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Frauen in der Männerdomäne Whisky (Teil 1)

Vom illegalen Brennen, dem Weg einer Stenografin zur ihrerzeit einzigen Destillerybesitzerin oder als weibliche Master Blender: Die Rolle der Frau in der über 500-jährigen Geschichte des Whiskys und Whiskyindustrie hat sich im Laufe der Zeit drastisch weiterentwickelt. Zum Internationalen Frauentag am 8.3. erhebt KULINARIKER mit VisitScotland das Glas auf jene Frauen, die die vermeintliche Männerdomäne Whisky entscheidend geprägt haben und auf die Whisky-Heldinnen von heute.

Helen Cumming – Cardhu Distillery, Speyside

Helen Cumming und ihr Ehemann John, ein Whiskyschmuggler, betrieben die Cardow Farm, die wenig später, im frühen 19. Jahrhundert, als Cardhu bekannt wurde. Die Lage der Farm in der Region Speyside in der Nähe von Archiestown, Moray war dank ihres einfachen Zugangs zu Wasser und Torf perfekt geeignet für die illegale Whiskybrennerei. Während ihr Mann die Felder bewirtschaftete, arbeitet Helen jahrzehntelang illegal an den Brennkesseln.

Um die Steuereintreiber hinters Licht zu führen, buk Helen stets frisches Brot, das den Geruch der Gärung überdeckte, lud sie zum Essen ein und hisste an der Hintertür eine rote Fahne, um andere Brennereien zu warnen – denn von denen gab es viele. Als das Verbrauchsteuergesetz von 1823 das legale Destillieren ermöglichte, kauften die Cummings eine Lizenz – Cardhu ist somit die erste Brennerei, die offiziell von einer Frau gegründet wurde.

Cardhu ist eine Speyside-Brennerei. 1893 kauften John Walker & Sons die Cardhu-Brennerei, Elisabeth Cummings Whisky wird ein entscheidender Bestandteil des Johnnie Walker Black Label. Foto: visitscotland, Damian Shield, John Duncan, Paul Tomkins
Cardhu ist eine Speyside-Brennerei. 1893 kauften John Walker & Sons die Cardhu-Brennerei, Elisabeth Cummings Whisky wird ein entscheidender Bestandteil des Johnnie Walker Black Label. Foto: visitscotland, Damian Shield, John Duncan, Paul Tomkins

In späteren Jahren wurde die Brennerei an Helens Schwiegertochter Elizabeth Cumming weitergegeben. Elizabeth übernahm den Betrieb der Brennerei und machte sich daran, den Geschmack und den Charakter des heute bekannten und geliebten Whiskys zu verfeinern.

Elizabeth Leitch „Bessie“ Williamson – Laphroaig Distillery, Islay

Elizabeth Leitch „Bessie“ Williamson war eine schottische Destilleriemanagerin und ehemalige Besitzerin der Laphroaig-Destillerie. Sie war die einzige Frau, die im 20. Jahrhundert eine schottische Whiskybrennerei besaß und betrieb. Bessie kam für einen Ferienjob als Stenografin zu Laphroaig und stieg letztlich zur Büroleiterin auf.

Als Ian Hunter, der Besitzer der Brennerei, 1938 einen Schlaganfall erlitt, übernahm sie die Verantwortung für den Warenexport in die Vereinigten Staaten. Zum Ausbruchs-Zeitpunkt des Zweiten Weltkriegs, war sie bereits die hauptberufliche Managerin der Brennerei. Als die Produktion eingestellt wurde, um die Kriegsanstrengungen zu unterstützen, gelang es ihr, die Sicherheit der Brennerei zu gewährleisten und Plünderungen zu verhindern.

Nach Kriegsende konnte die Produktion so erneut aufgenommen werden und nach dem Tod von Ian Hunter erbte Bessie eine Mehrheitsbeteiligung an der Brennerei. Sie reiste in den folgenden Jahren vermehrt in die USA, um Laphroaig und die Scotch Whisky Association in ihrer Rolle als amerikanische Markenbotschafterin bekannt zu machen.

Es wird inzwischen allgemein anerkannt, dass sie das enorme Interesse an Single Malt Whisky schon damals vorhergesehen hat.

