1725 gelang dem Hirschberger Kaufmann Johann Martin Gottfried ein Geniestreich: er ließ auf dem Landsitz des Grafen Schaffgotsch – der dazugehörenden alten Bleiche – eine Leinenmanufaktur (Untergeschoss) errichten und im Obergeschoss das Familienschloss im barocken Stil. Im Untergeschoss wurde Leinen gebleicht, oben lebte die Familie und empfing hochkarätigen Besuch in den repräsentativen Wohnräumen und dem großen mit barocker Deckenmalerei ausgestatteten Festsaal, dem Delfter Kachelstübchen. Bis 1945 blieb bei wechselnden Besitzern, das Schloss im Familienbesitz.
In der jüngeren Schlossgeschichte ereignete sich Erfreuliches: 2005 wurde der Landsitz von der Familie Hartmann, Nachfahren ehemaliger Schlossbesitzer zurückgekauft, restauriert und 2012 in ein Hotel umgewandelt. Architekt Christopher Schmidt-Münzberg verband Historisches mit Modernem: Barocker Festsaal, Bibliothek, Delfter Kaminstübchen mit 1000 handbemalten Kacheln kontrastiert mit Sandstein und Glas im neuen erweiterten Gebäudeteil.

2021 eröffnete der moderne Hotelanbau: die Zimmer mit Terrasse liegen direkt am Teich, Indoor-Schwimmbad, Sauna, Gym, Massage sorgen für Komfort. Der 16 Hektar große Schlosspark, die drei Teiche mitten in reizvoller Landschaft mit Blick auf die Śnieżka (Schneekoppe) bietet viel Muße. Im Schlossrestaurant Alte Bleiche empfängt Chefkoch Robert Szepielok mit kreativ eigener Interpretation polnischer Küche: frischer Fisch, Wild, auch Halal geschlachtetes Fleisch sind Programm. Unter den Vorspeisen besticht das Hirsch-Tartar: Hirschkarree, geräucherte Mayonnaise, Eigelb, sonnengetrocknete Tomaten, Essiggurken; Suppen: Champagnersuppe mit Garnelen in Tempura oder Flusskrebssuppe; oder Tartar vom Rind De Luxe, Kapern, Essiggurke, Ei.
Als Hauptgerichte bietet die Schlossküche: Entenbrust, Petersilienpüree, Rote Beete, Demi-Glace-Sauce oder Hirschkaree, feuergeröstet Kartoffeln, königlicher Speck, Demi-Glace-Sauce sowie Heilbutt-Filet, Polenta, polnisches Kimchi, Sahnesauce. Zum Dessert: Hausgemachtes Speiseeis und Sorbets, Baskischer Käsekuchen mit Schokolade. Alle Speisen sind sehr zu empfehlen! Ausgesuchte Weine bester Provenienz begleiten das erlesene Menü.
Die legendäre „Burg zu Schutz und Trutz“
In der „Villa Wiesenstein“, die der Berliner Architekt Griesebach im Jugendstil für den großen Dichter und Nobelpreisträger Gerhart Hauptmann zwischen 1900 und 1902 am Berghang in Jagniatków am Fuß des Karkonosze, des Riesengebirges baute, gab es rauschende Feste der Berliner Schickeria. Hier in der „Burg zu Schutz und Trutz“, dem „Arbeitsgefängnis“, wie Theodor Fontane ironisch und neidisch Hauptmann Domizil nannte, entstand das 1912 mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Meisterstück „Die Weber“.

In Agnetendorf, südlich vom traditionellen Kurbad Warmbrunn, östlich von Schreiberhau und westlich von Karpacs/Krummhübel, den beliebten Ferienorten des Hirschberger Tals, gelegen, lebte und arbeitete Gerhart Hauptmann, bis er 1945 starb. Zusammen mit seinem Bruder Carl, Autor des „Rübezahlbuchs“, hatte er bei einer Wanderung 1890 zunächst Schreiberhau entdeckt und sich dort zum Schreiben niedergelassen. Doch um „Die Weber“, das Drama über den Aufstand der schlesischen Heimarbeiter gegen die Einführung der modernen Webmaschinen, schreiben zu können, brauchte er Abgeschiedenheit und Inspiration, die er im Haus Wiesenstein fand.
Seit der Jahrtausendwende ist hier das „Gerhardt-Hauptmann-Haus“, Museum und deutsch-polnische Begegnungsstätte eingerichtet. Imposant präsentiert sich die sogenannte Paradieshalle mit den von Johannes von Avenarius 1922 ausgemalten Jugendstilfresken als Entree. In den oberen Räumen finden sich Porträts Hauptmanns, Erstausgaben der kanonischen Bücher. Ein Film dokumentiert die prekäre Überführung des Leichnams von Hauptmann nach Hiddensee im Jahr 1945.

Südlich der Ortschaft Karpacz, dem einstigen Krummhübel erhebt sich der höchste Berg des Riesengebirges, die 1603 Meter hohe Schneekoppe. Heute muss man in dem hochtouristischen Ort nach ursprünglicher Architektur, Häuser mit holzgeschnitzten Balkonen von denen die schöne Landschaft des Hirschberger Tals und die grandiose Bergkette des Gebirges zu sehen ist, suchen.
Größte Attraktion in Karpacz ist die Kirche Wang, die einzige außerhalb Norwegens erhaltene Stabkirche aus dem 12. Jahrhundert. Sie liegt oberhalb des Städtchens auf 885 Meter Höhe. Einst stand sie in Südnorwegen. 1841 vom Abriss bedroht gelangte sie durch Rettungsversuche von Künstlern und Dank Mäzenatentum König Friedrich Wilhelm IV, der in Karpacz eine Sommerresidenz hatte, hierher. Sehr lohnend ist der Besuch des Museums „Geheimnisse des Riesengebirges“, wo die Berggeister allen voran Rübezahl und ihre unterirdische Welt im neuen digitalen Format kongenial repräsentiert und präsentiert werden.
Informationen:
Polnisches Fremdenverkehrsamt: www.polen.travel/de
Touristische Organisation Niederschlesien: www.dolnyslask.travel
Schlosshotel SPA Wernersdorf: www.palac-pakoszow.pl/de
Museums „Geheimnisse des Riesengebirges“: www. Karkooskietajemnice.pl
Kirche Wang (Stabkirche): www.wang.com.pl
Fotos: Ellen Spielmann