Ein bezauberndes Bild. Wie eine Fata Morgana. Der prägende erste Eindruck bleibt. Er vertieft sich sogar. Schnell wird der Besucher von dem Charme einer besonderen Welt der 82 Quadratkilometer großen Nordseeinsel, seinen schmucken Ortschaften mit den hübschen Häusern und deren engagierten Bewohnern mitgenommen. Auf Föhr werden noch Traditionen gelebt, gleichzeitig aber auch innovative Ideen eingebracht. So lautet eine aktuelle Kampagne „FÖHRgreen“. Hinter diesem Wort verbirgt sich ein Netz von Partnern, die sich in ihren jeweiligen Branchen, wie Ferienunterkünften, Hofläden oder Gastronomie für mehr Nachhaltigkeit engagieren. Mit der Umsetzung von „FÖHRgreen“ soll die grüne Insel im Herzen des UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer auch langfristig als Urlaubsdestination und Lebensraum erhalten bleiben.
Boschmeier und Hein Meier
So werden bei der Borgsumer Landbäckerei die Brot- und Backwaren noch in liebevoller Handarbeit hergestellt, und das seit mehr als 100 Jahren. „Wir backen gern nach alten Rezepten, verbinden diese aber mit unseren eigenen Ideen“, berichtet Meiken Jensen. In der modernen Traditionsbäckerei wird ganz bewusst auf Geschmacksverstärker verzichtet und die Teige erhalten ihre nötige Ruhe- und Reifezeit. Wenn möglich, verwendet Bäckermeister Erik Jensen nur regionale Zutaten. Die Marmelade kommt von gegenüber, die Eier aus dem Dorf, das Bier aus Borgsum und das Obst wird entsprechend der Saison verwendet. Hinter den Produktnamen, wie Moonbelk, Strunluuper oder Hein Meier stecken häufig alte Geschichten. So sind die Mehrkornbrötchen mit dem Namen Boschmeier, nach den Borgsumer Hualewjonken, den größten Spitzbuben der Insel benannt. „Uns macht es richtig Spaß, Neues und Traditionelles zu verbinden. Wer hier arbeitet sollte am besten das Föhrer Friesisch sprechen können, oder es zumindest verstehen“, schmunzelt Meinken Jensen. Rund 3.000 Insulaner sprechen heutzutage noch „Fering“, das Föhrer Friesisch.
Pilsener Hünjmots vom Biar Brauhüs
„Hochdeutsch ist für mich fast wie eine Fremdsprache“, sagt Volkert Martens, der seine Leidenschaft für das Bierbrauen vor zehn Jahren entdeckte. „Ich hatte damals dazu Lust und man sollte doch das machen, was einem Spaß macht“, begründet der ehemalige Tischler seine neue Profession. Seit 2018 produziert Volkert Martens in seinem Biar Brauhüs vom Abwiegen des Malzes bis zum Etikettieren der einzeln abgefüllten Bierflaschen – ganz in Handarbeit – drei schmackhafte Hauptsorten, das milde Schwarzbier „Jonk“, ein fruchtig hopfenbetontes India Pale Lager „Holeweeder“ und das Pilsener „Hünjmots“. Die kreativen Rezepte, bei denen bewusst auf Filtration und eine Wärmebehandlung verzichtet wird, knüpfen an friesische Traditionen an. Ideenreich zeigt sich Volkert Martens in der Namensfindung, denn jedes Bier erzählt eine eigene Inselgeschichte. So heißt es über das Hünjmots: „Man munkelt, zu Seefahrerzeiten waren die Friesenfrauen und Kinder oft auf sich allein gestellt. Gemeinsam wurde angepackt, im Haushalt, Stall, auf der Jagd und im Garten. Die Kinder suchten unter schattigem Geäst der kahlen Geest nach schmackhaften Pilzen (hünjmotsen), welche den kostbaren Mahlzeiten der Mutter den letzten Pfiff verliehen. Zu Pilzgerichten kredenzte Muttern vorzugsweise Biar nach Pilsener Brauart.“
Der Eisbär auf der Flasche
Ein Eisbär ziert die Etiketten der Flaschen vom Weingut Waalem. Als gefährdete Tierart durch die Klimaveränderung symbolisiert er die Bedrohung der Insel Föhr durch den zunehmend steigenden Wasserspiegel. Der Inhalt der Flaschen überrascht. Der Wein des zweitnördlichsten Weinguts Deutschland aus den Sorten Johanniter und Solaris wirkt frisch und fruchtig, unterlegt von einer zarten Eleganz.
Der Waalem Kul enthält Aromen von Stachelbeeren, Zitrusfrüchten, Äpfeln und Birnen. Der Waalem Brut, eine klassische Flaschengärung, gefällt mit seiner Klarheit und Spritzigkeit, während der charakterstarke Réserve Waalem neben Saftigkeit durch einen langen Nachklang überzeugt. Angefangen hat die Geschichte des Weinbaus auf Föhr im Jahr 2009 als Landwirt Christian Roeloff aus Suederende die ersten zwei Hektar mit Reben bepflanzte. Inzwischen sind es fast fünf Hektar in Nieblum und Alkersum. Zusammen mit seinem Sohn Lenz, der nach der Winzerlehre in Geisenheim Weinbau studierte, erzielt die ehemalige Seefahrerfamilie internationale Erfolge Beim Internationalen Piwi-Weinpreis 2020 wurden der Réserve Waalem 2019 und der Waalem Brut 2017mit Gold und der Waalem Kul 2019 mit Silber ausgezeichnet. Schmackhaft ist auch der Fering Dringer (Föhrer Jungs / Friesische Jungs) by Waalem, eine Cuvée des Föhrer Weins mit rheinhessischem Wein.
Süße Minikrebse
„Die Idee zu unserer Bonbonmanufaktur Föhrer Snupkroom entstand vor einigen Jahren beim Grillen“, erinnert sich Enken Brodersen. Erst 2012 nahm die Vision Gestalt an, als die Bonbonmacherin eine historische Bonbon-Walzenmaschine, die vor über 100 Jahren von Thomas Mills & Brothers in Philadelphia gefertigt worden war, erwarb. Bis dahin tüftelte sie intensiv an der idealen Kombination zwischen Temperatur und Konsistenz für die süßen Kunstwerke. Heute gehört der bunte Laden nicht nur zu den Kinderträumen. Eigentlich gerät so ziemlich jeder ins Staunen, wer das kleine Ensemble in Oevenum betritt, wo schon früh morgens der süße Duft von geschmolzenem Zucker in der Luft liegt und wo mit viel Muskelkraft die kleinen süßen Versuchungen geformt werden. Ideen für immer neue Motive scheinen dabei nie auszugehen. Ist ein Bild erst einmal fertig, folgt gleich ein weiteres. Bienen, Blumen, Krebse, Surfer, Anker – alles im Miniaturformat.
Informationen:
Borgsumer Landbäcker (FÖHRgreen Manufaktur), https://landbaecker-foehr.de
Biar Brauhüs (FÖHRgreen Manufaktur), https://www.biar-brauhues.de/
Weingut Waalem, https://www.weingut-waalem.de
Föhrer Snupkroom, https://foehrersnupkroom.de
Dr.-Carl-Häberlin-Friesen-Museum, https://www.friesen-museum.de
Museum Kunst der Westküste, https://www.mkdw.de/
Friesenhof Nieblum, https://www.friesenhof-foehr.de/
FÖHRgreen, https://www.foehr.de/foehrgreen
Föhr, https://www.foehr.de
Fotos: Carola Faber