Kleine Blasen blubbern unablässig an die Wasseroberfläche. Carlos mindert die Geschwindigkeit seines Motorbootes, bis es fast zum Stillstand kommt. Er deutet auf das Sprudeln im Untergrund. „Hier steigen sie empor, die heißen Quellen von Sirmione“, sagt er.
Thermalquellen im Gardasee: Aus der 69 Grad warme Quelle Boiola tänzelt das Heilwasser lebhaft empor und bringt Mineralstoffe wie Schwefel, Natriumchlorid, Jod und Brom gleich mit. Wellness-Genuss am Gardasee – er hat eine jahrtausendalte Tradition in der Provinz Brescia in der Lombardei.

Denn bereits die Römer frönten vor rund 2.000 Jahren ihrer berühmten Badekultur und ließen es sich auch sonst gutgehen. Zumindest in den gehobenen Gesellschaftsschichten.
Das zeigen unweit besagter Quelle die Überreste einer einst imposanten, römischen Villa – sie eine der größten, die bisher in Norditalien gefunden wurden. Ihr Name: „Grotten des Catull“, Unesco-Welterbe! In bester Panoramalage hoch über dem Wasser sind an der Spitze der Halbinsel von Sirmione ihre Ruinen zu sehen. Dort gehörte selbstverständlich eine Thermalanlage zum luxuriösen Lebensstil der damaligen Zeit.

Für Warmbader ein Paradies
Da macht man es doch am besten gleich wie die Römer – und genießt in Sirmione das wohlig temperierte Nass. Für Warmbader geradezu ein Paradies. Direkt am Seeufer liegt mit der „Terme di Sirmione – Spa & Thermal Garden“ ein Thermalbad der Extraklasse. Das Wasser umhüllt den Körper wohlig mit einer konstanten Temperatur von 34 bis 36 Grad, in den Innenpools ebenso wie in den organisch geformten Außenbecken mit Aussicht.
Am Abend, wenn sich die Dunkelheit langsam über die Weiten des 370 Quadratkilometer großen See senkt, ist es beinahe magisch, dort hinaus ins Freie zu schwimmen – und schwimmend auf den still liegenden See zu schauen. Seine Uferbeleuchtung spiegelt sich im Wasser.

Speisen im Bademantel
Nach dem Bad ist die Haut samtweich. Eine angenehme Müdigkeit befällt die Thermalgänger, der sich in den verschiedenen stylischen Relaxzonen trefflich Raum geben lässt. Höchst praktisch ist es da auch, im dazugehörigen Bad-„Bistrot“ den kleinen Hunger zu stillen. Dort heißt es: Platz nehmen im Bademantel! Höchst unkompliziert und eingekuschelt in Frottee genießen die Gäste die Snacks. Wenn Weelbeing eines der großen Touristikthemen der Zukunft ist, so ist Sirmione jedenfalls bestens vorbereitet.
Denn der kleine Ort mit der prächtigen Scaliger-Wasserburg aus dem 14. Jahrhundert am Ortseingang steht auch für Kulinarik auf höchstem Niveau. Gleich drei Sterne-Restaurants hat es zu bieten: Tancredi, La Rucola 2.0 und La Speranzina.

Ristaurante „Mos“ von Stefano Zanini
Sehr gut essen lässt sich aber auch vis-à-vis: am gegenüberliegenden Ufer der Bucht in Desenzano del Garda. Im Sterne-Restaurant Espanade. Oder im historischen Kern direkt am Hafen, wo Stefano Zanini in seinem ersten eigenen Restaurant „Mos“ mit Leidenschaft und lokalen Produkten aufkocht.
Was ihm bereits eine Erwähnung im Guide Michelin eingebracht hat. Schließlich hat er die ehemalige Trattoria zu einem Ziel für Liebhaber der feinen Küche gemacht. Seiner Oma Franca sei Dank. „Sie war es, die mich zum Kochen inspiriert hat“, erzählt Stefano Zanini. Insgesamt drei Jahre Aufenthalt in Paris, Kopenhagen und Helsinki haben ein Übriges getan.