Die Laphroaig-Brennerei an der Südküste der Isle of Islay ist eine Islay Single Malt Scotch Whisky-Brennerei, benannt nach dem Gebiet an der Spitze des Loch Laphroaig. Foto: visitscotland, Damian Shield, John Duncan, Paul Tomkins
Laphroaig distillery is an Islay single malt Scotch whisky distillery. It is named for the area of land at the head of Loch Laphroaig on the south coast of the Isle of Islay

Rita Cowan – Nikka Whisky, Japan

Die Schottin Rita Cowan prägte die japanische Whiskyindustrie nachhaltig. 1896 in East Dumbartonshire geboren, studierte sie an der Universität von Glasgow, lernte dort den japanischen Chemiker Masataka Taketsuru kennen. Sie verliebten sich und heirateten 1920 in Schottland, bevor sie mit einem gemeinsamen Traum nach Japan zogen: in Japan einen Whisky nach schottischer Art herzustellen. Fünfzehn Jahre später konnten sie sich die Finanzierung für die Errichtung einer eigenen unabhängigen Brennerei, Dai Nippon Kaju, sichern, aus der später die Nikka Distilling Company wurde.

Die Brennerei befand sich in Yoichi auf der Insel Hokkaido – einem Ort, den sie deshalb auswählten, weil er in seinem Klima und seiner Geografie Schottland ähnelte. Sie hofften, hier einen Whisky mit dem Charakter und der Qualität eines Scotchs herstellen zu können. Rita Cowan wird heute oft als „Mutter des japanischen Whiskys“ angesehen.

Japanischer Whisky erfreut sich längst großer Beliebtheit in aller Welt und hat zahlreiche Auszeichnungen für seine Qualität erhalten – mit dieser Anerkennung geht vermehrt auch eine zunehmende Würdigung von Cowans Leistung einher.

Die Whisky-Heldinnen von heute

Rachel Barrie ist eine der bekanntesten Master Blender in der Whisky-Welt und eine von nur „einer Handvoll“ weiblicher Master Blender. Inzwischen hat sie über ein Vierteljahrhundert Erfahrung in der Branche.

Ihre Karriere beginnt sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Scotch Whisky Research Institute, wo sie den Geschmackscharakter bei der Destillation und Reifung optimiert.

Anschließend wechselt sie zur Produktion bei The Glenmorangie Company, wo sie an den Single Malts Glenmorangie, Ardbeg und Glen Moray sowie an den Blends Bailie Nicol Jarvie und Martin‘s arbeitet: 2003 wird sie Master Blender. Während dieser Zeit verwaltet Rachel auch die Lagerbestände für die „Scotch Malt Whisky Society“ und gewinnt so einen tieferen Einblick in viele weitere Brennereien.

Sie wechselt 2011 zu Morrison Bowmore Distillers, wo sie die Whiskys für Bowmore, Auchentoshan und Glen Garioch Single Malts entwickelt und zuletzt auch mit Laphroaig und Ardmore zusammenarbeitet. Im Jahr 2017 tritt Rachel der Brown-Forman-Familie als Master Blender für die Brennereien The GlenDronach, BenRiach und Glenglassaugh bei.

Made by nature, not by rules, so das Motto von Annabel Thomas, Gründerin und CEO, Nc’Nean Whisky, Highland. Foto: visitscotland, Damian Shield, John Duncan, Paul Tomkin
Made by nature, not by rules, so das Motto von Annabel Thomas, Gründerin und CEO, Nc’Nean Whisky, Highland. Foto: visitscotland, Damian Shield, John Duncan, Paul Tomkin

* Information zum Titelfoto:

Sarah Burgess: Sarah Burgess leitet die Glenkinchie-Brennerei in East Lothian. Sie kümmert sich um alles, was Zollanforderungen betrifft, um Gesundheit und Sicherheit zu gewährleisten und sicherzustellen, dass das Produkt der Glenkinchie-Brennerei von guter Qualität in den richtigen Mengen herstellt wird.

 

Informationen:

Helen Cumming – Cardhu Distillery, Speyside:

www.malts.com/en-row/distilleries/cardhu/history-of-cardhu 

Elizabeth Leitch „Bessie“ Williamson – Laphroaig Distillery, Islay:

www.laphroaig.com/gb/brand-house-history-heritage 

Rita Cowan – Nikka Whisky, Japan

www.nikkawhisky.eu/nikka-story/ 

Die Whisky-Heldinnen von heute:

Rachel Barrie – Master Blender, BenRiach, GlenDronach, Glenglassaugh, Speyside:

www.benriachdistillery.com/en-gb/ 

Annabel Thomas – Gründerin und CEO, Nc’Nean Whisky, Highland:

www.ncnean.com 

Kirsty Black – Master Distiller, Arbikie, Highland:

www.arbikie.com 

Emma Walker – Master Blender, Johnnie Walker:

www.johnniewalkerprincesstreet.com 

Kirsteen Campbell – Master Whisky Maker, The Macallan, Speyside:

www.themacallan.com/en/distillery 

Miss Whisky: 57 Frauen im Whisky-Business:

http://misswhisky.com/whisky-women/

VisitScotland

www.visitscotland.com 

Fotos: visitscotland, Damian Shield, John Duncan, Paul Tomkins

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