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Go Donegal: Glenveagh National Park

An der Giebelwand des Pubs hängt eine große Werbetafel für Wilkin`s Bar & Lounge, die auch „Craic“, Irlands unterhaltsam geselligen Humor verspricht. Und er hat natürlich recht. Denn das kleine Dörfchen Church Hill, auch Churchill geschrieben und mit Kirchberg ins Deutsche übersetzbar, kann wahrlich mit zahlreichen Attraktionen aufwarten.

Und die sind weit mehr als nur die grasenden Kühe vor der Kirche der Church of Ireland schräg gegenüber. Da ist noch ein zweiter Pub am Ortsende. Und da ist der Gartan Lough, ein 3,7 km langer, maximal 500 m breiter Süßwassersee, an dessen Ufer man im Gartan Outdoor Education and Training Centre alle Sportvergnügen dieser Welt, vom Kajakfahren und Segeln bis hin zu Bogenschießen und Felsklettern unternehmen kann. Selbstverständlich führen eine Reihe Wanderwege um diesen und auch zwei weitere, oberhalb gelegene Seen, den Lough na Cailli und den Lough Akibbon.

Friedhof mit Ruinen von Gartan Abbey und 1997 von Irlands Präsidentin Mary Robinson enthülltem Gedenkstein,im Open air-Museumskomplex Gartan Abbey. Das Kloster wurde von Saint Colmcille im 6. Jh. Gegründet. Foto: Ellen Spielmann
Friedhof mit Ruinen von Gartan Abbey und 1997 von Irlands Präsidentin Mary Robinson enthülltem Gedenkstein,im Open air-Museumskomplex Gartan Abbey. Das Kloster wurde von Saint Colmcille im 6. Jh. Gegründet. Foto: Ellen Spielmann

Und dann ist da noch das Colmcille Heritage Centre. 2022 zwar wegen Covid-19 geschlossen, zeigt seine Existenz indes höchst Besonderes an. Wer sich auf die Suche nach ihm macht, gelangt zuerst einmal zum Glebe House mit Kunstgalerie. Der englische Portrait- und Landschaftsmaler Derek Hill lebte hier von 1954 bis 1981, als er Haus und Kunstsammlung dem irischen Staat vermachte. Sein Atelier wandelte sich nun zur Kunstgalerie mit wechselnden Ausstellungen, während im edel möblierten Haus seine Gemälde gemeinsam mit Werken von Pablo Picasso, Georges Braque u.v.a. gezeigt werden.

Fährt man die schmale Straße ein Stück weiter hoch, gelangt man dann – allerdings nicht zu betreten, da Privatgelände – ein einen Ruinengiebel aus Feldsteinen, der aus der üppig wuchernden Vegetation ragt. Hier stand einmal eine Siedlung, Derryveagh genannt. Im April 1861 mussten die 244, nach anderen Quellen sogar 253 Bewohner sämtlich auf Geheiß des neuen Landbesitzers John George Adair, ihre Wohnungen verlassen. Diese „Derryveagh Evictions“ genannten Vertreibungen lösten größte Empörung in Donegal aus Aber dazu später mehr.

Pool unterhalb von Glenveagh Castle mit Blick auf den See Lough Veagh im Glenveagh National Park. Foto: Ellen Spielmann
Pool unterhalb von Glenveagh Castle mit Blick auf den See Lough Veagh im Glenveagh National Park. Foto: Ellen Spielmann

Vom kleinen Parkplatz sind es nur wenige Schritte bis zum mächtigen, im September 1911 errichteten Steinkreuz zu Ehren von Saint Colmcille. Einige markante Steine zur Rechten des Kreuzes könnten Reste einer Behausung sein. Vor Ort glaubt man, das der Heilige, der hier am 7.12.521 n. Chr. geboren sein soll, hier ruhte.

Noch beeindruckendere Ruinen in Verbindung mit dem Heiligen sind dann nur wenig später oberhalb des Lough Akibbon die Ruinen von St Colmcille Abbey, auch Gartan Abbey genannt. Eigentlich ist einstige Kloosteranlage, die Colmcille gegründet haben soll, heute eine Art Open air-Museumskomplex mit zig Sehenswürdigkeiten. Direkt an der Auffahrt passiert man St Colmcille`s Well, die fein gemauerte Quelle.

Am Parkplatz darüber ragt St Colmcille`s Chapel auf. Die stammt nicht von ihm, sondern wurde wohl erst im 16. Jh. von einem gewissen Manus O`Donnell errichtet. Sie wurde nur bis 1810 benutzt. Und dennoch findet man in der Ruine in Höhe des einstigen Altars bis heute Devotionalien, Kerzen und Rosenkränze vor.

