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Zu Besuch bei Giampaolo Motta auf seinem Weingut La Massa

Natürlich ist Giampaolo Motta hier auch gern Gast, nicht nur wegen seiner gerühmten Roten im Bordeaux-Stil, auch aufgrund des breitgefächerten Angebots an perlenden Schaumweinen der Extraklasse, die er ebenso liebt. Schmunzelnd erklärt er uns bei einem Gläschen Schampus, dass Freunde ihn gern auch mit dem Wortspiel „Champaolo” auf den Arm nehmen.

Klar, Giampaolo Massa ist aktuell sicher nicht der berühmteste Bürger im eher überschaubaren Dorf Panzano. Dies ist nicht die Familie Baldi mit ihrer Enoteca. Doch nur 200 Meter weiter an der Via XX Luglio 11 öffnet Metzgermeister Dario Cecchini die Pforten seines Laden- und Restaurant-Imperiums, vor denen sich mittags und abends regelmäßig Menschentrauben sammeln, um in seiner „Officina” („Werkstatt”) oder gegenüber im Ristorante „Solocicca” („Nur Fleisch”) eines seiner berühmten Bistecce Fiorentine oder nun durchaus auch ein vegetarisches Menü zu genießen. Dario Cecchini habe, so Giampaolo Motta, das beschauliche Panzano aus dem Schlaf geweckt. Und dies nicht nur, weil er in seiner historischen Metzgerei gern die T-Bone-Steaks zu Hardrock-Kängen von AC/DC bearbeitet.

Im Weinkeller des Weinguts. Foto: Tenuta La Massa / Studio Clou
Im Weinkeller des Weinguts. Foto: Tenuta La Massa / Studio Clou

Aber auch Giampaolo Motta darf für sich in Anspruch nehmen, durchaus ein wenig Aufregung und Lärm in das schmucke Weindorf gebracht zu haben. Dies liegt an seiner Vita, aber auch an seinem Wissen und seiner Cleverness. So lehnt er sich bei der Diskussion um den neuen Jahrgang 2024 höchst zufrieden zurück, da er wieder einmal die richtigen Entscheidungen getroffen hat. Der Jahrgang werde gut, da ist er sich sicher. Doch wie alle anderen auch stand er vor der schwierigen Entscheidung, auf die ergiebigen Regenfälle im September und Oktober zu reagieren. Er entschied sich für das Abwarten – was wohl das Richtige war. Andere Winzer waren zu vorsichtig, ernteten zu früh und müssen so eventuell Qualitätseinbußen einkalkulieren.

Nur theoretisch „Lärm” macht dann sein herrlicher Weinkeller auf dem Gut La Massa an Panzanos berühmter Conca d`Oro. Motta vergleicht den Aufbau des Kelers gern mit dem Innenleben eines Formel-1-Boliden, vorzugsweise eines Ferrari, denn er ist natürlich auch lebenslänglich Ferrarti-Fan. Dabei stehen seine Reihen von silbrig glänzenden Stahltanks durchaus für die Zylinderkräfte eines röhrenden Formel-1-Motors, die Farbgebung der Räume und das herrliche Barriques- und Tonneaux-Lager tun ein Übriges für den Vergleich. 

Die Trauben in der Endkontrolle. Foto: Tenuta La Massa / Studio Clou
Die Trauben in der Endkontrolle. Foto: Tenuta La Massa / Studio Clou

Und da ist natürlich Giampaolo Motta selbst, der 1992 das Weingut La Massa im südlichen Abschnitt der einzigartigen Conca d`Oro erwarb. Damals war dies eine Sensation. Denn Motta ist gebürtiger Neapolitaner. Ursprünglich aus einer Familie von Lederfabrikanten stammend, verbrachte er seine Ausbildungsjahre in diesem Metier im französischen Lyon. Dort aber lernte er nicht nur die französische Küche schätzen und lieben, sondern vor allem auch den französischen Wein, allen voran die Bordeaux-Weine. Und so stand für ihn fest, selbst Winzer zu werden und Weine in diesem einzigartigen Stil zu kreieren. „Damals”, so Motta, „waren die Bordeaux-Weine noch halbwegs bezahlbar und ich konnte nach Herzenslust die besten Tropfen genießen.” 

