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Föhr: Eine Insel setzt auf Green

Hinter diesem Wort verbirgt sich ein Netz von Partnern, die sich in ihren jeweiligen Branchen, wie Ferienunterkünften, Hofläden oder Gastronomie für mehr Nachhaltigkeit engagieren. Mit der Umsetzung von „FÖHRgreen“ soll die grüne Insel im Herzen des UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer auch langfristig als Urlaubsdestination und Lebensraum erhalten bleiben.

Käse von cremig bis würzig

Seit 2010 betreibt die Familie Hartmann in Alkersum neben der Landwirtschaft ein Hofcafé und einen gut sortierten Hofladen mit selbstgemachten Produkten, Marmelade, Eierlikör, frischen Föhrer Eiern, feinen Wurstwaren, heimischem Wein, Nudeln, Föhrer Senf, Schafsfelle, Öle und noch vielem mehr. Ein Fokus liegt seit 1993 auf der Rohmilchkäseproduktion. Mittlerweile wird der gesamte Einzelhandel auf der Insel mit dem Käse beliefert. Jens Hartmann stellt den Käse aus frischer Rohmilch das ganze Jahr über her. Vom jungen, milden bis zum lang gereiften und würzigen Käse sind es sieben verschiedene Sorten.

Von der Wiese in die Flasche

Erst vor sieben Jahren ist Arne Arfsten vom Steensielhof in Wyk-Boldixum auf den Geschmack von köstlichem Apfel- und Birnenmost gekommen. Die Geschichte der Föhrer Apfelsaftmanufaktur begann mit 25 Obstbäumen auf einer Streuobstwiese. Inzwischen sind es 60 Sorten und 150 Bäume. Angepflanzt werden hauptsächliche alte Sorten, wie Ingrid Marie, Jonathan, der Altländer Pfannkuchen, der Klarapfel oder auch die Bürgermeisterbirne. Im Herbst beginnt die Arbeit in der kleinen Handmanufaktur. Nachdem die Äpfel von Hand gewaschen wurden, werden sie im Häcksler zerkleinert.

Köstlicher Apfel- und Birnensaft vom Steensielhof in Wyk-Boldixum. Foto: Carola Faber
Köstlicher Apfel- und Birnensaft vom Steensielhof in Wyk-Boldixum. Foto: Carola Faber

Die Maische wird in gewebten Tüchern zu Päckchen verpackt und in der Obstpresse weiterverarbeitet. Anschließend kommt der Saft in große Abkochtöpfe und wird bei 80 Grad Celsius langsam und aromaschonend erhitzt und abgefüllt. Das Produkt aus fünf bis sechs verschiedenen Apfel- oder Birnensorten ist erstklassig. Neben dem naturtrüben Saft gibt es seit 2019 zwei weitere lohnenswerte Getränke. Die „Föhrer Deern“ ist ein Mixgetränk aus dem Föhrer Apfelsaft und einem Bitter Aperitif; der „Föhrer Jung“ besteht aus einer gelungenen Mischung aus dem Föhrer Apfelsaft und Gin.

Hinrichsens Inselwhisky

Jan Hinrichsen kann auf eine fast 400 Jahre alte Familientradition zurückblicken. Wie für die Föhrer üblich, wanderten im Laufe der Zeit einige Familienmitglieder in die USA aus. Manche blieben dort, bauten sich Existenzen auf, andere kehrten zum landwirtschaftlichen Betrieb zurück. Bei einem Verwandtschaftsbesuch in den USA entdeckte Jan Hinrichsen seine Leidenschaft für Whisky. „So haben wir uns den Traum einer eigenen Distillery zur Whiskyherstellung erfüllt. Es ist eine besondere Lage inmitten des Nationalparks Wattenmeer, wir verfügen über beste Föhrer Rohstoffe und die behutsame Verarbeitung auf unserem Hof in Dunsum sorgt für das einzigartige Produkt“, berichtet Jan Hinrichsen. Alle Verarbeitungsschritte erfolgen auf dem Hof, vom Anbau des Biogetreides bis hin zum fertigen Produkt – das dürfte deutschlandweit einmalig sein.

Jan Hinrichsen beim Whiskytasting. Foto: Carola Faber
Jan Hinrichsen beim Whiskytasting. Foto: Carola Faber

Die nachhaltige Bewirtschaftung unter ökologischen Aspekten ist für den Betrieb selbstverständlich. Das Mälzen des Getreides erfolgt in Handarbeit. Anschließend wird das fertige Malz mit dem Föhrer Grundwasser der sandigen Geest verarbeitet. Herzstück der hofeigenen Whiskyproduktion ist die Brennblase aus Kupfer. Gelagert wird der Whisky nur 500 Meter vom Meer entfernt auf dem Reifeboden. Da der deutsche Whisky eine Lagerpflicht von drei Jahren hat, wird vorerst der junge Malt-Spirit angeboten. Erste Kostproben mit den feinen Fruchtaromen und maritimen Noten überzeugen sofort von dem Potential dieses friesischen Whiskys.

