Foodie

Nach 200 Jahren wieder Met aus Irland

1979 war es die Gründung des längst legendären Kinsale Gourmet Festivals, die die kleine Gemeinde mit heute über 50 florierenden Restaurants und Bars, darunter zwei Michelinstern-Restaurants, im Nu an die kulinarische Spitze der Grünen Insel katapultierte. Es folgten zig weitere Auszeichnungen, ein kulinarisches Festivalprogramm, das sich heute von April bis November erstreckt und Fans aus aller Welt, die Kinsale alljährlich ihre Aufwartung machten. Kein Wunder daher auch, dass Kinsale 2018 wie schon mehrfach zuvor erneut zur irischen „Foodie Town of the Year“ avancierte. Topadressen wie die Küche des Actons Hotels oder das sagenhafte Meeresfrüchterestaurant „Fishy“ von TV-Starkoch und Kochbuchautor Martin Shanahan (www.fishyfishy.ie) sind oft über Wochen im Voraus ausgebucht. Martin Shanahans Fernsehshow „Martin`s mad about fish“ brach alle Einschaltquoten.

Und nun sorgt ein Ehepaar dafür, dass Kinsale auch im alkoholischen Gastrobereich wieder an vorderster Front zu finden ist: Kate & Denis Dempsey entschlossen sich 2016, Irlands erste „meadery“ (Met-Werkstatt) zu gründen. Auslöser war ein Besuch der zwei mit Freunden an einem der berühmtesten historischen Orte der Insel: dem Hill of Tara. Dort stand man staunend vor den Rudimenten der einstigen Banquet Hall, jener Banketthalle der alten irischen Hochkönige, in der einst Met in Strömen geflossen sein soll.

Gesagt getan: Nach akribischer Vorarbeit öffneten Kate & Denis 2017 die Meadery, die sich nur 500 m und etwas oberhalb vom Ortszentrum von Kinsale in einem schmucken neuen Gewerbegebiet befindet. Schon nach kurzer Zeit regnete es Preise und Auszeichnungen auf die zwei herab: Ihr Met war in aller Munde! Und schon seit 2018 laden sie Touren in ihre neuen heiligen Hallen, in denen man nun modernste Weinkeltertechnik aus deutschen Landen und bestens geeignete Portweinfässer für die Lagerung ihrer Limited Editions findet. Erst einmal aber lädt Denis Dempsey in der Lobby mit der Eichenbar der Meadery zu einer kleinen Zeitreise auf den Spuren des Met, englisch „mead“. Dazu gibt es auch eine eigens gefertigte historische Landkarte, die „Historic map of Ireland – Tales of Mead & Honey“, die die in Kinsale lebende Künstlerin Fiona Boniwell schuf. Das Poster kann man auch erwerben (10 €). Versammelt sind hier natürlich neben dem Hill of Tara alle sonstigen wichtigen orte auf der Grünen Insel, die mit Geschichten und Legenden zu Met und Honig verknüpft sind.

Merlot Barrel Aged Mead. Foto: Ellen Spielmann
Merlot Barrel Aged Mead. Foto: Ellen Spielmann

Met, gern mit „Honigwein“ übersetzt, gilt – nach Bier – als eines der ältesten alkoholischen Getränke der Welt und besteht vorwiegend aus Wasser und fermentiertem Honig. Das bringt Met einen gewissen Alkoholgehalt, im Fall der vier Met-Sorten der Kinsale Mead Company meist 12 %. Die Geschichte des Met, einst als „Nektar der Götter“, Ambrosia oder gar Honeymoon-Wein apostrophiert, geht wohl bis in die Zeit von 6500 v. Chr. in ins nördliche China zurück. Aber auch in Europa ist die Tradition uralt: Hier fanden sich Spuren in der Glockenbeckerkultur (2800 – 1800 v. Chr.). Erhalten bleiben vor allem die Keramik-Trinkgefäße, aus denen einst der Met strömte.

