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Ätna-Weine von Starwinzer Andrea Franchetti

Mittlerweile weist Sizilien schon 23 DOC-Gebiete und ein DOCG-Gebiet aus. Überraschung Numero Due: Eine „Insel auf der Insel“ stellt das Weinbaugebiet Etna dar, das schon seit 1968 und zuletzt 2014 aktualisiert den DOC-Titel hält. Hier, rund um den auf 3300 m Höhe ansteigenden aktiven höchsten Vulkan Europas, dem Ätna, produzieren im Umkreis von 45 km rund um die Ätna-Krater aktuell in 133 Lagen Weine mit dem Gütesigel Etna DOC. Bewirtschaftet wurden 2017 in Höhen von 450 bis 100 m über dem Meeresspiegel insgesamt 908 ha Rebfläche, die am Ende 35.859 Hektoliter DOC-Wein ergaben. Überraschung Numero Tre: Mutmaßlich dürften die Nord-, Ost- und Südhänge des Ätna die ältesten Weinbauareale Italiens sein. Glaubt man der Mythologie, wuchsen hier schon lange vor Ankunft der antiken Griechen Weinreben. Manche nehmen sogar an, dass wilder Wein hier schon vor 20.000 Jahren gedieh.

Zeitweilig etwas in Vergessenheit geriet, dass den leckeren Ätna-Weinen schon in der Antike außerordentliche Heilkraft und Gesundheitswirkung zugesprochen wurde. Heute sind die Ätna-Hänge aber längst wieder hochbegehrte Investitionszonen für renommierteste Weingüter. Nicht zuletzt der Klimawandel, vor allem aber der vulkanische Boden spielt hierbei eine besondere Rolle. Einer, der weit früher als andere das ungeheure Potential der Ätna-Weine erkannte, ist der ebenso charismatische wie als eigenwillig beschriebene Andrea Franchetti. Er eroberte mit seinen absoluten Spitzenweinen vom Weingut Tenuta di Trinoro bei Sarteano im toskanischen Val d`Orcia den Weltmarkt. Sein Supertoskaner Tenuta di Trinoro 2016 stieg sogar in die absolute Top-Liga auf und gehört zu den wenigen 100-Punkte-Weinen weltweit.

Den Ätna mit all seinen besonderen Facetten – seien es nun gefürchtete Vulkanausbrüche, die Geologie mit den aus eruptivem Material gebildeten Zerfallsböden samt hohem Gehalt von Eisen, Kupfer, Phosphor, Magnesium und weiteren Mineralien oder die besonderen klimatischen Bedingungen bei Tag und Nacht, im Sommer und Winter – entdeckte Andrea Franchetti schon im Jahr 2000 für sich. Und sicher hat er die Renaissance der Ätna-Weine mit eingeläutet. Denn als er im Winter des Millenniumjahrs an den Hängen des Ätna eintraf, fand er vor allem auch aufgegebene Weingüter vor. Die uralten, mit Steinmauern geschützten Weinbauterrassen drohten im überall wuchernden Buschwerk zu verschwinden. Ganze Straßenzüge lagen wie viele Dächer alter Kirchen schwarz in Asche, während oben am Gipfel der Ätna Eruptionen ausstieß. Erst einmal schien es verrückt, hier überhaupt nur einen der neuen Euros zu investieren: dies auch, weil die Weinberge so hoch lagen.

Andrea Franchetti. Foto: Passopisciaro
Andrea Franchetti. Foto: Passopisciaro

Dann aber entdeckte er Passopisciaro, das seit 1947 unter einer dicken Schicht schwarzen Gerölls lag. Hier, am Nordhang des Ätna, stoppte der mächtige Lavastrom des großen Ausbruchs von 1947 und begrub Terrassenfelder, Weinberge, Mauern und Gebäude unter sich. Die keineswegs „frohe“ Botschaft lautete: Hier kann man alles verlieren! Zudem sind die Nächte hier kalt, sogar im August. Und tagsüber behindert der Lavastaub die Arbeit im Weinberg.

Dennoch: Andrea Franchetti restaurierte das Bauernhaus und Keller und begann die Arbeit auf den Terrassen. Heute gehören 26 Hektar terrassierte Rebflächen zum Weingut Passopisciaro. Alte, wurzelechte Reben sind 80 bis sogar 130 Jahre alt, hinzu kamen Neupflanzungen mit einer Stockdichte von 12 000 Reben pro Hektar. Und natürlich erzeugt Andrea Franchetti gleich fünf Crus, deren Trauben von fünf verschiedenen Weinbergen stammen, die hier „Contrade“ genannt werden, aus der uralten, legendären, spät reifenden Rebsorte Nerello Mascalese: Rampante, Chiappemacine, Porcaria, Guardiola und Sciaranuova. Der neue Jahrgang 2019 wird im Juni 2021 auf den Markt gelangen – mit exzellenten Aussichten.

Dabei begann alles sehr schwierig. Die erste Ernte brachte magere Ergebnisse. Franchetti pflanzte neu und entdeckte, dass der Boden eigentlich alle Rebsorten mit Aromen von Zitrusfrüchten und Kampfer eindeckt. Dann entdeckte Franchetti die Poesie des Ätna, eigentlich der Natur am Vulkan. Und natürlich auch das Licht und die Sonne am „Mongibello“. Schließlich kam es 2008 endlich zur ersten Flaschenabfüllung. Heute drücken die neun auf Passopisciaro produzierten Weine tatsächlich das wahre Potential und die Charakteristik dieses besonderen Ortes aus. Allein voran gilt Franchettis Blend „Passorosso“ als Quintessenz von zwei Dekaden Arbeit am Ätna. Die Trauben stammen von verschiedenen Weinbergen in unterschiedlichen Höhen und mit unterschiedlichem Untergrund, die bis auf 1000 m hinaufreichen.

Und der Rest der Vinifizierung ist dann natürlich Ergebnis des längst berühmten und in der Toscana entwickelten Franchetti-Stils. Nun, seit 2008 gilt die uralte rote Rebsorte Nerello Mascalese sogar als mit der toskanischen Sangiovese-Rebe verwandt, manche sehen im Nerello Mascalese sogar einen echten Vorläufer.

Passopisciaro Weinberge. Foto: Passopisciaro
Passopisciaro Weinberge. Foto: Passopisciaro

Ein weiterer Prestige-Wein aus Passopisciaro ist der schlicht „Franchetti“ genannte, seit 2005 hergestellte Blend aus Petit Verdot und Cesanese d`Affile, eine absolute Rarität und ein Unikum am Ätna. Er zeichnet sich durch süße Gewürze, Aromen von Johannisbeere und Pflaume und profunde Eleganz aus. Unter den weißen Rebsorten ist Chardonnay der Favorit. Hier sind die Weißweine „Passobianco“, ein reiner Chardonnay und seit 2007 hergestellt, und „Contrada C“ hervorzuheben. Letzterer ist ein besonders gelungener Weißwein, dessen Trauben von einer kleinen, sandigen Parzelle am höchsten Punkt des Weingutes in 850 bis 100 m Höhe stammen. Keine Frage. Andrea Franchetti hat die Renaissance der Ätna-Weine eingeläutet. Und vielleicht sind seine Weine, allen voran der „Passorosso“ und der „Franchetti“, einmal so bedeutsam, wie es der Supertoskaner „Sassicaia“ einst für Bolgheri in der Toskana wurde.


Information:

Weingut Passopisciaro, www.vinifranchetti.com/passopisciaro/ 

Ätna-DOC-Weine: Consorzio Tutela Vini Etna DOC, www.consorzioetnadoc.com

Fotos: Passopisciaro

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