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Once upon a time… (Teil 2)

„Wir haben alles so gemacht, wie wir im Urlaub selbst wohnen möchten: keine sichtbaren Klimaanlagen, keine Kabel oder Rohre, keine Haustechnik“, erklärt Graf Benedikt. Historische Möbel kaufe er bei Auktionen oder auf Antik-Messen und -märkten. Im hauseigenen Architektur- und Designstudio würden diese dann restauriert, veredelt, mit neuen Bezügen versehen – für die Villenbesitzer, aber auch für das Hotel. Neue Einrichtungsstücke und Leuchten werden von einem eigenen Team unter dem Label „B.B. for Reschio“ entworfen, das mit seinem Studio in der „Tabaccaia“, dem ehemaligen Tabaklager aus den 1940er Jahren am Fuß des Schlosshügels, untergebracht ist.

Finanziell wäre es auch ohne Hotel gegangen, meint der Graf. Doch inzwischen ist es sein Lieblingsprojekt, das Tourismus-, Design- und Architekturpreise rund um den Globus abräumt. Was nicht verwundert: Nur wenige Häuser weltweit überzeugen mit so viel „attention to detail“, lassen perfekten und aufmerksamen Service so unaufgeregt locker und diskret daherkommen. Alles ist eine Spur besser als in auch mit vielen Sternen dekorierten Herbergen: das Olivenöl-Tasting mit Sommelier Mirco, das Picknick an einem der Weiher, die man ganz für sich allein reservieren kann, die Weinproben, die Kochkurse, die Ausritte mit einem der 40 Andalusier, die Trüffeljagd im Herbst.

Castello di Reschio: Swimming Pool & Torrino Pool Bar. Foto: Reschio
Castello di Reschio: Swimming Pool & Torrino Pool Bar. Foto: Reschio

Und man weiß gar nicht, wo man sich lieber aufhalten möchte: im schattigen Palmengarten mit seinen Eisensäulen und der hohen Glasdecke? Am großen Pool, der sich perfekt in die Landschaft einfügt, und wo sich in einem ehemaligen Wachturm die Bar befindet, die Cocktails und kleine Gerichte serviert? In der Bottega, wo vom gräflichen Ehepaar handverlesene, wunderschöne Fundstücke wie venezianische Seidenpantoffeln, exquisite Leinenschals und handgewebte florentinische Sonnenhüte sowie Gutsprodukte wie goldener Honig und hochwertiges Olivenöl angeboten werden? In der Enoteca, wo Sommelier Mirco so manchen Schatz hütet? Oder doch lieber in der Bar Centrale, wo man am späten Vormittag auf einen Macchiato vorbeischaut? Man könnte auch zum Reitstall spazieren, wo einige der besten Dressurpferde Italiens stehen, und wo man gute Chancen hat, Benedikts Vater Antonio zu treffen, der noch täglich ausreitet. Bevor er nach Umbrien kam, hatte er mit Pferden nichts am Hut, hat sich alles Wissen um die Equestrik selbst beigebracht. Er und seine Angelika sind längst im Ruhestand, leben aber noch immer gern auf dem Anwesen, viel lieber als im unzivilisierten und zu kalten Deutschland, wo ihnen der Föhn zu schaffen machte, wenn es doch einmal warm wurde.

Kühle Tage kann es im Winterhalbjahr auch im El Reschio geben. Dann empfiehlt es sich, das Badehaus aufzusuchen, das sich unterhalb des Palmenhofs befindet, im ehemaligen Weinkeller des Schlosses. Abgenutzte Steintreppen führen hinab in eine Welt aus warmem Licht, Wasser und Düften, die Körper und Geist wunderbar beruhigen. Für 2.000 Euro kann man das Spa für vier Stunden exklusiv buchen. Empfehlenswert sind auch aquatische Körpermassagen (Watsu oder Wasser-Shiatsu), für die es eigens ausgebildete Therapeuten gibt.

Das Gelände am Castello. Foto: Reschio
Das Gelände am Castello. Foto: Reschio

Irgendwann wird man dann doch Appetit verspüren. Auch das kulinarische Konzept folgt einer klaren Linie, die Graf Benedikt vorgibt. Und die lautet: „Sterne interessieren uns nicht. Das Konzept des Guide Michelin wirkt auf mich antiquiert und passt nicht zu uns. Es müsste modernisiert werden, damit es für uns interessant wird.“ Dazu muss man wissen: Benedikts Vater Antonio war in den 1960er Jahren für den ebenfalls ungarisch-stämmigen Restaurant-Kritiker Egon Miklos Ronay tätig, zuerst in Deutschland, später im Westen Englands. Dieser brachte ihm bei, wie man als Inspektor arbeitet. Der Vater wusste also schon von Berufs wegen, was ein gutes Lokal bieten muss, auch wenn er diesen Job 1967 quittierte, als er seine Angelika heiratete und nicht länger von Restaurant zu Restaurant tingeln wollte.

Im Reschio verlässt sich die Küche auch darauf, was die eigenen Ländereien zu bieten haben: Wildschwein und Reh aus den Wäldern, Bio-Gemüse und Obst aus den Gärten, Wildkräuter von den Wiesen. Mittags sollte man im Ristorante alle Scuderie reservieren, wo Pizza vom Holzofen, frische Pasta und für Umbrien typische Gerichte auf den Tisch kommen, möglichst oft mit lokalen Zutaten. Man kann hier herrlich den Nachmittag verbummeln.

Ristorante Al Castello. Foto: Reschio
Ristorante Al Castello. Foto: Reschio

Etwas feiner geht es im Ristorante al Castello zu, wo die Schlossbewohner auf Zeit jeden Morgen das Frühstück genießen und abends mit zumeist italienischen Spezialitäten aus allen Teilen des Stiefels verwöhnt werden. Die Karte dürfte für ein Haus dieses Kalibers etwas umfangreicher sein, aber alle Gerichte sind sehr sauber gekocht und werden von perfekt geschulten Mitarbeitern aufgetragen, die Wünsche von den Lippen ablesen, noch ehe man diese selbst formuliert hat. Die Sommeliers sorgen auf Wunsch für eine passende Weinbegleitung und können dank des Coravin-Systems auch Super-Tuscans und andere große Etiketten glasweise anbieten. Die Küchenchefs bleiben dabei im Hintergrund – „low key“, wie die Italiener sagen 😉

Irgendwann muss man sich schweren Herzens von diesem Paradies verabschieden, in dem man sich mitunter wie der Darsteller in einem Historienfilm fühlt. Man genießt ein letztes Mal das Frühstück auf der Terrasse mit Blick über die umbrischen Hügel und denkt sich: Es hat schon seinen Grund, dass die „Eggs Benedict“ ganz oben auf der Karte stehen…


Information:

www.reschio.com 

Fotos: Reschio

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