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Prosecco Bortolomiol

2022 ist ein besonderes Jahr für die berühmte Prosecco-Familie, deren Weinherstellungstradition auf das Jahr 1760 und einen gewissen Bartolomeo Bortolomiol zurückgeht. Eigentlicher Neugründer war aber Giuliano Bortolomiol, der 2022 seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Der Absolvent der Önologenschule von Conegliano gründete mit seinen Brüdern Labano und Guglielmo, genannt Gemin, 1949 die „Cantina Fratelli Bortolomiol“. Schon 1946 hatte er sich mit den Freunden Umberto Bortolotti, Isidoro Brunoro, Mario Geronazzo, Nino Franco, Italo Biasotto und Piero Berton zur „Confraternitá del Prosecco“, Zur Bruderschaft des Prosecco zusammengeschlossen: Es galt, Rückständigkeit und Armut in den Hügeln von Valdobbiadene zu überwinden und das Gespenst der Emigration zu vertreiben.

Heute gilt daher 1946 als Geburtsjahr des modernen Prosecco und Giuliano avancierte zum Prominentesten dieser Gründerväter. Ihm gelang mit der Methode Martinotti-Charmat das Kunststück, auch französischen Schaumweinen Paroli zu bieten. 1967 errang Giuliano in der Höhle des Löwen, in Montpellier (Frankreich), mit seinem Brut eine Goldmedaille. Was alles davor geschah, wilde Ritte auf seinem Pferd mit nur einigen Flaschen im Gepäck, dazu endlose Motorradfahrten, um den Laden in Gang zu halten, ist so legendär, dass Italiens Papst der Weinkritik, Luigi Veronelli sogar eine Biographie über Giuliano veröffentlichte: „Giuliano Bortolomiol – il sogno del Prosecco (engl. „Dreaming of Prosecco“; deutsch „Der Traum des Prosecco)“. Bortolomiol zog 2022 nach und edierte eine schöne Kassettenedition zur Weingutgeschichte: Dekade für Dekade!

Rebstöcke des Weinguts. Foto: Jürgen Sorges
Rebstöcke des Weinguts. Foto: Jürgen Sorges

Zu den wichtigen Lebensetappen Giulianos zählen natürlich die Hochzeit 1956 mit Ottavia Scagliotti und die Herstellung des ersten Brut im Jahr 1960. Mit Riesenerfolg, vor allem in Deutschland. Und natürlich war er auch Mitgründer des Prosecco-Konsortiums und Teil des sagenhaften Siegeszugs des Prosecco in aller Welt.

Heute produziert und verkauft Bortolomiol 2 Mio. Prosecco-Flaschen pro Jahr. Für diesen Erfolg steht nun ein Vierer-Damenteam: Gattin und Mutter Ottavia sowie die Töchter Elvira, Maria Elena und Giuliana. Die vierte Tochter Luisa beschäftigt sich mit anderem. Ihnen zur Seite steht Chefönologe Roberto Cipresso, Önologe Emanuele Serafin, Weintechniker Marco Agostinetto und der Agronom Giovanni Pascarella. Cipresso schuf kürzlich auf der neuen Bortolomiol-Erwerbung im toskanischen Montalcino auch einen wunderbaren Sangiovese IGT Toscana.

Im Heimatort Valdobbiadene ist heute vor allem der zweite Produktionsstandort der Familie Bortolomiol spannend: Auf der Art & Wine Farm Bortolomiol stellt sich das Weingut mit Führungen und Degustationen vor, auch die Cantina ist zu besichtigen. Zum 100. Geburtstag von Giuliano Bortolomiol wurde 2022 gar eine ihm gewidmete Tour aufgelegt. Entstanden ist dieser auch Parco della Filandetta genannte Komplex aus einer früheren Seidenspinnerei (Filanda), deren Hauptgebäude nun für Degustationen und Video-Vorführungen zur Weintradition der Bortolomiol dient.

Auf der Art & Wine Farm Bortolomiol stellt sich das Weingut mit Führungen und Degustationen vor, auch die Cantina ist zu besichtigen. Foto: Jürgen Sorges
Auf der Art & Wine Farm Bortolomiol stellt sich das Weingut mit Führungen und Degustationen vor, auch die Cantina ist zu besichtigen. Foto: Jürgen Sorges

Der angeschlossene Park beeindruckt mit zwei Hektar rein biologisch gepflegten Weingärten. Ein kleines Amphitheater entstand als Halbrund für Kulturveranstaltungen. Gleich vier Kunstwerke („Il Gomitolo“, „Campo di Vento“, „Aerei di Francesca“, „Il Tavolo“) des renommierten Bildhauers und Architekten Giovanni Casellato, der 2008 an der Biennale in Venedig teilnahm, rahmen die mit Rosen geschmückten Rebstockreihen ein. 2019, als die Prosecco-Hügel um Valdobbiadene und Conegliano UNESCO-Welterbe wurden und Bortolomiol 70-jähriges Firmenjubiläum feierte, wurde zudem ein internationales Artists-in Residenz-Programm für Künstlerinnen aufgelegt.

