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Interview mit Erich Falkensteiner (Aufsichtsratsvorsitzender FMTG)

KULINARIKER: Sie sagen: Das „Ich-kann-alles.com“-Prinzip funktioniert in der Hotelbranche nicht. Was funktioniert in Ihrer Branche? 

Erich Falkensteiner: Wir zumindest verfolgen ein anderes Konzept. Ich sage es mal so: Wir bieten Hotels, die zu bestimmten Lebensphasen passen. 

Das heißt?

Als Paar fahren Sie in eines unserer Adults-only-Hotels. Wenn Sie später Kinder bekommen sollten, wählen Sie für den Urlaub mit Ihrem Nachwuchs eines unserer Family-Hotels, wie das Falkensteiner Lido in Südtirol oder auch das Falkensteiner Family Hotel Diadora in Kroatien am Meer. Wenn Sie beginnen sich mehr Gedanken über Ihre Gesundheit zu machen, spricht Sie dann vielleicht eher unser Hotel in Marienbad mit seinen modernen Kur-Angeboten an. So haben wir alle Lebenssituationen abgedeckt.

Gibt es auch Hotels in Ihrem Portfolio, die sich an Gäste jeder Altersklasse richtet?

Das haben wir ebenfalls. Manche Locations wie das Schlosshotel Velden direkt am Wörthersee sind so spannend – dahin kommen alle. Dort haben wir aber eine andere thematische Spezialisierung: nämlich eine besondere Kulinarik. Überhaupt ein sehr großes Thema.

Sie haben auch zwei Premium-Campingplätze. Warum Premium?

Camping ist in unseren Augen einer der Zukunftstrends und wird noch mehr in Richtung Qualität gehen. Sei es die Ausstattung der Plätze mit komfortablen Stellflächen oder Tiny Houses, Wellnessbereiche, ein modernes Entertainment-Konzept oder auch eine hochwertige Kulinarik. Viele Menschen möchten in der Natur sein – inklusive der Annehmlichkeiten eines Hotels oder Apartments. Viele Menschen, die in Rente gehen, kaufen sich derzeit einen Camper, um die Welt zu sehen. Camping ist kein Billig-Tourismus mehr. Es ist eine andere Art zu reisen.

Welche Rolle spielt ein hochwertiges kulinarisches Angebot auf solchen Campingplätzen?

Die Kulinarik ist äußerst wichtig. Ich bin überzeugt: Auf Campingplätzen wird sich das Angebot in dieser Hinsicht total verändern.

Feine Kochkunst auf Campingplätzen

Inwiefern?

Früher gab es Pizza, Pasta und ein Grillhähnchen. Das war’s. In Zukunft wird es Restaurants geben, die zum Beispiel mediterran, asiatisch oder regional ausgerichtet sind. Wir jedenfalls bauen auf unseren Campingplätzen eine komplett neue Gastronomie auf. Für dieses Thema haben wir eigens einen Kulinarik-Direktor eingestellt, der ein Kulinarik Konzept für unsere Premium-Campingplätze erarbeitet.

Erich Falkensteiner: 2027 eröffnen wir in Grömitz unser erstes Hotel in Deutschland. Foto: FMTG
Erich Falkensteiner: 2027 eröffnen wir in Grömitz unser erstes Hotel in Deutschland. Foto: FMTG

Sie sprühen vor Ideen. Was sind Ihre nächsten Projekte?

Wir werden Deutschland als Destination hinzunehmen. 2027 eröffnen wir in Grömitz unser erstes Hotel in Deutschland, ein Familien-Resort. 2029 folgt dann ein weiteres in Bad Saarow.

Warum expandieren Sie erst jetzt nach Deutschland?

Wir sind in den 1990er Jahren von Südtirol aus zunächst nach Österreich gegangen, danach nach Kroatien. Dann haben wir weitere Hotels in Italien und in anderen Destinationen eröffnet, jetzt kommt Deutschland. Man kann nicht auf 1.000 Hochzeiten gleichzeitig tanzen.

„Deutschland ist ein wunderschönes Land“

Warum ist Deutschland für Sie interessant?

Es ist unser wichtigster Quellmarkt. Zirka 20 Prozent der Falkensteiner-Gäste kommen aus Deutschland. In den Quellmärkten eigene Hotels zu führen, hilft uns dabei die Marke Falkensteiner noch stärker zu machen. Wir jedenfalls sehen, dass wir in Deutschland wachsen müssen. Und außerdem ist es ein wunderschönes Land. Dort gibt es so tolle Gegenden, die wie geschaffen für Urlaub und Erholung sind.

