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Exzellenz im Valdichiana (Teil 2): Das Juwel Lucignano

Und tatsächlich wirkt das wunderbar restaurierte, mit blitzsauber gefegten und ausgiebig gereinigten Trottoirs aufwartende Dörfchen dank seiner noch intakten Stadtmauern und Stadttore wie ein besonderes Kleinod! Auch „Krone“ könnte man zu diesem wunderbaren Ort sagen, in dem eigentlich permanent Kehrwoche zu herrschen scheint und alle Bürger mit der jungen, höchst agilen und erfolgreichen Bürgermeisterin mitziehen, um das Schmuckstück Lucignano noch lebenswerter zu machen.

Und natürlich ziehen die Besucher mit. Man parkt draußen vor den Stadttoren und erschließt sich das keineswegs wirr, eher planimetrisch ellipsoid angelegte Gassenlabyrinth zu Fuß. Dies ist eine Freude, denn morgens öffnen Marktstände und man kann herrlich bummeln. Und stets gibt es auch ein wunderbares Gelato am Eisladen, der damit wirbt, im Umkreis von 50 km der beste zu sein. Eigentlich gibt es nur zwei wichtige Straßen in Lucignano, die quasi entlang der Stadtmauern entlang führen und sich zum Ring schließen. Die Einheimischen nennen diese Straßenzüge die „Straße der Reichen“ sowie die „Straße der Armen“. Letztere, es ist die Via Roma, besitzt einfach niedrigere Häuser mit weniger Stockwerken. Das Pendant wartet hingegen auch mit mächtigen hohen Palazzi auf. Und so öffnet sich rasch auch ein kleiner gesellschaftlicher Mikrokosmos, der sich im schon in der Antike bekannten Dörfchen über die letzten 2000 Jahre auch architektonisch ausgeprägt hat. Hier der „Popolo minuto“, das einfache Volk, dort der lokale Adel und das aufstrebende Bürgertum. Allen gemeinsam aber ist die Bedeutung der Kirche.

Man flaniert bis heute durch die Pilger- oder die Nonnengasse, schlendert vorbei am mächtigen Glockenturm der Collegiata und landet irgendwann einfach oberhalb der Gassen an der herrlichen Kirche des Heiligen Franz von Assisi, San Francesco, die ab 1248 erbaut wurde und direkt neben dem Palazzo Pubblico, dem wunderbar restaurierten Rathaus steht. Allein für das Innere dieses Gotteshauses sollte man sich ein Stündchen Muße nehmen. Denn die derzeit noch andauernden Restaurierungsarbeiten sorgen wieder für die einmalige Farbkraft und Intensität dieser grandiosen Fresken von Bartolo di Fredi und Taddeo di Bartolo aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Ob nun die Fresken aus dem Leben des Hl. Franziskus oder der Triumph des Todes (1380) – es sind Meisterwerke außergewöhnlicher künstlerischer Kreativität.

In Lucignano. Foto: Ellen Spielmann
In Lucignano. Foto: Ellen Spielmann

Welch außergewöhnlichen Schätze Lucignano dazu noch birgt, zeigt dann gleich neben an das Städtische Museum im Rathaus. Das beeindruckt eher nicht mit den Kellerräumen, in denen man noch Kritzeleien einstiger Gefangener sieht. Sie dienten mal als Gefängnis. Vom Erdgeschoss geht es direkt ins Museum, dass in nur 4 Sälen einzigartige Meisterwerke, noch dazu perfekt präsentiert und restauriert, für den Besucher bereit hält. Da ist erst einmal die grandiose „Madonna mit Kind“ von Luca Signorelli (1450 – 1523), der zudem noch mit dem Lünettenrelief „Der Hl. Franziskus empfängt seine Wundmale“ in Saal 1 vertreten ist. Pietro di Giovanni d`Ambrogio (1409 – 1449) malte indes den „Hl. Bernardinus von Siena“. Höhepunkt ist dann aber Saal 4, der für sich genommen schon als ehemalgier Ratssaal eine Schatzkammer ist.