Den Anfang machte 2019 die in Berlin lebende Installationskünstlerin Susken Rosenthal. Sie schuf das Werk „Cocoon“: ein echter Hingucker! Rosenthal verband die Seidenspinnerei aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts mit dem modernen Weingut, indem sie kunstvoll Weinranken zum fast menschengroßen Kokon bog. Nach der Corona-Pause war 2022 die portugiesische Künstlerin Inês Coelho da Silva die nächste. Auch die 26-jähirge verband Seide und Wein kongenial und setzte einem der zwei Holzpfosten ihres eine Rebstockreihe imitierenden Kunstwerks keck ein Seidenfadenknäuel auf.

Natürlich toppt diesen formidablen Rundgang zwischen Kunst und Natur nur die Degustation. Den Anfang macht die tiefe Verbeugung vor Gründervater Giuliano Bortolomiol. Ihm ist eines der Aushängeschilder des Prosecco-Weingutes, der Grande Cuvée del Fondatore MOTUS VITAE 2020 gewidmet. Die Trauben für diesen herausragenden Extra Brut, der seit 2003 produziert wird und zigfach ausgezeichnet wurde, stammen von 50 bis 70 Jahre alten Weinbergen. Der Prosecco passt perfekt zu Pilz- oder Rehgerichten und liegt mit 18,90 € pro 0,75-l-Flasche in einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis.

Tasting. Foto: Jürgen Sorges
Tasting. Foto: Jürgen Sorges

Es folgt der rein biologische Ius Naturae („Naturgesetz“) 2021, den der Gambero Rosso prompt mit „drei Gläsern“ auszeichnete. Der Weg zu diesem wunderbaren Prosecco war indes für Giulianos Töchter aufwendig. 2011 installierten sie das Projekt „Green Mark“, das auf Achtsamkeit mit der Umwelt, auf Nachhaltigkeit, auf soziale Verantwortung und die Verbesserung der Arbeit im Weinberg setzt. 2012 wurde der erste Bio-Weinberg, eben die zwei Hektar im Parco della Filandetta angelegt. Heute sind es fünf Hektar mit Glera-Trauben, die die Grundlage für diesen fruchtigen, trockenen, eleganten und harmonischen Bio-Prosecco „Ius Naturae“ Valdobbiadene Prosecco Superiore DOCG Brut Millesimato bilden. 90 000 Flaschen werden jährlich abgefüllt, der Preis ist mit 15,20 € pro 0,75-l-Flasche moderat.

In die Hitliste gehört natürlich unbedingt der Bortolomiol „Bandarossa Valdobbiadene Prosecco Superiore DOCG Extra Dry Millesimato“. Diesen besonderen Prosecco kreierte Giuliano Bortolomiol einst nur für Freunde und kennzeichnete die Flaschen mit einer roten Banderole.

Bei der Verkostung ist dann auch der Valdobbiadene Superiore di Cartizze DOCG 2021 eine Köstlichkeit! Die Glera-Trauben dieses trockenen Prosecco gedeihen auf dem 107 ha großen Areal jener „Cartizze“, die aufgrund ihres perfekten Mikroklimas als bestes Anbaugebiet für Prosecco gelten. Dies auch „Pentagono d`oro“ („Goldenes Fünfeck“) genannte Gebiet besitzen 110 Familien. Bortolomiol muss daher, vor Ort traditionell üblich, Trauben ankaufen, um jährlich 6000 Flaschen abzufüllen, die perfekt zu Desserts passen. Der exquisite Wein mit 11,5 % Alkoholgehalt kostet 24,40 € pro 0,75-l-Flasche. Bestseller des Hauses ist aber der Prior Bortolomiol Valdobbiadene Prosecco Superiore DOCG 2021. Dieser besonders in Deutschland beliebte Brut ist mit 11,70 € pro 0,75-l-Flasxche ein echtes Schnäppchen. Aber mittlerweile hat auch die Extra Dry-Version „Senior Bortolomiol“ mächtig aufgeholt.


Information:

Parco della Filandetta (Art & Wine Farm) Bortolomiol, www.bortolomiol.com 

Fotos: Jürgen Sorges, Bortolomiol

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