspülte Legende aus der griechischen Götterwelt. Aber schlau war es schon, sich gerade hier ein Liebesnest zu bauen, denn es ist eine der landschaftlich reizvollsten Gegenden im griechischen Teil Zyperns.
Das blieb natürlich auch Immobilien-Investoren nicht verborgen. Zwischen Paphos und dem Rand eines Naturschutzgebietes, auf einem Felsplateau mit fantastischer Aussicht, bekamen die Bauherren schließlich grünes Licht für die Erschließung – und das spannendste Tourismusprojekt der Republik Zypern seit der verheerenden Finanzkrise konnte konkrete Formen annehmen.
Heute ist das Fünf-Sterne-Hotel Cap St Georges samt seiner vielen bereits verkauften und noch zum Verkauf stehenden Villen das Vorzeigeprojekt schlechthin und ein wohltuender Kontrapunkt zu den oft seelenlosen Bettenburgen von Paphos. Vom 50-Meter-Pool über Tennisplätze bis zum Fußball-Feld ist alles vorhanden, so dass auch Profis-Teams und Nationalmannschaften alles vorfinden, was sie für ein Trainingslager brauchen. Die Muskeln werden im Kleopatra Spa gelockert, gewohnt wird in den mehr als 200 großzügigen und modern eingerichteten Zimmern und Suiten, deren Innenarchitekt Preise für das beste Design in Zypern abräumte.

Kulinarik im Fokus
Schnell bekannt geworden ist das Haus aber auch deshalb, weil es in seinem Fine-Dining-Restaurant „Sky 7“ regelmäßig Events mit Sterne-Köchen ausrichtet. Gemeinsam stehen die Meister dann mit Executive Chef Andreas Charalambous und seinem Team am Herd, um ihre eigenen Signature-Gerichte zu kochen, aber auch neue Menüs mit Fokus auf lokalen Zutaten und mediterranen Einflüssen zu kreieren.
Seit Januar 2024 gibt es diese Gastspiele und die Liste der VICs, der „Very Important Chefs“, kann sich durchaus sehen lassen. Sie reicht von Christophe Hardiquest, Kiko Moya, Daniele Lippi, Edwin Vinke, Peter Gast, Luis Brito und Wilco Berends bis zu Anton Gschwendtner. Letzteren, Chef de Cuisine im Atelier im Bayerischen Hof in München (zwei Michelin-Sterne), hätten wir gerne in Aphrodites Heimat live in Aktion erlebt. Aber der persönliche Reisekalender harmoniert leider nicht immer mit jenem eines Spitzenkochs, und so war der liebe Anton bereits wieder auf der Heimreise, als wir im Cap St Georges eincheckten.

Von Italien bis Japan
Tatsächlich verflog die Enttäuschung wie im Nu. Das Küchenteam des Hotels muss sich nämlich gar nicht mit fremden Federn und Sternen schmücken, denn insgesamt zehn Restaurants und Bars sorgen für kulinarische Abwechslung. An einem lauen Abend sollte man unbedingt im halboffenen Kohili reservieren, wo unter einem Baldachin aus knorrigen Olivenbäumen zur untergehenden Sonne mediterrane Klassiker sowie Fische und Meeresfrüchte aufgetragen werden. Fast ein Muss ist Halloumi von freilaufenden Ziegen, serviert mit Pita-Brot, Tomaten-Confit, schwarzem Sesam, Honig und Blattsalaten. Zyprer wissen: Je weniger es quietscht, desto besser die Qualität. Der sodann am Tisch zerlegte Wolfsbarsch hätte frischer sein dürfen und das Gemüse weniger zerkocht.
Dafür überraschten uns die mineralischen Weine autochthoner zyprischer Rebsorten wie Xynisteri oder Morokanella positiv. Inzwischen arbeiten rund fünf Dutzend Weinkeller an der Ehrenrettung des lokalen Weins, der kein besonders gutes Image hat. Viele Kellereien bieten nach Voranmeldung Proben an und erklären, wie sie ihren Rebensäften zu einem Qualitätssprung verhelfen wollen. Manchmal kommt dabei der Zufall zu Hilfe. So wurde der neue Rosé während der Pandemie 2020 nicht vollständig getrunken, weil weniger Touristen auf der Insel weilten. Man ließ ihn ein Jahr liegen und reifen – und schon schmeckte er besser.

