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Zu Besuch im Fischrestaurant Ryby Zubowicz in Kamień Pomorski

Nur anderthalb Kilometer sind es hierher vom Stadtzentrum von Kamień Pomorski mit der gut ausgebauten modernen Marina und dem vielbesuchten Landungssteg. Doch erwartet den Besucher hier eine nochmals gänzlich andere, fast dörfliche Welt. Alles wirkt hier noch überschaubar mit einem Miniatur-Hafenidyll der besonderen Art. Denn auch am Fischrestaurant befindet sich, gesäumt von der Kulisse eines historischen Speicherturms aus Ziegelsteinen und dem etwas bröckelnden Charme ehemals sozialistischer Hafenbauten, eine kleine, feine Marina. Hier wiegen sich ebenfalls hochaufragende Masten edler Jachten im Wind, dümpeln vor Anker liegende kleinere Motorboote und erheben sich mächtige majestätische Holzjachten wie die „Deicke“ auf dem Trockenen: aufgebockt an Land.

Am kleinen Slip werden eifrig boote zu Wasser gelassen oder angelandet, während nebenan an einem fast übersehenen Holzsteg ein älterer Fischer sein, kleines flaches Fischerboot fest am Kai vertäut. Hier begann wohl die Erfolgsgeschichte jenes Marian Zubowicz, der wie die andere Mitarbeiter mit dem Fischerboot „Kam-13“ über Jahre selbst auf den Bodden hinaus fuhr, um die sich im östlichsten Teil des Stettiner Haffs und in der Ostsee tummelnden Kostbarkeiten für seine durchaus verwöhnten Gäste fangfrisch auf den Tisch zu bringen. Und die sind natürlich heute längst Teil jenes regionalen kulinarischen Kulturgutes, das längst europaweit vernetzt für die lokale, auch biologisch einwandfreie Küche wirbt. Dem ist übrigens noch heute so, die „Kam-13“ sticht weiterhin in See. Gleich hinter dem weitläufig angelegten Restaurantareal steht man staunend vor im sanften Küstenwind trocknenden Fischernetzen, endlosen Reusen und allerlei bereitliegendem Fischereizubehör. Dies ist kein Museum! Hier wird tatsächlich gefischt und hart und auf traditionelle Art gearbeitet – und dies höchst erfolgreich. Dies beweisen die gerade an den Wochenenden fast endlosen Schlangen vor dem schlichten Eingang zu diesem kulinarischen Tempel der Fischgerichte.

Fischernetze warten am Hafen auf ihren nächsten Einsatz. Foto: Ellen Spielmann
Fischernetze warten am Hafen auf ihren nächsten Einsatz. Foto: Ellen Spielmann

Gleich rechts vom Eingang wirbt ein weiteres, rot, weiß und gelb leuchtendes Metallschild mit der Aufschrift „MIEJSCHE POLECAJA“, „Empfohlener Ort“. Darunter folgt eine karminrot leuchtende Bratpfanne, aus der zwei gebratene Spiegeleier als Augen leuchten, während der weiß nachgezogene Pfannenrand einen fröhlich strahlenden Mund darstellt. Daneben folgt der Schriftzug „Kuchenne rewolucje“ „Küchenrevolutionen“, gefolgt von „Naszymi oczami“: „mit unseren Augen“! Und natürlich ist auch dies eine besondere Werbung für das Ryby Zubowicz. Denn hier wird Bezug genommen auf die seit 2010 in Polen höchst erfolgreich ausgestrahlte Reality-TV-Sendung „Kuchenne rewolucje“. Die Hauptrolle in diesen „Küchenrevolutionen“ spielt die polnische Köchin Magda Daria Gessler (geb. 1953), die selbst Restaurantbesitzerin ist und heute unter anderem drei Restaurants in Warschau, das Polka in Zelazowa Wola und die zwei Restaurants Krysztalowa und Santo Porto in Gdynia (Gdingen) besitzt.