In welcher Region Deutschlands können Sie sich weitere Hotels vorstellen?

Im Süden Deutschlands. Uns gefällt zum Beispiel das Berchtesgadener Land und das Allgäu. Und natürlich im Norden weiterhin die Ostsee. 

Mut, Unvernunft und ein Fallschirm

Der Ursprung Ihres Unternehmens ist in dem kleinen Gästehaus Lido begründet, das Ihre Eltern 1958 in Ehrenburg an einem See gebaut haben – abseits der Hauptstraße. Das war seinerzeit völlig entgegen der Gepflogenheiten. Die Einheimischen haben damals Ihre Eltern für verrückt erklärt, ihnen die baldige Pleite vorausgesagt. Doch das Gegenteil traf ein. Auch Sie treffen mutige Entscheidungen. Gibt es so etwas wie ein Visionärs-Gen in Unternehmerfamilien?

Wahrscheinlich schon. Es ist wichtig neugierig zu sein und mutig. Unvernunft ist manchmal auch dabei. Aber es gilt stets aufzupassen, dass ein Fallschirm zur Verfügung steht oder ein Plan B. Viele Entscheidungen sind eine Gratwanderung. 

Sie waren 19 Jahre, als Ihr Vater starb…

Mit 19 hatte ich von einem Tag auf den anderen mit meinen zwei Jahre jüngeren Bruder Andreas die Verantwortung für den Betrieb. Ich war ja fast noch ein Kind, ein Jugendlicher. Mein Vater hatte gerade ein zweites Hotel gebaut. Wir haben uns umgerechnet 10 Millionen Euro Schulden auf einmal aufgehalst. 

Wie sind Sie mit dem Druck umgegangen?

Über mir schwebte immer ein Damoklesschwert. Mich hat das sehr belastet. Ich durfte, ich wollte ja das Erbe unseres Vaters nicht an die Wand fahren. Das ist ein Druck, den ich keinem Menschen auf der Welt wünsche. Man legt sich diesen Druck selbst auf und er kostet viel Lebensqualität. Am schwersten war es in den ersten zehn Jahren, mittlerweile habe ich gelernt damit umzugehen.

Falkensteiner Family Resort Lido. Foto: FMTG
Falkensteiner Family Resort Lido. Foto: FMTG

Sie führen mit Ihrem Bruder Andreas und Ihrem Freund Otmar Michaeler das Unternehmen. Wie ist das Verhältnis zu Ihrem Bruder? Sind Sie derjenige, der gern vorprescht, er hingegen eher stoppt?

Genauso ist es. Wir sind wie ein Zweier-Bob. Ich bin der Fahrer. Er ist der Bremser. 

Was zeichnet Ihre Beziehung aus?

Wir haben sehr viele Dinge gemeinsam erfolgreich umgesetzt. Aber nicht alles ist gut gegangen. Wenn wir mal gescheitert sind, hat es nie gegenseitige Vorwürfe gegeben. Das hat uns noch mehr zusammengeschweißt. Du kennst deinen Partner, deinen Bruder erst, wenn es mal nicht gut geht. Ich mag es nicht, wenn jemand hinterher sagt: ,Das habe ich doch gleich gewusst…‘

Wie viele Bettenplätze hat die Falkensteiner Unternehmensgruppe derzeit?

Unsere Hotels und Apartmentanlagen haben derzeit zirka 8.000 Bettenplätze. Rund 2.000 festangestellte Mitarbeiter sind bei uns tätig, in der Hochsaison sogar rund 3.000. 

Sie sind Jahrgang 1958, mithin 66 Jahre. Schon jemals ans Aufhören gedacht?

Im operativen Geschäft durchaus. Mein 37-jähriger Sohn Simon ist im Herbst 2024 in das Unternehmen eingetreten. Da muss man als Vater einen Cut machen, sonst bin ich ihm im Weg. 

Bleibt das strategische Geschäft…

Ohne das kann ich nicht. Aber ob ich mir in unserem Hotel auf Sardinien auf einer Strandliege strategische Gedanken mache oder hier im Büro in Südtirol – das ist egal.

Wird Simon Falkensteiner alleiniger Firmenchef?

Nein. Auch Otmar und Andreas haben Kinder. Ich bleibe aber weiterhin u.a. Aufsichtsratsvorsitzender der Falkensteiner Michaeler Tourism Group.

Was ist wirklich wichtig in einem Unternehmen wie dem Ihrem?

Es darf nicht nur um die Zahlen gehen. Ein bisserl Herz muss auch dabei sein.


Informationen:

Die Falkensteiner Gruppe: www.fmtg.com

Foto: FMTG

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