Denn überall zieren mittelalterliche Fresken die Wände, sogar Philosophen wie Aristoteles und Vergil sind dargestellt. In der Raummitte aber steht das 2,60 m hohe Ungetüm des „Baum des Lebens“, des „albero della vita“, Dabei handelt es sich um ein zwischen 1350 und 1471 aus Kupfer, Silber, Emaille und Korallen (!!) gefertigtes Unikat, einen „Baum“ mit sechs „Ästen“, der ab 1482 in einem von Luca Signorelli gefertigten Schrank aufbewahrt wurde und als Reliquienschrein diente. Der Schrank wurde zerstört, das auch „albero d`amore“, „Liebesbaum“, und „albero d`oro“, „Goldbaum, genannte phantastische Kunstwerk blieb.

Und natürlich pilgern jährlich nicht nur zum Valentinstag zig Verliebte hierher, um diesen Lebens- und Liebesbaum zu bewundern. Ein Muss! Auch schon da war übrigens Juliette Binoche. Sie drehte hauptsächlich in Lucignano im Jahr 2010 den Liebes-Spielfilm „Copia conforme“, englisch „Certified Copy“, deutsch „Die Liebesfälscher“, unter der Regie von Abbas Kiarostami. Wer dann noch Zeit und Glück hat, kann im gleichen Palazzo noch die ebenfalls prächtig ausgemalten Amtsstuben der Bürgermeisterin mit gigantischen Fresken aus dem 19. Jahrhundert bewundern. Aber nach so viel, Kunst, Kultur und sogar Film ist es schöner, sich ein passendes Ruheeckchen für kulinarische Genüsse in Lucignano zu suchen.

Im Museum von Lucignano. Foto: Ellen Spielmann
Im Museum von Lucignano. Foto: Ellen Spielmann

Und da gibt es kaum Schöneres als die herrliche Terrasse des Ristorante „La Tavernetta“ Von hier bietet sich unter herrlichen Sonnenstrahlen, aber dank Pergola vor ihnen auch geschützt, ein wunderbares Panorama ins zur Kulturlandschaft gewandelte Valdichiana um Lucignano. Gegenüber thront auf einem Hügelkamm die alte Medici-Festung. Sie ist das nächste Restaurierungsziel der umtriebigen Bewohner von Lucignano. Und da gibt es natürlich die bewusst sehr traditionelle Speisekarte im „La Tavernetta“.

Das „Tavernchen“ ist eigentlich erstaunlich groß, insbesondere die geräumige Terrasse, und wurde schon 1979 von Franco Salvini, Großmeister und Ritter der Gastronomie gegründet. Er war sogar Präsident der italienischen Vereinigung der Köche. Und bis heute kann man seinem Impuls und seiner Freude an der toskanischen Küche folgen und herrliche auf klassische Weise zubereitete Gerichte genießen. Einmalig unter den opulenten Vorspeisen ist zum Beispiel das im erhitzbaren Keramiköfchen mit geröstetem Brot servierte Fegatino! Und natürlich ist man hier goldrichtig für eine Bistecca fiorentina zum Hauptgang! Und wer dazwischen schon Appetit entwickelt, sollte sich die Papardelle mit Wildscheinragout nicht entgehen lassen. Und zum Dessert darf es auch Panna Cotta mit Waldfrüchten sein! Wie eingangs gesagt: Lucignano ist einfach ein Muss!


Information:

Ufficio Turistico Pro Loco Sinalunga, www.ufficioturisticosinalunga.orgwww.facebook.com/proloco.sinalunga/ 

Strada del Vino Nobile di Montepulciano e dei sapori della Valdichiana Senese, www.stradavinonobile.it 

Toscana Promozione Turistica, www.visittuscany.com

Tour Guides/Agenturen:

Valdichiana Living, www.valdichianaliving.it/en 

Essen und Trinken:

Ristorante Enoteca La Tavernetta, www.latavernetta.com/de

Fotos: Ellen Spielmann

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