Irgendwann früher war die Isle of Doagh tatsächlich eine Insel. Aber der schmale Wasserkanal zwischen ihr und dem Festland trocknete langsam aus. Wo heute Kühe und Schafe grasen und schmucke Häuser gebaut werden, siedelten schon vor 5000 Jahren die ersten Iren. Denn die Insel der Düne ist ein Hotspot für Freunde der Prähistorie und der Felskunst. Zahllose Funde beweisen die frühe Siedlungszeit.
Lange war die Isle of Doagh in der Hand der Herren von Carraig Bhrachai, englisch Carrickabraghy, die erstmals 834 schriftlich erwähnt wurden und auch in den berühmten Annalen der vier Meister, Irlands Referenzgeschichtsbuch für die Frühzeit, auftauchen. Sie waren ein Teil des Clans McFall. Das bedeutendste Wahrzeichen auf der Isle of Doagh, die man nach gut 30 Kilometern von Malin Head aus erreicht, die Ruinen von Carrighabraghy Castle auf dem Felsen Friar`s Rock, stammen aus dem späten 15. Jahrhundert.
Blütezeit
Noch 1989, als in Berlin die Mauer fiel, kam es auf der Isle of Doagh zu einer Landflucht. Jeder suchte Arbeit in Deutschland. Danach aber kamen die EU-Gelder und der Keltische Tiger und Irland und auch die Isle of Doagh erleben seither eine Blütezeit. In der sich anschließenden Ausstellung wird ihr Schicksal anhand von in zeittypische Kleidung gehüllten Puppen illustriert.
Da ist natürlich im Zentrum die Darstellung einer Eviction zu bestaunen, einer der fürchterlichen Vertreibungen aus den Pacht- und Miethäusern. Aber auch die Lebensumstände eines Köhlers werden dargestellt. Prekär ist z. B. die Darstellung einer aus dem Dorf geworfenen jungen Frau, die unverheiratet ein Kind zur Welt brachte und in ein karges Felsquartier ziehen musste.
Oder die Darstellung eines „Scalp“. Dabei handelt es sich um nicht mehr als ein Erdloch, in dem ganz Arme während des Großen Hungers (1848) hausten. In die Zeit der politischen Auseinandersetzungen führen die Räume eines Republican Safe House und die Ausstattung einer englandtreuen Orange Hall. Puppen stellen auch die über Jahrhunderte praktizierte Form der geheim abgehaltenen Heckenmessen dar, die Katholiken und Presbyterianer praktizierten.
Ebenso erging es Schülern und Lehrern in den Hedge Schools, irisch Scoil Chois Claí, Scoil Ghairid oder Scoil Scairte: In diesen „Heckenschulen“ wurde besonders im 18. und 19. Jh. heimlich Unterricht erteilt. Ein wenig Humor muss auch sein: Denn natürlich gibt es auch ein Haus der Geister, die aber niemanden belästigen. Jeder Teilnehmer einer solchen Führung erhält im Anschluss daran einen Gutschein für einen Kaffee, den man im neuen Visitor Centre am großen Parkplatz einnehmen kann.
Dort führt ein Pfad hinunter zum kleinen Sandstrand, an dem „The Doagh Five“ stehen. Die Skulpturengruppe, auch, die „Hand von Doagh“ genannt, besteht aus vier Fingern und einem Daumen aus Beton und ragt aus dem Erdreich hervor. Sie symbolisieren die Kraft der Gemeinschaft der heutigen Halbinsulaner. Schaut man auf das gegenüberliegende Ufer nach Inishowen hinüber, entdeckt man zudem den Five Fingers Strand, den Fünffingerstrand, der unterhalb der Wiesen von Wild Alpaca Way liegt.
Nancys Scheune
Dann aber geht es zurück aufs „Mainland“, das Festland von Inishowen, wo erst einmal am 3 km langen Sandstrand der Pollan Bay ein Discovery Point, ein Entdeckungspunkt am Wild Atlantic Way wartet, ehe es 2 km weiter ins hübsche, touristische Dörfchen Ballyliffin geht. Hier bieten gleich zwei noble Hotels ihre Dienste an. Und natürlich lädt auch der örtliche Golfclub zum Spiel. Allerdings: Wer nicht in Nancy`s Barn war, der war nicht in Ballyliffin.
„Nancys Scheune“ ist mittlerweile in ganz Irland berühmt, weil hier ein junger, höchst aufgeräumt mit seinen Gästen plaudernder Herr kocht, der zudem im Juni 2017 auf Rhode Island in den USA zum Weltmeister in der Zubereitung einer Seafood Chowder gekürt wurde. Er Kieran Doherty, war 2016 Gewinner des nationalen All Ireland Chowder Cook-Off in Irlands Gourmet-Mekka Kinsale nahe Cork, 2020 wurde er zum Donegal Food Hero gekürt, 2019 seine Nancy`s Barn zum Café des Jahres in Ulster gewählt und er erhielt zig weitere Auszeichnungen.
Nun, der Seafood Chowder ist ein Meeresfrüchte-Eintopf oder eine Meeresfrüchte-Suppe und eine irische Spezialität. Doch laut Kieran Doherty wird sein Seafood Chowder mit einem speziellen „Spanish Twist“ zubereitet. Das Schöne am Chowder sei, dass er glutenfrei und mit deliziösen Zutaten gefüllt ist. Und natürlich weiß der Chef um das Geheimnis eines jeden guten Gerichts: Es liege darin, dieses „stets schlicht, gehaltvoll und geschmacksreich zu halten“.
Und da lassen wir uns natürlich nicht lange bitten. Der Seafood Chowder wird als kleine Portion, große Portion und neu auch als Take Away angeboten. Wir ordern eine große Portion von „Nancy`s World Award Winning Famous Seafood Chowder“, zubereitet von Kieran Doherty, serviert mit knusprigem Chorizo-Öl-Brot und Weizenbrot. Perfekt!
Wahlweise darf es aber auch ein marinierter Riesengarnelen- und von Hand gepuhlte Krabben-Cocktail sein, serviert mit Weizen-Soda-Brot. Unschlagbar ist dann auch das Deluxe Sandwich „Glashedy Stacker“ (Ciabatta-Brot gefüllt mit gebratenem Huhn, knusprigem Speck, Eisbergsalat, Tomatenscheiben und gegrilltem Käse, serviert mit Gartensalat. Und wer dann noch Appetit hat, macht sich über das Riesenangebot an selbst zubereiteter Eiscreme her.
Nancy`s Barn ist eine Institution in Donegal, das 2017 vom US-Reisemagazin National Geographic Traveller zum „Coolest Place on Earth“ gewählt wurde. Übrigens: Ihren Namen verdankt die „Scheune“ einer Familie McLaughlin, deren Spitzname in Ballyliffin „The Nancy`s“ war. Ergo gibt es seit 2008, dem Jahr, als Kieran Doherty das Haus erwarb, Nancy`s Barn. Und auch den Begriff „Hunger“ hat Kieran Doherty seither völlig neu definiert. Denn hier stehen die Leute ganzjährig Schlange – mit Heißhunger.
Informationen:
Irland Information/Tourism Ireland: www.ireland.com
County Donegal: www.govisitdonegal.com
Halbinsel Inishowen: www.govisitinishowen.com
Doagh Famine Village, www.doaghfaminevillage.com
Radisson Blue Hotel Letterkenny, www.radissonhotels.com/en-us/hotels/radisson-blu-letterkenny
Nancy`s Barn, www.nancysbarn.ie
Fotos: Ellen Spielmann