Foodie

Gerichte mit Geschichte im DINS von Sternekoch Santi Taura

Dort warten ein Zwölf- und ein 15-Gänge-Degustationsmenü nur darauf, in vollen Zügen gekostet zu werden – selbstredend mit den passenden mallorquinischen Weinen dazu. À-la-Carte-Gerichte gibt es im DINS nicht. Sie aber kann man auf der Dachterrasse des Hotels in luftigen Höhen neben dem Pool genießen.

Faible für die lukullische Vergangenheit

Santi Taura, wachechter Mallorquiner und Mittvierziger, hat ein besonderes Faible. Er hat sich nach traditionellen Rezepten der balearischen Inseln umgeschaut, Kochbücher aus vergangenen Zeiten gewälzt, Aufzeichnungen und Archiven durchstöbert – stets auf die Suche nach Speisen, die die Römer, Araber, Juden und Christen verzehrt haben. Mallorca und seine Schwesterinseln haben eine bewegte Vergangenheit. Und die Esskultur der jeweiligen Herrscher hat ihre Spuren hinterlassen.

Brot und geräucherte Butter im DINS. Foto: Tarek Serraj
Brot und geräucherte Butter im DINS. Foto: Tarek Serraj

Kaviar nein, Austern ja

Spuren, auf die sich Santi Taura fasziniert begeben hat. Und so kommt bei ihm nichts auf die selbstgetöpferten Teller („Ich habe mal einen Töpferkurs gemacht und das Geschirr hier selbst gefertigt“), was nicht in früheren Zeiten in den Küchen Mallorcas, Menorcas, Ibizas oder Formenteras zubereitet worden ist. „Kaviar oder Jakobsmuscheln zum Beispiel sind bei mir tabu“, erzählt der Küchenchef. „Austern hingegen serviere ich schon manchmal, denn sie standen früher auf den Speisezetteln Menorcas.“

Nicht ohne Originalzutaten

Versteht sich, dass Taura die überlieferten Rezepte nicht einfach 1:1 nachköchelt. „Wir kochen Geschichte und die Originalzutaten bleiben erhalten. Davon rücke ich nicht ab. Doch wir verändern die Textur. Und ja, auch die Präsentation der Speisen.“ Und ein bisschen spielen darf schon auch sein. Denn einen persönlichen, modernen Touch bekommen die raffiniert variierten Klassiker natürlich auch.

Von Perlhuhn bis Felsenfischchen

Was er so auftischt? Escabeche vom Perlhuhn mit Artischocke etwa. Escabeche – in Essig Eingelegtes – ist eine altbewährte Form der Haltbarmachung von Lebensmitteln. Die Säurenote bildet einen gelungenen Auftakt des 15-Gang-Menüs. Es folgt eine „Panada“, gefüllt mit Felsenfischen und Mangold, wobei der Teig nach jüdischem Rezept mit Mehl und Olivenöl per Hand geknetet und nach dem Backen so hauchdünn wie knusprig ist. „Felsenfische sind diese kleinen, nur noch selten genutzten Fischchen, die wenig Fleisch, aber extrem viele Gräten haben und daher aufwändig in der Zubereitung sind“, erläutert Taura, der von Gast zu Gast geht, sich vor jedem niederkniet und so manche Hintergrundstory auftischt. „Doch ich schätze dieses Pescados de roca für ihren sehr vollen, intensiven Geschmack.“

Sternekoch Santi Taura. Foto: Tarek Serraj
Sternekoch Santi Taura. Foto: Tarek Serraj

Es folgt ein hauchdünnes Stück getoastetes dunkles Brot mit der für Mallorca so typischen Paprikastreichwurst Sobrassada samt Honig. Bevor, ja bevor der Duft einer „Granada“, einem vegetarischen Auberginen-Tomaten-Zwiebel-Kuchen, in die Nase zieht. Der Name lässt es ahnen: Arabisch inspiriert ist sie, denn über 300 Jahre (902–1229) waren es die maurischen Emire, die das Sagen auf den Balearen hatten.

Rosa Gabeln, Spiegelei-Butter

Als Brot zum Dinner offeriert Santi Taura gleich einen ganzen Laib aus Johannisbrotmehl, dazu geräucherte Butter im Menorca-Stil. Schön gelb ist sie und wie da auf dem weiß-braunen Untersatz platziert ist, mutet das ganze Arrangement ein bisschen wie ein Spiegelei an … Auch das Besteck ist eigen bei diesem Mahl. Mal kommt es mit Horngriff, mal ist es silbrig gehämmert, dann wieder spindeldürr. Und wer schon immer mal mit einer rosa Gabel essen wollte: Im DINS ist die Gelegenheit dazu.

Eines der ersten Rezepte der Christen auf Mallorca

Die Gangfolge ist schnell. Denn da nahen schon der Tintenfisch samt Zwiebeln und wenig später das Kaninchen mit roten Gambas und Reis aus dem Mallorca-Dorf Sa Pobla. Aus einem Insel-Kochbuch aus dem 13. Jahrhundert stammt das Rezept für das anschließend folgende Spanferkel vom schwarzen Schwein, gefüllt mit Kräutern, Gewürzen, Apfel und einem flüssigen, leuchtend grünen Salat-Sößchen. Es zählt zu den ersten Rezepten der Christen auf der Insel überhaupt.

Dessert. Foto: Tarek Serraj
Dessert. Foto: Tarek Serraj

Landhausküche vom Maestro

Zu guter Letzt noch die Käseplatte sowie allerlei Süßes ganz unterschiedlicher Art. Darunter ein Mandelkuchen-Dessert mit Mandeleis sowie ein Milcheis mit Baiser-Stücken und farbenfroher Blütendeko. Am Ende blickt man zurück auf einen Ausflug in die Küchen der balearischen Bewohner früherer Zeiten. Rustikale Kost zumeist, bodenständig, sorgsam aufpeppt vom dem erst 2020 gekürten Sternekoch Santi Taura.


Information:

DINS, www.dinssantitaura.com 

Fotos: Tarek Serraj

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