Der Umgang mit Thermalwasser:
Man braucht einen trainierten Gaumen, um Wasser und Mineralwasser unterscheiden zu können. Wir bieten grundsätzlich zuerst unser Thermalwasser an und ergänzen das gerne mit dem Piz Sardona, einem basischen Mineralwasser aus den Höhenlagen vom nahgelegenen Mels.
Sparkling oder stilles Wasser:
Solange der Gaumen sich damit wohlfühlt und man sensorisch genau bleibt, kommt das nicht so drauf an. Persönlich ist mein Gaumen mit den teilweise salzigen Wassern aus Deutschland etwas überfordert.
Vorgehen beim Weinpairing:
Ich gehe da sehr systematisch vor. Ein Gericht habe ich in der ersten Phase meistens nicht. Ich weiss aus der Küche, welche Zutaten und Produkte eine Rolle spielen, ob auf die Jahreszeit eingegangen wird oder ob z.B. etwas fermentiert wird. Dann fange ich an, diese Produkte in Moleküle zu zerlegen. Einfaches Beispiel: grüne Paprika, kühle Aromen voll mit Pyrazinen, es hat Butter dabei oder Sauerrahmbutter mit Diacetyl, also Butteraroma. Dann gehe ich durch meine Weindatenbank und suche nach Traubensorten mit diesem Profil und komme z.B. auf Sauvignon blanc, der im Holz ausgebaut wurde. Wenn Theorie und Praxis übereinstimmen, was in 99% der Fälle zutrifft, müsste das – zumindest theoretisch – passen. Als nächstes spreche ich mit meinen Sommeliers, wir tragen Weinvorschläge zusammen und probieren zusammen mit dem Gericht. Manchmal ändert die Küche eine Kleinigkeit, brät z.B. den Fisch an statt ihn zu dämpfen, gibt einen Hauch Pfeffer dazu etc. … Ferran Centelles, der Sommelier in Ferran Adrias „elBulli” hat nach dieser Methode gearbeitet – das hat mich sehr fasziniert, auch wenn viele Sommeliers anders vorgehen.
Umgekehrt kommt es bei Wine&Dines oder bei Events schon mal dazu, dass die Küche zu einem Wein ein Gericht entwickelt, wie etwa für einen Champagner-Anlass im vergangenen Jahr. Da habe ich zu Sven (Küchenchef im Memories und Ehemann) gesagt: hier brauche ich etwas in diese oder jene Richtung.
Weinkenner oder lieber Laien als Gast:
Interessante Frage. Teils, teils. Ich finde es toll, wenn ein Gast viel weiss oder mir etwas Neues zeigt. Grundsätzlich weiss der Gast mehr. Manchmal ist es falsch, auch wenn der Gast ganz viele Apps auf seinem Handy hat. Der Gast soll zufrieden sein und sich mit dem Wein wohlfühlen – es macht mir gar nichts aus, nur den Wein zu öffnen oder beim Lüften zu helfen.
Weinempfehlung und Menükosten:
Ich frage meistens, was die Gäste sonst so trinken, um mir ein Bild zu machen und zeige im Sinne der klassischen Verkaufstechnik drei unterschiedlich Vorschläge aus der Weinkarte. Startet ein Gast mit einem Jahrgangschampagner von Krug und lässt durchblicken, dass er auch bei einfacheren Gerichten vielleicht zu einen Château Pétrus greift, mache ich passende Vorschläge und diskutiere die Preise diskret. Weine zu empfehlen, die preislich weit über dem ausgewählten Menü stehen, finde ich ein absolutes No-go. Es ist die Aufgabe eines Sommeliers, mit Feingefühl und Empathie die Grenzen auszuloten und anzuwenden. So ist es mir in meiner ganzen Praxis noch nie passiert, dass ein Gast einen Wein nicht zahlen wollte.
Nach dem Probierschluck lehnt der Gast den Wein ab:
Das kommt immer mal wieder vor, obwohl der Wein keinen Fehler hat. Auch hier geht es um eine Dienstleistung: Der Wein soll dem Gast gefallen und ihm Freude machen. Wenn ich einen Wein empfehle, dann glaube ich an ihn. Wenn er dem Gast aber gar nicht gefällt, ersetze ich ihn selbstverständlich. Ich kann den Rest ja vielleicht glasweise ausschenken oder für ein Training benutzen, da gibt es viele Möglichkeiten. Bei gereiften und teuren Weinen versuche ich direkt herauszufinden, ob der Gast Erfahrung hat mit gereiften Weinen. So erinnere ich mich an einen Gast, der unbedingt einen Wein von Gaja aus 1966 haben wollte. Im Gespräch stellte sich aber schnell heraus, dass er keinerlei Erfahrung mit solchen Weinen hatte – er wollte es halt mal probieren. Er kam davon ab, nachdem ich ihn über das andere Aromenspektrum eines gereiften Weines aufgeklärt hatte. Oft können sich Gäste, die wenig Ahnung vom Wein haben, dazu schlecht ausdrücken. Die sagen dann oft, ich mag keine schweren Weine, meinen damit aber spürbare Tannine. Da behelfe ich mir häufig, indem ich den Gast aus der Weinbegleitung zwei unterschiedliche Weine probieren lasse und darauf die Auswahl der Flasche abstimme. Das braucht zwar etwas Zeit am Tisch, aber dafür ist ein Sommelier da.
Zalto-Gläser im Memories:
Hier bewegt sich der Markt, es kommen neue Formen und Glastypen. Da ich eher klassisch orientiert bin, was Gläser und Besteck anbelangt, bin ich bisher keinem andern Hersteller begegnet, dessen Gläser so viele Anwendungen wie bei der Weinbegleitung abdecken und auch optisch und haptisch erstklassig passen. Wir machen bei der Weinauswahl regelmässig Tests, um das am besten passende Glas zu finden und sind immer wieder erstaunt, wie häufig das Zalto-Universalglas am besten abschneidet. Die zurzeit sehr gelobten Gläser von Josphinenhütte habe eine ausgezeichnete Sensorik. Persönlich bevorzuge ich für mich aber eine einfachere Optik.
Schweizer Weine:
Man kann nicht alles haben. Allein die Weine aus der Bündner Herrschaft, die bei uns ziemlich komplett vertreten sind, decken schon viele Anwendungen ab. So gesehen fühle ich mich als Ambassadrice der Region und wir servieren in jeder glasweisen Weinbegleitung mindestens einen Pinot noir und einen Weisswein. Aber auch die andern Schweizer Weinregionen haben wir ständig im Blick und werden das Sortiment in diese Richtung ergänzen. Es gibt hervorragende Produzenten, die ich gerne auch im Angebot hätte. Trotz der Verbundenheit mit der Region: Wenn wir einen Riesling anbieten möchten, dann suchen wir den in Deutschland, weil wir den besten servieren wollen und keinen Kompromiss machen.
Ihr Lieblingsgast:
Gäste, die wissen was sie wollen, sich auskennen aber trotzdem offen sind für Neues, das ich Ihnen gerne zwischendurch zum Probieren anbiete. Mich freuen aber auch Gäste, die wenig wissen und sich entspannt auf Unbekanntes einlassen. Also die Einfachen und die Komplizierten.
Fotos: Grand Resort Bad Ragaz / Text: Christian Wenger