Und natürlich kann Denis Demsey eine Replik eines solchen Gefäßes vorführen, das noch im Mittelalter eifrig in Irland benutzt wurde. Und natürlich darf auch ein Foto jenes Grabes des keltischen Fürsten von Hochdorf (ca. 600 v. Chr.; nahe Stuttgart) nicht fehlen, in dem ein riesiges mit drei Löwen dekoriertes Bronzegefäß gefunden wurde, das wohl 400 l Met fasste – dazu gewaltige Trinkhörner! Auch uralte irische Legenden stützen den Gebrauch von Met nicht nur in der Banketthalle des Hill of Tara, wo sich Irlands Häuptlinge und Könige am Honig-Trank delektierten. Da ist z. B. die in mythische Zeiten zurückdatierbare Geschichte der „Kinder des Lir“. Dort trinkt Fionnuala einen leckeren Haselnuss-Met mit ihrer Familie aus einem vierseitig benutzbaren Trinkgefäß, ehe sie und ihre Brüder in Schwäne verwandelt werden und für 900 Jahre ins Exil müssen.

Und natürlich wurde auch zum irischen Beltaine-Fest eifrig Met gebechert. Nachvollziehbarwird dies vor allem an der einstigen Kultstätte des Hill of Uisneach im County Westmeath. Deutlich historischer wird Irlands Metgeschichte dann mit dem Eintreffen des Heiligen St Mologa, der auch St Molaige und Modomnóc genannt wird. Modomnóc, sein Name steht für „My“ (Mo“) „Domnoc“ (Dominik), brachte im 5./6. Jh. legendär die Bienenzucht aus Wales nach Irland. Und klar. Ohne Bienen kein Honig, ohne Honig kein Met! Und wer, wenn nicht ein Mönch, sollte im Klostergarten dafür gesorgt haben, dass fortan Honig und Met in Irland in Strömen flossen. Modomnóc starb wohl 550 n.Chr., sein Hauptvermächtnisort liegt gar nicht weit von Kinsale: in Timoleague im County Cork.

Das Milk Market Cafe in Kinsale. Foto: Ellen Spielmann
Das Milk Market Cafe in Kinsale. Foto: Ellen Spielmann

Irlands Beschützerin der Bienen und der Imker wurde dann aber die ebenfalls im 5./6. Jh. wirkende St Gobnait. Ihr Name steht irisch für „Abigail“ („die Freude schenkt“), woraus anglisiert wohl „Deborah“ wurde. Sie wirkte in Ballyvourney in West-Cork und sorgte für den populären Glauben, dass die Seele als Biene oder Schmetterling den Körper verlässt. Kein Geringerer als Irlands Glaskünstler Number One, Harry Clarke, setzte ihr 1916 mit einem Kirchenfenster ein grandioses Denkmal: Es befindet sich in der Kapelle des University College in Cork und zeigt St Gobnait umgeben von Bienen, die gerade erfolgreich Diebe verjagen, die ihr Kloster erschreckten. Mit den Brehan Laws folgten dann schon im 7. Jh. die ersten Bienenschutzgesetze und zur Nachhaltigkeit. Sie regelten aber auch, wieviel Honig der Imker seinen Nachbarn abzugeben hatte, die ja auch blühende Wiesen besaßen. Hochkönige und Wikinger liebten dann den Met, und noch in Tudor-Zeiten kannte man über 100 Rezepte, Queen Elizabeth i war ein Fan und schätzte vor allem schweren Met mit viel Kräutern und Gewürzen. Mit dem Aufkommen von Zucker bzw. Zuckerrohr aus der neuen Welt begann der Niedergang des Met. Und dann kam das Jahr 1822, in dem der Dubliner Kaufmann John Donaghy letztmals den Verkauf von bis zu 200 Fässern Met annoncierte.

2022 ist dies Ereignis dann 200 Jahre her. Und so stehen wir dann in den neuen heiligen Hallen der irischen Met-Wirtschaft, probieren exzellente Honigsorten, bewundern Fiona Boniwells Popart-Wandbild der Heiligen St Gobnait samt Bienen und Schmetterlingen und bewundern die Produktions-Stahltanks, in denen der Gärungsprozess durch Kühlung gestoppt wird. Daneben ruht bereits ein neuer Jahrgang einer Limited Edition in schweren Eichenfässern.