Renke trifft Zedrat-Zitronen
Frischer Fisch direkt aus dem See, Fleisch aus der Umgebung, Obst und Gemüse aus der Region und das super-charmante Lächeln von Stefano machen das Lokal so besonders. Das Sauerteigbrot dort ist selbstgebacken.
Die Renke als Vorspeise etwa aromatisiert er mit den – für den Gardasee so typischen – Zedrat-Zitronen, gesellt Forellenkaviar, knackige Salatblätter und etwas Béarnaise dazu. Dem köstlichen Risotto wiederum gibt er durch Schleie seine besondere Note, gepaart mit einem Öl aus lokalen Casaliva-Oliven, dem er durch geröstete Zitronenschale einen erfrischenden Zitrustouch verleiht.

So wird auch der Koch glücklich!
Es schmeckt so gut, dass man am liebsten den Teller abputzen möchte. Bitte sehr, das ist ausdrücklich erwünscht! Bloß keine Scheu. Mehr noch: Es ist die schönste Ehrerbietung, die man einem Koch entgegenbringen kann und ganz und gar nicht verpönt.
Das herrliche Vergnügen nennt sich „Scarpetta“. Es ist die Kunst, mit einem – zum „Schühchen“ (Scarpetta) geformten – Stück Brot auch noch den allerletzten Rest Sauce vom Teller aufzunehmen. Als Hommage an jeden Küchenchef. Und der Beweis: Es hat geschmeckt. Aber so richtig!

Landpartie zum Bio-Weingut
Und verwöhnen kann nicht nur Stefano. Die Familie Bertola steht ihm in dieser Hinsicht auf ihrer traditionsreichen und biologisch arbeitenden Azienda Agricola Pratello im kleinen, mittelalterlichen Padenghe sul Garda in nichts nach.
Das zirka 140 Hektar große Wein- und Landgut von 1867 westlich des Gardasees bietet nicht nur exzellente Verkostungen von Weinen, Vermouth und Tagliere, sondern serviert auch köstliche Vesperplatten, üppig bestückt zum Beispiel mit Mortadella, Salami, Speck, Ziegenkäse, Grana, Zwiebel-Jam…

Die Gäste haben dort auch die Möglichkeit, in den Zimmern und Suiten in einem authentischen Landsitz zu übernachten. Dabei hat dort durchaus auch die Moderne Einzug gehalten. So lädt der neue Spa-Bereich „Chiostro del benessere“ ins Reich der Entspannung ein. Woran man sieht: Der Gardasee und seine Umgebung sind einfach ideal zum Abtauchen.
Tipp für Kunstfreunde
Und wer in eine außergewöhnliche Kunstwelt eintauchen möchte, sollte dem nahegelegenen Privatmuseum MarteS (Museo d’Arte Sorlini) einen Besuch abstatten. Versteckt in dem kleinen Ort Carzago di Calvagese della Riviera zwischen Gardasee und Brescia ist die Sammlung so spektakulär wie unerwartet. MarteS ist das Museum von Luciano Sorlini (1925-2015), ein beherzter, von einer unbändigen Sammelleidenschaft beseelter Unternehmer, der in seiner großen Villa aus dem 17. Jahrhundert wahre Kunstschätze zusammengetragen hat.

Namhafte Meister im Privatmuseum
Dabei traf es sich gut, dass Sorlini über die nötigen Mittel verfügte. Jedenfalls schaffte er es, in über 50 Jahren eine Kollektion von 180 Gemälden aufzubauen. Darunter sind allen voran venezianische Arbeiten aus dem 14. bis 19. Jahrhundert, die in 14 Räumen auf über 1.000 Quadratmetern zu sehen sind.
Wenn schon, denn schon, mag sich der Signore gesagt haben. Denn namhafte Meister sind vertreten: Giambattista Tiepolo, Sebastiano Ricci oder Canaletto. Üppige Kronleuchter aus kostbarem Murano-Glas ergänzen die Schau.

Zahlreiche Events zum 100. Geburtstag
Im Jahr 2025 wartet das Museum zum 100. Geburtstag von Luciano Sorlini mit einer Vielzahl ausgesuchter, kultureller Events auf. Dazu gehören Konzerte, Open-Air-Kino, Workshops für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Es sind Veranstaltungen, die mit dem Thema „Bildende Kunst“ nicht immer unmittelbar etwas zu tun haben. Das Ziel ist ein anderes: die Schönheit in ihren vielfältigen Nuancen zu zeigen …
Informationen:
Foto: Kirsten Lehmkuhl, Visit Brescia, MarteS