Ach ja: Hundertprozentig überzeugen konnten in allen Restaurants des Resorts die Desserts, für die der aus Österreich stammende Patissier Tibor Robert Pap verantwortlich zeichnet. Seine mit rosa Erdbeer-Schokolade überzogene Charlotte im Kohili ist wahrlich ein süßes Gesamtkunstwerk!
Der nächste Abend gehört dem Bonsai, das auf der Website des Resorts zwar als „Asiatische Fusionsküche“ angepriesen wird, das de facto aber fast ein reinrassiger Japaner ist, dessen Team von dem Sternekoch und Sushi-Weltmeister 2017 Vladimir Pak (yep, er ist gebürtiger Koreaner) geschult wurde. Natürlich darf man in einem Luxushotel kein authentisches Izakaya-Erlebnis und -Ambiente erwarten. Aber die Zutaten für Nigiri, Maki und Sashimi sind von sehr guter Qualität, dito die Vorspeisen, bei denen das Ceviche vom dieses Mal extrafrischen Wolfsbarsch hervorstach.
Ob man Maki-Rollen mit Wagyu und Kaviar füllen muss? Ist Geschmackssache und wird von den seit dem Ukraine-Überfall nicht mehr so zahlreich hier urlaubenden Russen wohl eher mit „Ja“ beantwortet als von anderen Nationen. Danach ist Show-Time mit an der Kochstation live vor den Gästen zubereiteten Teppanyaki-Gerichten: Surf & Turf ist erlaubt, zum Beispiel lässt sich Filet vom Black-Angus-Rind wunderbar mit rotem Thun kombinieren (sofern das Reisebudget nach oben offen ist).

Italienische Reise
Echtes Trattoria-Feeling verspricht das Sapori. So vollumfänglich mag sich das auf der künstlich angelegten Piazza eines Resorts nicht einstellen, aber das macht der überaus freundliche, aus Georgien stammende Kellner wett, der durchaus als galanter Gigolo durchgehen könnte. Er ist vertraut mit den lokalen Weinen, spricht klare Empfehlungen aus und weiß, dass die vielen Trüffel-Gerichte auf der Karte abermals ein Zugeständnis an diejenigen sind, die damit angeben wollen oder müssen.
Fakt ist aber auch, dass das Risotto mit Pilzen, Parmesan und ja: Trüffeln, auf den Punkt gegart war und ausgezeichnet mundete. Zu den Desserts, die abermals mehr als die Secondi überzeugten, empfahl der Kellner den lokalen Süßwein Commandaria, gekeltert aus einigen der ältesten Rebsorten der Welt und an Marsala erinnernd. Was soll man sagen: It’s a match! Und der hernach gereichte Orangenlikör Filfar, natürlich ebenfalls von der Insel, war es auch.
Fazit Nr. 1: Die Insulaner können mehr als Carob-Pulver (aus Johannisbrotbäumen), Halloumi, Mezze, Brandy Sour und türkischen Kaffee aka Mokka, den sie auf dem geteilten Eiland aus politischen Gründen mit einem Augenzwinkern „zyprischen Kaffee“ nennen.
Fazit Nr. 2: Es müssen gar keine Sterne-Köche im Cap St Georges zugegen sein, wenn man dort kulinarisch verwöhnt werden möchte.
P.S.: 2025 werden unter anderem noch folgende Sterne-Köche zu Gast sein: Kazuyuki Tanaka, Thomas Bühner, Tristan Brandt und Andreas Senn.
Informationen:
Fotos: Cap St Goerges Hotel & Resort, Daniel Schvarcz, Zypern Tourismus