Fisch, Romantik und Design

Ein Spaziergang durch das malerische Nieblum lohnt sich nicht nur wegen der urigen Kapitänshäuser, dem Kopfsteinpflaster und dem eindrucksvollen Friesendon St. Johannis. Viele kleine individuellen Geschäfte, Cafés und Restaurants sind bei den Stammkunden beliebt. Darunter gilt Käpt’n Nolte Fisch & Feinkost sogar als Institution, bei den Touristen wie auch bei den Einheimischen. Jörg Nolte und Alfonso sind für ihre schmackhafte Auswahl an Meeresfrüchten, Geräuchertem, feinen hausgemachten Salaten und andere Feinkost, wie der frische Fisch, die Krabben von Krabben & Fisch Tönning oder die Austern von List auf Sylt bekannt.

Wer einen Platz findet, kann die Fischgerichte gleich im Ladengeschäft oder auf dem kleinen Dorfplatz gegenüber genießen. Als Geheimtipp unter den Desingern der Insel gilt Katharina Blum. Mit einem ausgeprägten ästhetischen Gefühl verwandelt sie in ihrem Atelier in einer Wyker Seitengasse recycelte Textilien, Leder- und Stoffreste in hochwertige Kleidung und Accessoires. „Dieses Atelier ist für mich wie ein Spielzimmer. Hier kann ich aus Gebrauchtem Neues kreieren. Das bereitet mir viel Freude und erfüllt mich“, freut sich die Designerin. Sehr gern fertigt sie aus ehemaligen Kite-Schirmen Rucksäcke, Etuis oder Kulturtaschen.

Jörg Nolte (links) und Alfonso sind für ihre schmackhafte Auswahl an Meeresfrüchten bekannt. Foto: Carola Faber
Jörg Nolte (links) und Alfonso sind für ihre schmackhafte Auswahl an Meeresfrüchten bekannt. Foto: Carola Faber

Die ursprüngliche Verwendung ist nicht mehr erkennbar. Nur ein kleiner Zettel an den Unikaten erinnert wie zum Beispiel bei einem zarten Stifte-Etui daran: „Ich war einmal ein Drachen, der abenteuerbegeisterten Surfern das Gefühl von Schwerelosigkeit gegeben hat, wenn sie über das Wasser segelten. Nun bin ich wiedergeboren in neuer Form und neuem Design“.

Walfanggeschichten und hochkarätige Kunst

Tief eintauchen in die bewegte Geschichte der Insel ermöglicht ein Rundgang durch das Dr.-Carl-Häberlin-Friesen-Museum. Schon das Betreten des großzügigen Geländes durch die mächtigen Blauwalkieferknochen ist eindrucksvoll. Von der Geologie, Archäologie, Naturkunde, dem Seebad, Handwerk, Volkskunde und Brauchtum bis zur spannend aufbereiteten Walfang- und Seefahrgeschichte sind breit gefächerte Dauerausstellungen sowie regelmäßig wechselnde Sonderausstellungen zu sehen. Auf dem Außengelände des Museums steht das älteste erhaltene Haus der Insel Föhr aus dem Jahr 1617.

Ein inspirierendes Erlebnis verbirgt sich unter dem Namen Museum Kunst der Westküste (MKdW). In einem Museumskomplex in Alkersum befindet sich eine hochkarätige Gemäldesammlung zum Thema „Meer und Küste“ mit Werken von bekannten Künstlern, wie Max Liebermann, Emil Nolde, Max Beckmann und Edvard Munch. Ergänzt wird die Ausstellung mit zeitgenössischer Kunst. Darunter befinden sich auch Werke des Programms Artist in Residence, denn das MKdW bietet internationalen Künstlern, deren bisher geschaffenes Werk eine Verbindung zum Museumsprofil aufweist, die Möglichkeit zu einem Inspirations- und Arbeitsaufenthalt auf der Insel Föhr.

Zeitgenössische Kunst ist im Museum Kunst der Westküste MKdW zu sehen. Foto: Carola Faber
Zeitgenössische Kunst ist im Museum Kunst der Westküste MKdW zu sehen. Foto: Carola Faber

Tipp: Unter einem Manhattan ist auf der Insel das Föhrer Nationalgetränk zu verstehen. Das Kultgetränk wurde von den zurückkehrenden Amerika-Auswanderern auf die Insel mitgebracht. Dieser Cocktail, der aus je einem Drittel Whisky, rotem und weißem Wermut sowie einer Cocktailkirsche besteht, wird auf Föhr als gekühlter Aperitif zu jeder Gelegenheit gereicht.


Informationen:

Föhrer Inselkäse (FÖHRgreen Manufaktur), https://www.foehrer-inselkaese.de

Föhrer Saftmanufaktur (FÖHRgreen Manufaktur), https://www.foehr.de/freizeitangebote/wyk/a-foehrer-saftmanufaktur

Hinrichsens Familienfarm (FÖHRgreen Manufaktur), https://www.hinrichsens-farm.de/

Käpt’n Nolte Fisch&Feinkost, https://www.kaeptn-nolte.de/index.html

blum – Upcycle Design & Bekleidungskunst (FÖHRgreen Manufaktur), https://www.blum.is

Dr.-Carl-Häberlin-Friesen-Museum, https://www.friesen-museum.de

Museum Kunst der Westküste, https://www.mkdw.de/

Friesenhof Nieblum, https://www.friesenhof-foehr.de/

FÖHRgreen, https://www.foehr.de/foehrgreen

Föhr, https://www.foehr.de

Fotos: Carola Faber

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