Magda Gessler ist ein wirklicher Star in der polnischen Kochszene, war in mehreren Kochshows zugegen, hat eine Reihe erfolgreicher Kochbücher verfasst und wurde von Polens Regierung für die Förderung polnischer Lebensmittel geehrt. Kein Wunder daher, dass das Ryby Zubowicz stolz ist auf die „Küchenrevolutionen“ ist. Näheres erfährt man dann auf der angegebenen Facebook-Seite. Und natürlich ist auch Marian Zubowicz sicher ein Teil dieses grandiosen Erfolges und ein Küchenrevolutionär schlechthin. Denn das Aushängeschild auf der Speisekarte ist ein von ihm selbst erfundenes Gericht: „Losoś kiszony“, „sauer eingelegter Lachs“. Sogar ein eigenes Logo haben die Zubowicz auf der dreisprachigen (polnisch, deutsch, englisch) kleinen, aber feinen Speisekarte für dieses Gericht entwickelt.

Und so fällt es nicht schwer, diese Spezialität sofort als Vorspeise (25 Zloty), im gegrillten Baguette (23 Zloty) oder in Fischsalat zu entdecken. Dort wird der sauer eingelegte Lachs in Buttergeschenkt mit gemischtem Salat, Gemüse, Oliven und gebratenen Sonnenblumenkernen serviert (29 Zloty): ein Hit! Auch in einem Nudelgericht Penne mit eingelegtem saurem Lachs, Sahnesauce, Gemüse und Parmesankäse ist er vertreten (28 Zloty). Was aber ist nun diese besondere Spezialität, was macht sie zum Unikum? Schließlich ist marinierter Lachs durchaus bekannt. Nun, da muss die Tochter des Hauses, Natalia Zubowicz, lächeln. Stolz präsentiert sie den herrlichen rohen Lachs in der Küche des Restaurants. Schließlich ist sie heute die Besitzerin des Fischrestaurants und ist mit ihrer jungen, stets agilen und äußerst freundlichen Crew hauptverantwortlich für den großen Erfolg. Und sie erklärt, dass der rohe Lachs mit einer handverlesenen, natürlich geheimen Komposition aus polnischen Kräutern und Gewürzen der vier Jahreszeiten und vor allem Knoblauch gewürzt wird. Dann muss der Lachs ruhen, möglichst bei Niedrigtemperaturen.

Frischer marinierter Lachs: lecker. Foto: Ellen Spielmann
Frischer marinierter Lachs: lecker. Foto: Ellen Spielmann

Und dies nicht ein, zwei oder drei Tage, sondern fast einen ganzen Monat! Nachahmer seien also gewarnt, dies Marinieren wird aufwändig! Der Lachs selbst stammt übrigens von nahebei – denn Wildlachs kann und sollte man nicht erwarten. Die Lachsfarm befindet sich nur 20 km entfernt in Rewal (deutsch einst Rewahl) in Hinterpommern und ist somit ebenfalls als regional, wenn nicht sogar als lokal angesiedelt zu betrachten. Und das Ergebnis ist, allen voran der als Vorspeise servierte pure eingelegte saure Lachs – sensationell gut und lecker. Warum dies so ist, verdeutlicht auch ein Blick auf die Theke des Fischrestaurants. Denn dort wird in großen Glasbehältern selbstgemachte Limonade angeboten: aus Zitronen, Gurken, Wassermelone oder Lavendel! Ebenfalls ein Gedicht. Wir haben zum eingelegten sauren Lachs Gurkenlimonade probiert – perfekt! Man kann indes natürlich auch auf Fruchtsäfte (Orange, Johannisbeere, Apfel, Tomate) oder auf ein frisch gezapftes Bier zurückgreifen. Sowohl Stettins Aushängeschild in Sachen Bier, das Bosman, als auch saisonales Bier einer kleinen lokalen Brauerei fließen vom Fass.

