Dieses Florentiner Ballspiel, eher eine Mischung aus Rugby und Fußball, reißt seit Jahrhunderten die Menschen in seinen Bann – und gilt als eine der Geburtsstätten des Fußballs schlechthin. Natürlich spielt hier auch die seit 1865 aufragende Marmorstatue von Dante Alighieri eine große Rolle. Dem Schöpfer der „Göttlichen Komödie“ halten die Florentiner traditionell die Treue – auch, weil er bei der Florentiner Obrigkeit nicht immer gelitten war und schließlich sogar unverdient weichen und ins Exil gehen musste.
Heute dient der Platz natürlich auch für politische Zusammenkünfte oder für den Florentiner Weihnachtsmarkt, einen der besten in Italien. Und schließlich ist hier natürlich auch die Basilika Santa Croce: ein Wunderwerk der Baukunst, die größte Franziskanerkirche überhaupt, dazu gleichzeitig ein wahres Pantheon der Arnostadt, wenn nicht gar beinahe ganz Italiens. Hier liegen italienische Kunst- und Geistesgrößen begraben, alle voran Machiavelli und Michelangelo, Galileo Galilei oder Gioachino Rossini.
Ursprünglich war der Platz einmal eine von zwei Arno-Flussarmen umspülte Insel, ehe man sich daran machte, den unberechenbaren Fluss ein wenig zu zähmen – was bekanntlich nicht hundertprozentig gelang. Aber es siedelten sich dann ringsum jene Florentiner hier an, die fortan viel dafür taten, den unersättlichen Bauch von Florenz mit jenen vielen nötigen Zutaten zu versorgen, die die weltweit geschätzte toskanische wie auch die Florentiner Küche ausmachen. Gleich um die Ecke, quasi Tür an Tür mit der Basilika, befindet sich der Canto del Ramerino. „Ramerino“, das ist die toskanische Bezeichnung für Rosmarin, der sonst in Rest-Italiens natürlich „rosmarino“ genannt wird.
Aber in der Stadt Dantes, der ebenfalls den toskanischen Dialekt bevorzugte, wird eben auch noch bis heute toskanisch parliert. Eine Gedenktafel am Eck erinnert daran, dass hier einst Rosmarin und die Straße entlang weitere zahllose Kräuter für den heimischen Küchenherd verkauft wurden. Und vom Rosmarin wurde reichlich benötigt. Denn allein schon für das heißgeliebte, schon seit dem Mittelalter gebackene Florentiner Pan di Ramerino, ein süßes Rosinenbrötchen, das mit Olivenöl gebacken wird, das wiederum mit Rosmarin aromatisiert wird, waren stets Büschel des Zauberkrauts nötig. Direkt gegenüber dem Rosmarineck hält das Ristorante „Canto del Ramerino“ heute diese Tradition drinnen wie sommertags auch draußen aufrecht.
Klar, ein Teil des Ristorante ist sogar als Pizzeria ausgewiesen, denn der überwiegende Teil der hier einkehrenden Gäste stammt aus Florenz selbst. Dies, obschon Santa Croce natürlich ein touristischer Hotspot ist. Hier trifft sich die Nachbarschaft, hierher eilen auch Studenten der umliegenden Fakultäten, hier steht man abends auch auf der Straße zum regen Austausch über die tagesaktuellen Vorkommnisse.
Natürlich wird bei solcher Gelegenheit erst einmal ein Aperitif fällig, den die junge, höchst aufmerksame Crew des „Canto del Ramerino“ zügig bereitstellt. Aber es muss auch nicht immer ein Aperol oder Campari Spritz. Die große, gut sortierte Weinkarte bieten genügend Optionen für angenehme Starts mit Weiß- und Rotweinen sowie Rosé-Weinen aus der Toskana, die aktuell absolut angesagt sind. Wir wählen einen wunderbaren, tief rubinroten Chianti Classico Aziano 2018, der bestens zu toskanischen Gerichten. Vor allem Suppen oder Gegrilltem passt.
Aber natürlich mundet er auch zu den georderten Crostini, die hier traditionell nicht nur mit Tomaten, sondern auch mit weißen Bohnen und natürlich als Antico Crostino Toscano mit Hühnerleber-Paté serviert werden. Eine höchst positive kulinarische Überraschung ist indes eine andere Vorspeise: der Sformato di carciofi. Diese im Förmchen mit Käse überbackenen Artischocken sind ein Gedicht! Danach fällt die Wahl nicht mehr schwer: Ob die klassischen Pappardelle al cinghiale, die breiten Bandnudeln mit Wildschweinragout als erster Gang oder als Hauptgang Ossobuco alla Fiorentina, Kalbshaxe, die anders als das Original aus Mailand nicht geschmort, sondern in fruchtiger Tomatensauce gekocht wird. Dazu ordert man eventuell noch frisch zubereiteten Spinat als Beilage – alles wunderbar!
Danach werden Grappa und Espresso fällig, eher es in die Nacht hinaus geht. Wer dann noch auf dem Spaziergang durchs Viertel ein Käuzchen vom Turm von Santa Croce hört, ist komplett am richtigen Ort. Immer etwas los ist nur wenige Straßen weiter im Literaturcafé Le Murate. Le Murate, da war einst ein Frauenkloster, danach, schon in den 1840er Jahren und offiziell dann ab 1883, das Stadtgefängnis von Florenz. 1984 schloss es nach einer Revolte endgültig.
Dann war es u. a. Stararchitekt Renzo Piano zu verdanken, dass aus den alten Mauern heute ein Kunst- und Kulturzentrum mit Kleinkunstbühne, Ateliers, Werkstäten, Läden und Wohnungen entstanden ist, das auch als voll funktionierender Nachbarschaftstreff von sich reden macht.
Und natürlich darf hier auch das Café samt kleinem Restaurantbetrieb und Bar nicht fehlen. Und wenn das Wetter es erlaubt, sitzt man auf der Piazza delle Murate auch perfekt für einen letzten Drink, ehe es zurück ins Hotel geht. Zu empfehlen ist etwa das nahe Grand Hotel Mediterraneo. Dies u.a. auch, weil gleich um die Ecke mit der Pasticceria Orcagna (Via Orcagna 28 a) eine der besten in Florenz öffnet. Dort kommen ganztägig Süßmäuler und beim Mittagstisch auch Vegetarier auf ihre Kosten.
Informationen:
Tourismusinformation Florenz: www.feelflorence.it
Ristorante Canto del Ramerino: www.facebook.com/RistorantePizzeriaCantoDelRamerino/?locale=it_IT
Literaturcafé Le Murate: www.lemurate.it
Orcagna Pasticceria Caffè: www.facebook.com/orcagnapasticceria
Grand Hotel Mediterraneo Firenze: www.hotelmediterraneofirenze.com
Fotos: Ellen Spielmann