Vom Reichtum zeugen nicht nur gewaltige Paläste und Handelshäuser, an denen Ortsbezeichnungen wie „Amsterdam“, „London“ „Svezia“ (Schweden) oder „Danimarca“ (Dänemark) die einst weitreichenden Handelskontakte bis heute lebendig werden lassen. Trani hat sich auch in neuerer Zeit hervorgetan. Denn hier geschah das „Wunder von Trani“, als sich am 18. September 1943 der deutsche Offizier Friedrich Kurtz nach Intervention und Bitten des Bürgermeisters und des Bischofs von Trani tatsächlich dazu entschloss, sich der Anordnung, 54 Geiseln, allesamt normale Männer aus Trani, erschießen zu lassen, erfolgreich widersetzte. Wegen dieser Zivilcourage wurde Kurtz tatsächlich nicht belangt, allerdings auch nicht mehr befördert und an die Ostfront versetzt. Er starb 1993 in der Pfalz.
In Trani erinnert eine Stele an ihn. Ein zweites Wunder besitzt Trani in Gestalt seiner direkt an den Hafen gebauten phantastischen Kathedrale, italienisch: Cattedrale di San Nicola Pellegrino. Wie der Name besagt, ist sie also dem Heiligen Nikolaus dem Pilger geweiht, der 1075 in Stiri (Griechenland) geboren wurde und schon am 2. Juni 1094 in Trani starb. Bereits 1098 wurde er heiliggesprochen. Imposant sind Haupt- und Seitenfassaden mit Rosetten, Blendarkaden und phantastischem romanischen Schmuck, noch imposanter der 59 m hohe Glockenturm (Kampanile), der hauptsächlich 1230 bis 1239 erbaut, aber erst im 14. Jh. fertiggestellt wurde. Die Kathedrale selbst wurde schon ab 1099 in apulisch-romanischer Architektur erbaut und 1143 eingeweiht. Weitere Bauarbeiten fanden während der Regentschaft von Bischof Bertrando II. statt, begannen zwischen 1159 und 1186 und endeten um 1220. Im Inneren kann man die phantastischen originalen Bronzetüren bewundern, die erst 2012 durch Replikate am Haupteingang ausgetauscht wurden. Und natürlich ist auch die Statue des Heiligen Nikolaus des Pilgers präsent.
Ein Muss sind Unterkirche und Krypta samt Fresken und uraltem Taufbecken. Ein zweites Wunder steht gleich vis-a-vis und ist gut von der von Badegästen gefluteten Hafenmole zu bewundern: Das Stauferkastell, Reminiszenz des Stauferkaisers Friedrich II., der als „Staunen der Welt“ in die Geschichte einging. Er gewährte Trani nicht nur weitgehende Markt- und Handelsrechte, sondern dehnte diese auch auf die kleine jüdische Gemeinde von Trani aus, die sich fortan prächtig entwickelte. Davon zeugt bis heute die ehemalige Kirche Sant`Anna, die nun das vom Diözesanmuseum betriebene Museum für jüdische Stadtgeschichte beherbergt. Zuvor war an Stelle der Kirche hier die größte Synagoge Tranis eingerichtet, die Scola Grande. Doch die kaiserlich geförderte Erfolgstory währte nicht lang: Schon Ende des 13. Jh.s wurden 310 Juden der Stadt gezwungen, zum Christentum zu konvertieren. Und 1380 war es auch um die Synagoge der Scola Grande geschehen. Sie wurde zur Kirche Sankt Anna umgewidmet, als alle 380 Juden aus Trani zwangsweise zum Christentum konvertierten. Geblieben ist dennoch das alte hebräische Stadtviertel, sichtbar z. B. in der pittoresken Via San Martino.
Geblieben ist auch kulinarisch die besondere Historie der Stadt. Zig Gerichte tragen heute den Beinamen „alla Tranese“, „nach Art von Trani“ – in ganz Italien verbreitet durch die erfolgreiche Handelsschifffahrt aus Trani. Ein besonderes Kleinod ist auch Tranis Allerheiligenkirche, italienisch Chiesa di Ognissanti und natürlich an der Via Ognissanti gelegen. Sie wird auch Kirche des Templerordens (Chiesa dei Templari) genannt, beeindruckt mit einer besonderen Hauptfassade und wurde im 12. Jh. im romanischen Stil nahe am Hafen erbaut. Die Anwesenheit des Ordens der Tempelritter ist in Trani für 1142 belegt. Die Tradition will, dass der Orden hier die Kirche neben seinem Hospital erbaute. Aber es gibt auch die Theorie, dass die Kirche von Kaufleuten aus Ravello erbaut wurde. Im 19. Jh. wurde sie auch Chiesa del Purgatorio (Fegefeuerkirche) genannt. Die Fassade mit kleinem Glockenturm ist reich mit romanischen Figuren dekoriert und hat ein Portal, das von zwei Säulen flankiert wird, auf denen sich Skulpturen eines Greifen und eines Löwen befinden, der Beute in seinem Maul festhält.