Und tatsächlich findet sich diese Empfehlung in vielen Internet-Kommentaren zu diesem Fischrestaurant: Das Ryby Zubowicz sei einfach ideal für einen gemütlichen Spätnachmittag mit Fischspezialitäten und Bier, noch dazu zu äußerst günstigen Preisen! Dem ist nur zuzustimmen. Auch Weinfreunde müssen nicht darben, wenn auch das Weinangebot etwas schmal ausfällt und sich beim Weißen auf einen halbtrockenen Mosel-Riesling (Glas 0,15 l für 15 Zloty, Flasche 0,75 l für 70 Zloty), beim Roten auf einen halbtrockenen spanischen Tempranillo Herradura (Glas 0,15 l für 16 Zloty, Flasche 0,75 l für 70 Zloty) beschränkt. Hier könnte Natalia eventuell nachbessern, gerade auch, weil sich ja nahebei direkt vor den Toren Stettins mit Turnau und Kojder gleich zwei neue polnische Weingüter mit guten Angeboten befinden.

Wie herausragend der Fisch aus dem Camminer Bodden und der nahen Ostsee ist, zeigt auch der Blick auf die weiteren Gerichte. Unbedingt zu empfehlen ist der Dorsch Sous vide in Buttersauce mit Zitronenpfeffer, Zwiebeln, Reis und frischem Salat serviert (36 Zloty). Und es gibt natürlich Drosch, Zander oder Barsch auch im Bierteig serviert (je 100 g 11 bis 15 Zloty). Der Höhepunkt schlechthin sind dann aber die mit Dorsch gefüllten Piroggen (farsz bzw. pierogi rybnie z dorsza). Die sollte man sich nie entgehen lassen. Natürlich hat es auch Heringsgerichte, eine Weißweinfischsuppe (17 Zloty) oder Penne mit Tunfisch. Letzteres ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Ausdrücklich wird auf die Schärfe des Gerichts hingewiesen (Danie pikantne/Scharfes Gericht).

Fisch aus dem Camminer Bodden. Foto: Ellen Spielmann
Fisch aus dem Camminer Bodden. Foto: Ellen Spielmann

Für die kleinen Gäste werden weniger scharfe Piratennudeln (15 Zloty) serviert. Teuerstes Gericht sind die Tiger-Krevetten mit gemischtem Salat, Mango, Avocado und Honig-Zitronendressing (39 Zloty). Hausgemachter Kuchen, Espresso oder Tee runden den perfekten Lokalbesuch ab, ehe entweder der Panoramablick auf den Bodden samt wogendem Schilf, langsam dahinziehenden Hausbooten und Sonnenuntergang oder der gemütliche Spaziergang zurück ins Zentrum von Kamień Pomorski, dem einstigen Cammin in Pommern, locken, wo weitere Gastronomie öffnet und ein gutes Übernachtungsangebot warten. Zuvor aber sollte man im Außer-Haus-Verkauf (auch Räucherfisch!!) den eingelegten sauren Lachs für daheim erstehen (1 Kilo = 135 Zloty/ca. 30 Euro).


Information:

Polnisches Fremdenverkehrsamt, Hohenzollerndamm 151, 14199 Berlin, Tel. 030 210 09 20, www.polen.travel 

Regionale Tourismusorganisation Westpommern/Pomorze Zachodnie ZROT (Zachodniopomorska Regionalna Organizacja Turystyczna ZROT), www.zrot.pl 

Vor Ort:

Centrum Informacji Turystycznej Szczecin (Tourismuszentrale Stettin), www.szczecin.eu 

Kamień Pomorski: www.polen.travel/de/freizeit/kurorte-a-z/kamien-pomorski
Essen und Trinken: Restauracja Ryby Natalia Zubowicz, www.rybyzubowicz.pl 

Fotos: Ellen Spielmann

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