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Danzigs Altstadt: Schätze aus Kultur und Küche

Spuren ihrer tausendjährigen wechselvollen Geschichte, die Kaufmanns- und Handelssiedlung erhielt 1224 das Stadtrecht durch den pommerellischen Herzog Swantopolk II, begegnen Danzigs Besuchern auf Schritt und Tritt. Die Danziger Altstadt, in der Handwerker, Fischer und Tagelöhner lebten, stand mit ihrer eher bescheidenen Backsteinarchitektur früher im Schatten des anderen historischen Teils, der Rechtstadt (der rechten, richtigen Stadt). Doch beim Spaziergang sind die Übergänge fließend zwischen dem „alten“ und „rechten“ Danzig.

Die Altstadt wartet mit Highlights wie dem Bernsteinmuseum, der Katharinenkirche, historischen Mühlen und lebendigem Kulturleben sowie kulinarischen Genüssen auf. Danzigs Wappentier ist der Löwe, zwei goldene Löwen zieren links und rechts das Großwappen der Stadt mit dem Schriftzug NEC TEMERE NEC TIMIDE. Ob der Löwe als königliches Tier Einzug fand oder im Zuge des Aufstiegs zur Hansestadt (im Lübecker Wappen thront der Löwe) ist schwer zu sagen. Das majestätische Tier taucht in der Stadt immer wieder auch als Skulptur (steinerne Tür- und Torwächter) auf und heute in Miniaturform: kleine Löwen mit Menschlichen Gesichtern erzählen an historischen Plätzen Danzigs Geschichte.

Nach dem Durchschreiten mächtiger Tore öffnet sich die Langgasse, Danzigs prächtige Flaniermeile mit reich geschmückten Fassaden der Kaufmannshäuser. Eines der Tore ist das Vortor, eine Festungsanlage, die Stockturm und Peinkammer verbindet. In den Stockturm flüchtete sich der kleine Oskar, Protagonist von Günter Grass´ „Blechtrommel“ um zur Trommel mit hoher Stimme die Fensterscheiben des nahen Stadttheaters zerspringen zu lassen. Hier im Stockturm war das Bernsteinmuseum untergebracht, bis es 2021 in das Gebäude der alten Großen Mühle in der Altstadt umzog und gänzlich umgestaltet wurde.

Danzigs Altstadt. Foto: Ellen Spielmann
Danzigs Altstadt. Foto: Ellen Spielmann

Bernsteinmuseum – „Gold der Ostsee“

Über fünf verwinkelte Etagen erzählt und dokumentiert das Museum auch multimedial und mit spektakulärer Beleuchtung alles rund um das kostbare Gut im mittelalterlichen Backsteingemäuer der ehemaligen „Großen Mühle“. Sie trägt ein schönes Satteldach und wurde komplett entkernt. Der erste Stock widmet sich der Naturgeschichte des Bernsteins – seine Entstehung vor mehr als 40 Millionen Jahren – mit Schwerpunkt auf sein häufiges Vorkommen an der Ostsee.

Insgesamt sind 5000 Exponate zu sehen von der Prähistorie bis zum Goldenen Zeitalters der Danziger Bernsteinkunst im 17. und 18. Jahrhundert. Auch Dauerleihgaben aus der St. Petersburger Eremitage sind zu sehen. Beeindruckend ist das Danziger Bernsteinkabinett, das sowohl durch seine handwerkliche Meisterschaft als auch in der changierenden Farbpalette Hunderter Bernsteinplättchen erstaunt.

Johannes Hevelius, Astronom

In unmittelbarer Nachbarschaft der großen Mühle feiert Danzig einen seiner bedeutenden Söhne, Jan Heweliusz (1611-1687), mit einem stattlichen Denkmal. In Stein gemeißelt ausgestattet mit einem Messinstrument blickt der große Astronom auf die Hauswand mit Sternenbildern.