Vor der Kirche steht ein Schild, das die örtliche Sektion des katholischen Ordens der Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem (italienisch: Ordine equestre del Santo Sepolcro di Gerusalemme) aufstellen ließ. Glauben wir also ihnen und der Templervariante. Kulinarisch am besten aufgehoben ist man in Trani zudem am besten im Baciuco! In dieser alteingesessenen Bar mit Bistrot an der Piazza Cesare Battisti sitzt man prächtig auf der Piazza und genießt die lokale Küche. Unbedingt den Tintenfischsalat probieren!
Mit Barletta ist dann schließlich die bedeutendste der Küstenstädte nördlich Bari erreicht. Auch hier dominiert das normannisch-stauferische Kastell, das sogar eine Büste des Stauferkaisers Friedrich II. (1194 – 1250) beherbergt. Die allerdings ist in äußerst ramponiertem Zustand und nur schwer als Kaiserbüste identifizierbar. Sie steht hier im Museum für Stadtgeschichte. Bis 2002 wurden Park und Garten vor der Burg restauriert und als Giardini Fratelli Cervi benannt. Die Fratelli Cervi waren sieben Brüder in der italienischen Resistenza, die 1944 von italienischen Faschisten in Reggio Emilia hingerichtet wurden. Ein weiteres, 2015 errichtetes Denkmal erinnert die im Dienst „für Vaterland und Frieden“ gefallenen Carabinieri, darunter sechs Carabinieri, die 1943 dem Massaker von Barletta zum Opfer fielen, als örtliche Polizisten und Carabinieri von Einheiten der Wehrmacht hingerichtet wurden – ein fürchterlicher Racheakt!
Direkt gegenüber dem Kastell ragt am Rande des historischen Fischerviertels der Dom von Barletta auf. Hier überzeugen erst einmal neue Wandbilder, die der örtliche Künstler Giacomo Borgiac schuf. Sie zeigen Petrus sowie eine Straße des Fischerviertels. Neben der spektakulären Hauptfassade lohnen im 1126 bis ins 14. Jh. erbauten Dom unbedingt das Ziborium aus dem 12. Jh., der Marmorbischofssitz von 1961 und die Statue der Mondsichelmadonna (Strahlenkranzmadonna). Kulinarisch sorgt an der Piazza Castello das Limes Café für opulente Gerichte. Pub und Bar führt Ruggiero Lamacchia vortrefflich.
Berühmt ist Barletta für die berühmte Disfida di Barletta, das Duell von Barletta, in dem 13 italienische Ritter 1503 13 französische Ritter besiegten und so die Ehre der Italiener wieder herstellten. Den Anfang nahm die Fehde in Barlettas „Cantina della Disfida“, schon seit 1938 ein Museum, das man nun mit CovPass besichtigen kann. Die Tradition will, dass der Beginn des Duells hier in diesem Keller am 15. Januar 1503 stattfand, als der französische Ritter Charles de la Motte während eines Banketts den Mut der italienischen Ritter in Frage stellte. Gegenüber, an der Piazza della Sfida, zeigt das Denkmal alle 13 Namen der Ritter, darunter den berühmtesten: Ettore Fieramosca.
Absoluter Star in der Hafenstadt ist aber der Koloss von Barletta: Er steht am Corso Vittorio Emanuele vor der Chiesa del Santo Sepolcro (Kirche des Heiligen Grabes). Dias Ungetüm, diese 5,11 m hohe Bronzestatue, wurde höchstwahrscheinlich im 5. oder 6. Jh. n. Chr. geschaffen und stellt einen römischen Kaiser dar. Nach örtlicher Tradition soll es sich um Kaiser Herakleios (regierte 610 – 641 n. Chr.) handeln. Andere Quellen favorisieren Theodosius II. (regierte 402 – 450 n. Chr.), Honorius (regierte 393 – 423 n. Chr.), Valentinian I. (regierte 364 – 375 n. Chr.), Markian (r. 457 – 474 n. Chr.), Justinian I. (r. 527 – 565 n. Chr.) oder vielleicht Leo I. (r. 457 – 474 n. Chr.). Die Statue wurde 1491 repariert, Arme und Beine erst damals hinzugefügt. Zuvor lag sie auch schon im Hafen, sie soll einem venezianischen Schiff beim Ausladen über Bord gegangen sein.
Nach der Besichtigung der bemerkenswerten Kirche vom Heiligen Grab, die über eine eigene Schatzkammer (Museum) verfügt, lohnt dann der Besuch im kleinen, aber feinen Alternativen-Treff Modà Lounge Cafè an der nur 40 m entfernten Via Nazareth 12. Hier wird man mit leckeren Speisen und Getränken verwöhnt und kann an der an der Hauswand angebrachten „Piccola Libreria di Strada“ („Kleine Straßenbücherei“) nach Herzenslust nach Gedrucktem stöbern.
Fotos: Ellen Spielmann