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Posen: Rathaus, Ziegenböckchen, Bambergerin und mehr (Teil 1)

Angelegt wie ein Schachbrett – mit rechtwinkelig verlaufenden Straßen, dem rechteckigen Marktplatz im Zentrum – war die Stadt von einem Schutzwall umgeben. Wichtigster Bau ist das Rathaus, ein prächtiges Renaissancegebäude (1550-60) mit Attiken und einer reich geschmückten dreistöckigen Loggia sowie drei Türmen. Für den Palast und einige der reichen Bürgerhäuser und schmalen Giebelbauten der Krämer am Platz trug der Tessiner Baumeisters Gian Battista di Quadro die Verantwortung. Er wird mit einer Fassadenstatue an der Platzecke geehrt.

Von Mitte des 16. Jh. bis 1793, der zweiten polnischen Teilung, erlebte Posen eine erste Glanzzeit. Rathaus und Bürgerhäuser, der Alte Markt wurden nach der Zerstörung im zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut. Ab Spätherbst 2021 wird der Alte Markt komplett renoviert. Dafür, einschließlich archäologischer Sondierungen, steht eine Summe von 123,8 Mio. Zloty zur Verfügung. Geplant ist, die Platzrenovierung im August 2023 abzuschließen.

Jeden Tag zum 12-Uhr-Glockenschlag erscheinen über der Rathausuhr, die Bartlomiej von Wolf aus Guben kreierte, zwei bemalte Ziegenböckchen-Figuren aus Blech. Sie prallen, mechanisch bewegt, 12 Male mit den Hörnern aufeinander. Dem lustigen Spektakel, das täglich eine ganze Menschenschar auf dem Platz amüsiert, liegt eine Legende zugrunde: Anlässlich der festlichen Einweihung der Rathausuhr 1551 geriet der Rathauskoch in Bedrängnis, war ihm doch die Rehkeule für die hohen Gäste im Ofen verbrannt. Eiligst musste Ersatz her. Zwei weiße Ziegenböckchen wurden herbeigeschafft. Die Tiere entkamen aber auf das Rathausdach und stießen dort zur Belustigung der Menge auf dem Platz mit den Hörnern zusammen.

Bronzestatue Bamberka. Foto: Jürgen Sorges
Bronzestatue Bamberka. Foto: Jürgen Sorges

Auf dem weitläufigen Alten Markt gibt es einige Objekte anzuschauen, die Posener Geschichte erzählen. Hinter dem Rathaus steht die Bronzestatue der „Bamberka“. Die zwei Wassereimer schleppende „Bambergerin“ in traditionellem Gewand erinnert an die Einwanderer, die mit Ende des Nordischen Krieges (um 1720) aus Bamberg und Umgebung nach Posen gezogenen Katholiken. Sie konnten sich leicht ins Posener Leben integrieren. Selbstverständlich gibt das Restaurant „Bamberka“ am Platz, das sich traditionell regionaler, polnischer Küche verschrieben hat. Es existiert seit 1972. Als Starter serviert die freundliche junge Bedienung ein wunderbares Smalec, Griebenschmalz nach Bamberka-Art mit Bauernbrot und Gurke. Klassiker des Bamberka sind handgemachte Piroggen, Leber mit Äpfeln, Zwiebeln, Kartoffelpüree und Sauerkraut. Das Lech Premium Pilsener.

Am Alten Markt an der Ecke Stary Rynek 84 liegt das kleine schmucke Muzeum Literackie Henryka Sienkiewicza (Literaturmuseum Henrik Sinkiewicz). Es ehrt den polnischen Schriftsteller, der 1905 den Literaturnobelpreisträger bekam. Für den Eintritt von 4 Zloty erfahren Besucher per Wort, Bild und Ton alles rund um Person, Werk und Rezeption des Autors, der mit seinem historischen Roman „Quo Vadis“ weltberühmt wurde. Das 1898 ins Deutsche übersetzte Buch behandelt die Christenverfolgung im alten Rom unter der Herrschaft Neros. „Quo Vadis“ wurde mit der Verfilmung (1951) mit Peter Ustinov als Nero zum großen Kinohit.

Muzeum Narodowe w Poznaniu. Foto: Jürgen Sorges
Muzeum Narodowe w Poznaniu. Foto: Jürgen Sorges

Direkt vor dem Rathaus lädt das Restaurant-Café Vis-à-Vis Koziolków zum Verweilen ein. Mit Blick auf die Frontfassade mit den allegorischen Darstellungen der Tugenden (unten) und den Helden der Antike (oben) sowie Weisheiten von Pythagoras und Diokletan auf Latein lässt sich herrlich schmausen: „Gegrillte Schweinerippchen in BBQ-Sauce mit dunklem Bier und Belgischen Pommes und Kohlgemüse“ oder „Gänseburger mit Rotkohl, Mayonnaise, in Whisky karamellisierten Zwiebeln“. Zum Dessert sehr empfehlenswert „Apple Pie mit Vanille-Eis, Sahne und frischen Erdbeeren, Himbeeren und Blaubeeren sowie Beerenmousse“. Gestärkt lässt sich wunderbar weiterwandeln.

Südlich des Alten Markts liegt die wunderschöne Barockkirche, die Basilika der Mutter Gottes von der immerwährenden Hilfe und der heiligen Maria Magdalena. Der dreischiffige Sakralbau mit dem imposanten Portal entstand 1700, es handelt sich um die Stiftskirche des einstigen Jesuitenkollegs.

Westlich des Alten Markts hinter der Franziskanerkirche lohnt sich der Besuch des Muzeum Narodowe w Poznaniu. 1875 gegründet zeigt das Museum auf drei Etagen antike Kunst, Kunst des Mittelalters und polnische Kunst des 16. bis 20. Jahrhunderts sowie Werke westeuropäischer Künstler. Das Museum für Angewandte Kunst (Museum of Applied Arts) ist Teil des Nationalmuseums. Es liegt auf dem Przemysl- Hügel im ehemaligen Königsschloss und zeigt 2000 Objekte vom Mittelalter bis zur Neuzeit auf drei Stockwerken. Die Besteigung des 43 m hohen Schlossturms ist möglich, von dort hat man einen wunderbaren Blick über Stadt und Umgebung.


Informationen:

Polnisches Fremdenverkehrsamt, www.polen.travel 

Tourismusinformation Poznań (Posen), www.poznan.travel/de 

Weiteres städtisches Tourismusinformationsbüro, www.poznan.travel 

Fotos: Jürgen Sorges

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