Heute, 32 Jahre nach Übernahme von La Motta, lernt sein Sohn in den berühmtesten Weingütern des Bordeaux-Gebietes das Winzerhandwerk von der Pieke auf – und ist begeistert, wie zahlreiche Posts auf Mottas Mobiltelefon nahelegen. Er selbst indes reüssierte nun mit seinem grandiosen Spitzenwein „Giorgio Primo” des Jahrgangs 2020 erneut und ist zum zweiten Mal in Folge auf dem renommierten „Marktplatz” der Welt, der Place de Bordeaux präsent. Nicht selten, so Giampaolo Motta, habe in seinem Leben auch der Zufall eine besondere Rolle gespielt, habe – etwa bei der Wahl einer kreditgebenden Bank ausgerechnet aus dem skeptischen Südtirol. Aber für ihn als waschechten Neapolitaner, der sich indes längst auch als Toskaner fühlt, sind die sich mehrenden Großerfolge vor allem ein Zeichen der Kontinuität seiner Denk- und Arbeitsphilosophie, die önologische Geschichte des Weinguts prägte und seinem „französischen Stil mit internationalem Geist” vollends entspricht. 

Giampaolo Motta. Foto: Tenuta La Massa / Studio Clou
Giampaolo Motta. Foto: Tenuta La Massa / Studio Clou

Der endgültige Durchbruch kam mit der Edition des Giorgio Primo 2019: ein Riesenerfolg, den die internationale Weinkritik vergab bis zu 99 Punkten (Falstaff) auf der 100-Punkte-Skala. Und auch dieser neue Jahrgang dürften ähnlich hohe, wenn nicht höchste Bewertungen erhalten. Denn der Giorgio Primo 2020 bringt die ganze Erfahrung, die Giampaolo Motta und sein Team im Laufe der Zeit gesammelt haben, ins Glas. „Das Ergebnis ist ein Wein“, so Giampaolo Motta, „mit großem Entwicklungspotenzial, ausgewogen und raffiniert, der von unserer Liebe zu einem Land erzählt, das uns aufgenommen hat und uns jedes Jahr neue Emotionen schenkt.“

Die Degustation in Mottas Weinkeller startet erst einmal mit den weiteren Weinen des Gutes. Dies sind der Gutswein „La Massa” und der „Carla 6”. Der „La Massa IGT Toscana 2020”, der mit bis zu 94 und vom Wine Enthusiast sogar mit 96 Punkten bewertet wird, ist ein Blend aus Sangiovese, Cabernet Sauvignon und Merlot. Höher als der „La Massa” ist der „Carla 6 IGT Toscana 2019”, zu bewerten, ein von Motta und seinem Berater und Freund Stephane Derenoncourt entwickelter sortenreiner Sangiovese von der Parzelle Nummer 6, die in Sichtweite der Kellerei liegt und Tochter Carla gewidmet ist. 

Die 2019er Edition dieses in Tonneaux aus französischer Eiche reifenden Weins erhielt vom Falstaff satte 96 Punkte! Neu als vierter Wein hinzu kommt nun der „La Massa Asiram IGT Toscana 2019”, eine Hommage an Giampaolo Mottas verstorbene Mutter Marisa, die er mit diesem exzellenten Wein auf originelle Weise ehrt. Von der Erstausgabe wurden allerdings nur 2000 Flaschen aufgelegt. Emotionen zeichnen schließlich auch das Flaggschiff des „Giorgio Primo” aus, benannt nach Giampaolos Großvater. Er ist die Essenz des Weingutes, trumpft mit langer Lagerfähigkeit auf und liegt allerdings auch im gehobenen Preissegment.


Informationen:

Tenuta La Massa: www.lamassa.com

Fotos: Tenuta La Massa / Studio Clou

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