Büste von Jan Heweliusz. Foto: Ellen Spielmann
Büste von Jan Heweliusz. Foto: Ellen Spielmann

Mit dem größten Teleskop der damaligen Zeit entdeckte er neun Kometen und sieben Sternkonstellationen. Hevelius erhielt internationale Anerkennung (1664 wurde er Mitglied der Royal Society). Er entwarf die erste genaue Karte des Mondes, der Papst schrieb über das Werk: „Unvergleichlich, wenn es nicht von einem Ketzer verfasst wäre.“

Dolce Vita an der Uferpromenade der Motława

Größte Anziehungskraft besitzt gestern wie heute der Fluss, der durch Danzig fließt und die Wyspa Spichrzów (Speicherinsel) bildet. Früher war hier der Kai, wo die großen Handelsschiffe mit Waren aus der ganzen Welt anlegten: Die Lange Brücke (polnisch: Długie Pobrzeże) existiert seit 1592 und wurde nach und nach erweitert. Schon ab dem 19. Jahrhundert fungierte sie als Uferpromenade. Heute pulsiert das schöne Leben an der ca. 480 Meter langen Flaniermeile vom Grünen Tor bis zum Fischmarkt mit berühmten Restaurants wie dem „Goldwasser“ und Cafés, Straßenständen und -musikern und den Schiffsanlegern für Ausflugsboote.

Um die Speicherinsel (Danzigs frühere Schatzkammer) auf der anderen Seite der Mottlau in die großartige Restaurierung der Danziger Innenstadt (Altstadt und Rechtstadt) einzubeziehen und das städtische Areal aufzuwerten, ersann man eine Drehbrücke für Fußgänger über den Fluss zu bauen. Der Schifffahrtsverkehr in zwei Richtungen machte eine bewegliche Brücke notwendig, da eine normale Brücke für die Durchfahrtshöhe nicht taugte.

Und dann eine kleine Stärkung… Foto: Ellen Spielmann
Und dann eine kleine Stärkung… Foto: Ellen Spielmann

Fürstlich schlemmen am Wasser lässt sich im Gasthaus „Gdanski Bowke“ (deutsch: „Danziger Bowke“). Benannt ist das Restaurant an der Schiffsanlegerstelle nach jenem Danziger Hafenarbeiter, der als Tagelöhner schuftete.

Natürlich darf „Goldwasser“ (22 Karat-Goldblättchen), das „glitzernde Gesüff“ von Ende des 16 Jhs. nicht fehlen. Ein aus Flandern geflohener Mennonit brachte Rezepte für Hochprozentiges mit und braute in Danzig einen Anisschnaps mit Wacholderbeeren, Koriander und Kardamon, mischte Goldblättchen unter. Luxus und Verschwendung gehörte unter den reichen Kaufleuten zum guten Ton.

Typische sehr leckere kalte Vorspeisen aus der Region sind das „Traditionelle kaschubisches Beef-Tartar“ (mit Eigelb, Zwiebeln, Gewürzgurken und marinierten Mini-Pilzen“ und „Altpolnische Pasteten“ (vom Wildschwein mit Steinpilz und Machandelnote, von der Ente mit Zwetschgenschnaps); Deftiges, etwa „Butterschmalz mit Schweineschinken, Geräuchertem und Dörrpflaumen“ kommt auf den Tisch und „Matjeshering in Wodka“ sowie „Kaschubischer Ziegenkäse“ von der regionalen Käserei. Dazu wird selbstgebackenes (täglich frisch) Brot serviert.

Natürlich gibt es hausgemachte Piroggen über die Füllungen des Tages gibt der Kellner Auskunft. Regionales Bier vom Fass (Gdanski Bowke) stammt von der 20 km entfernten Bernsteinbrauerei, ein Familienbetrieb, der dieses speziell für das Restaurant braut. „Schnitzel“, „Gebratene Rippchen“, „Rinderlende“, „Zander“, „Scholle“, „Lachs“ „Dorsch“ und saisonale Gemüse, frische Salate sowie vegetarische Gerichte, die ganze Palette polnischer Küche vom Feinstens, mit größter Aufmerksamkeit und Hingabe zubereitet, machen die Einkehr im Gdansli Bowke zu einem wunderbaren Erlebnis.


Informationen:

Informationszentrum: www.prot.gda.pl

Gdansk Centre of Tourist Information: www.visitgdansk.com/de

Europäische Route der Backsteingotik: www.eurob.org

Gasthaus „Gdanski Bowke“: www.gdanskibowke.com/de

Fotos: Ellen Spielmann

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