Vegetation im Park von Glenveagh Castle, Teil des Glenveagh National Park. Foto: Ellen Spielmann
Vegetation im Park von Glenveagh Castle, Teil des Glenveagh National Park. Foto: Ellen Spielmann

Dann geht es weiter zum eigentlichen Ziel, dem nur 8 km entfernten Glenveagh National Park. Das Visitor Centre lockt mit einer kostenlosen Ausstellung zu Flora und Fauna, Geologie und Geschichte des 160,5 km² großen Parks, der seinen Namen dem Haupttal „Gleann Bheithe“, dem „Tal der Birke“ verdankt.

Der 16.000 Hektar große Nationalpark ist heute längst etabliert. Davon zeugt auch der große Parkplatz am Eingang. Fahrräder werden nahe der Abfahrtstelle der Shuttle-Busse verliehen, die gegen einen Obolus von 3 € (Retourticket, einfache Fahrt 1,50 € ) die 3,7 km lange Strecke zum Schloss überbrücken. Viele ziehen es aber auch vor, das einstige Jagdrevier mit großem Rotwildbestand zu Fuß zu durchstreifen. Errichten ließ es jener durchaus wohl exzentrische John George Adair, der das Riesenareal 1857 – 1859 zusammenkaufte und kurzerhand eben die hier lebenden Menschen im Rahmen der Derryveagh Evictions“ vertreiben ließ.

Blick auf Glenveagh Castle im Glenveagh National Park. Foto: Ellen Spielmann
Blick auf Glenveagh Castle im Glenveagh National Park. Foto: Ellen Spielmann

Das Schloss ließ Adair 1867 bis 1873 erbauen, Architekt war sein Cousin: John Townsend Trench. Doch lange hatte Adair keine Freude an seinem Besitz, der als „viktorianisches Camelot“ und romantischer Rückzugsort rasch Furore gemacht hatte. Schon 1885 starb er überraschend. Weitaus mehr war dann seine US-amerikanische Witwe Cornelia bei den Einheimischen gelitten. Sie begann mit der Fertigstellung der zwei Hauptelemente der heutigen Schlossparklandschaft: dem Pleasure Garden mit zig Pflanzen von allen Kontinenten, und dem Walled Garden, der in den späten 1880er Jahren entstand.

Heute flanieren die Besucher vor allem zuerst einmal durch den Pleasure Garden, den man an der Statue eines Hundes, der einen Früchtekorb im Maul trägt, betritt. Der herrlich blühende Park mit Palmen, raren Pflanzenarten und zwei Statuen aus Bali ist entzückend.

Kurios ist dann eine Art Swimming Pool am Großen See Lough Veagh. Nach ihrem Tode 1921 suchten weitere US-Vermögende hier ihr Urlaubsglück, u. a. Harvard-Professor Arthur Kingsley Porter, der von hier aus irische Archäologie und Kultur studieren wollte. In seinem Gefolge stellte sich hier dann Welt- und Hollywood-Prominenz ein. Sogar Greta Garbo nächtigte im burgähnlichen Schloss.

Gärtnerhäuschen im Garten hinter Glenveagh Castle, Teil des Glenveagh National Park. Foto: Ellen Spielmann
Gärtnerhäuschen im Garten hinter Glenveagh Castle, Teil des Glenveagh National Park. Foto: Ellen Spielmann

Die Herren verlustierten sich derweil vor allem am großen Whiskey-Glasbehälter im Dining-Room, in dem nach Aussage von Beteiligten zu jedem Dinner ein nagelneues Service auf dem Tisch stand.

Schließlich, eine ganze Reihe Trails erschließen den Nationalpark, der seit 2001 eine gewisse Weltberühmtheit ist, weil hier eine dreiteilige britische TV-Dokumentation über das Leben der Neandertaler gedreht wurde. Die Macher suchten damals eine Landschaft, die der der französischen Dordogne vor 30.000 Jahren ähnelte und wurde hier fündig! Am Ende ist es auch dem letzten Besitzer Henry McIlhenny zu verdanken, dass hier dieser Naturschatz entstehen konnte. Er hatte 1937 alles erworben, verkaufte aber die Ländereien 1975 an den irischen Staat. 1983 schenkte er dann Schloss und Park der irische Nation, so dass der Nationalpark schon 1984, das Schloss erst ab 1986 für die Öffentlichkeit zugänglich wurde. Wahre Schätze!
 

Informationen:

County Donegal: www.govisitdonegal.com

Glenveagh National Park, www.glenveaghnationalpark.ie

Untergegangene Siedlung Derryveagh, www.derryveagh.com

Saint Colmcille Birthplace, www.inishview.com/activity/st-colmcille-birthplace

St Colmcille Abbey, www.inishview.com/activity/st-colmcilles-abbey

Glebe House & Gallery, www.glebegallery.ie

Gartan Outdoor, Education & Training Centre, www.gartan.com

Colmcille Heritage Centre, www.colmcilleheritagecentre.ie

Fotos: Ellen Spielmann