An der Abfüllanlage bewundern wir dann die außerordentlich schönen, aber auch teuren Glasflaschen aus französischer Produktion, für die sich Kate & Denis Demsey bewusst entschieden haben. Sie stehen für die hohe Qualität ihres Met. Da ist z. B. ihr Atlantic Dry Mead aus rohem spanischen Orangenblütenhonig und reinstem lokalen Wasser aus Innishannon, mit 12 % Alkohol und einem lieblich floralen Zitrusaroma. Und er ist keineswegs süß. 2018 gewann der die Goldmedaille bei den „Olympischen Spielen“ der Met-hersteller, dem international Mazer Cup. In Irland räumte er auch 2019 ab.

Wildflower Mead. Foto: Ellen Spielmann
Wildflower Mead. Foto: Ellen Spielmann

Der Wild Red Mead ist ein höchst erfrischender Beerenfrüchte-Met aus spanischem Waldhonig, schwarzen Johannisbeeren aus dem County Wexford sowie süßen dunklen Kirschen. Auch er bringt 12 % Alkohol mit und besitzt eine famose Farbe. Inspiriert wurde der Met von Kinsales berühmter rothaariger Piratin Anne Bonny, die nahe der Klippen des Old Head of Kinsale geboren wurde. Auch dieser Met gewann einer Goldmedaille bei den Irish Awards.

Der dritte Met im Bunde ist dann der erklärte Favorit: Der Hazy Summer Mead, ein limitierter Met mit sechs Beerenarten ist ein Fest der Sinne, gerade in den Sommertagen. Spanischer Honig, abgerundet mit ein paar Tropfen von reifen Beeren, Aromen von saftigen Erdbeeren und Himbeeren, köstlichen Brombeeren, schwarzen Johannisbeeren, dunklen Kirschen und Heidelbeeren, die sich allesamt perfekt ergänzen. Kein Wunder, dass dieser Met die Goldmedaille beim International Mazer Cup 2019 gewann.

Schließlich gibt es noch den streng limitierten irischen Wildflower Mead. Hergestellt aus 100 % Sommerwildblütenhonig, der in der Imkerei Chanting Bee in West Cork hergestellt wird, verbindet er allerbeste Aromen von Hagedorn, Wildklee, weißer Brombeerblüte und irischem Klee zu einem eleganten Met und Aushängeschild von West Cork. Das Ganze hat natürlich seinen Preis. Während die normale Flasche für ca. 22 € im Online-Angebot ist, werden für die Limited Editions 27,95 € aufgerufen.

Aber wer sich dann abends zum sehr guten Early Bird Menu ins gemütliche Bar & Bistro The Fishmarket in Kinsales Blue Haven Hotel zurückzieht, wird sich den unnachahmlichen Geschmack der vier Met aus der Kinsale Mead Company noch einmal auf der Zunge zergehen lassen, ehe dann ein verdientes Murphy`s vom Fass ruft. Natürlich kann man hier auch gut übernachten. Wir schätzten 100 m weiter das zum gleichen Eignerkonglomerat gehörende Old Bank Townhouse Kinsale. In Irlands Guest House of the Year 2021 wird man morgens zudem mit einem exzellenten Frühstück im mehrfach ausgezeichneten hauseigenen Gourmet Café verwöhnt.


Informationen:

Irland Information/Tourism Ireland, www.ireland.com/de-de/ 

Fáilte Ireland, www.discoverireland.ie 

Tourism Northern Ireland, https://discovernorthernireland.com

Met-Herstellung:

Kinsale Mead Company: www.kinsalemeadco.ie 

Restaurant:

Bar & Bistro The Fishmarket im Blue Haven Hotel: www.bluehavenkinsale.com 

Fotos: Ellen Spielmann

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