Zugegeben: Florida als „sunshine state“ steht zunächst für jede Menge Sonne, Strand und kulinarische Genüsse. Kilometerlange Strände, durchschnittlich gut zwölf Sonnenstunden täglich und die verschiedensten Gastronomien locken Besucher aus aller Welt. Sinnvoll ergänzen kann man seinen Aufenthalt in St. Petersburg durch jede Menge Kultur. Zahlreiche Museen zeigen unterschiedlichste Kunst. Allen voran das Dalí Museum, welches nicht nur Werke des spanischen Malers zeigt, sondern im Rahmen des „dalí alive 360°“ das Wesen des Künstlers und sein Schaffen filmisch in einem 360°-Erlebnis präsentiert.
Eindrucksvoll wandern die Augen entlang der Projektionsfläche, welche die Besucher allumfassend umgibt. Kunst erwacht zum Leben, wenn das multisensorische Darstellungserlebnis des Künstlers Lebensabschnitte in Paris, Spanien und Amerika skizziert. Der Dalí Dome unterstützt mit Sprache und der stetigen Darstellung laufender Uhren oder brennender Giraffen die Geschichte des „Retters“ (Salvador = deutsch: Retter). Denn ebenso sah sich der Künstler: Als Retter der Malerei vor der Leere der modernen Kunst, wie er es selbst 1920 kommunizierte.
Er war umstritten und geliebt, innovativ und hintergründig. Seine Werke sind mehr als nur eine Momentaufnahme oder ein Spiegel der Zeit. Es ist immer ein Augenzwinkern dabei, gepaart mit gesellschaftlicher Kritik und durchaus humoristischen Elementen. Und so bunt wie das Leben Dalís war, so bunt präsentiert sich auch die Ausstellung im Museum.
Ungläubig verharren
2400 Werke Dalís sind in den Räumlichkeiten des Museums untergebracht, darunter Ölgemälde, Drucke, Skulpturen, Fotos, Zeichnungen und Illustrationen. Viele Bilder aus der „Frühen Periode“ (1917 bis 1928) sind zu finden, und wer an Dalí denkt, wird bei der Betrachtung von „View of Cadaqués from Playa Poal“ oder „Still Life: Fish with Red Bowl“ eher ungläubig verharren.
Erst mit den Werken aus seiner „Surrealistischen Periode“ (1929 bis 1940) kommt der „vertraute“ Künstler in das Blickfeld der Betrachter. Es sind Werke wie „The Invisible Man“, „Daddy Longlegs of the Evening–Hope!“ oder auch „Fantasies Diurnes“ die verharren lassen, einer genaueren Betrachtung bedürfen. Es ist das Sichtbarmachen von Unfassbarem und moralisch Rätselhaftem. Eine Gratwanderung zwischen Chaos und dem Paradox, methodischer Wiederholung und Dehnungs- und Drehungsprozessen.
Mischwerk seiner Stile
Mit den Werken aus Dalís „Klassischer Periode“ (1941 bis 1983) wie zum Beispiel „Nature Morte Vivante (Still Life-Fast Moving)“ oder auch „Noon (Barracks Port Lligat)“ ist der Rückbesinnungswandel des Künstlers auf andere Epochen und Werte erkennbar. Obschon auch diese Phase des Künstlers stets ein Mischwerk seiner Stile war: vom Surrealismus, psychedelischer Formen, Pop Art und geometrischer Abstraktionen, gehört diese Lebensphase Dalís unbestritten zu der abwechslungsreichsten.
Muse Gala und Amanda Lear
Gerade die 1960er und 1970er Jahre unterlagen dabei einem Wandel im Leben des Spaniers, begannen doch der Künstler und seine Muse Gala unterschiedliche Wege zu gehen. Neu inspiriert von der damals noch recht unbekannten Amanda Lear, welche sich später als Popsängerin einen Namen machte, entstanden Werke wie „The Hallucinogenic Toreador“ und „Portrait of Abraham Lincoln“, Fotografien wie „Dalí in crown chair“ und Objekte mit den Namen „Carmen la crotalos“, „Angel de la victoria“ und „Cristo de San Juan de la Cruz“, welche alle im Museum ausgestellt sind.
Das Museum ist neben dem „dalí alive 360°“ und der festen Ausstellung eine Erlebnisreise durch das Schaffen Dalís, welche durch die von A. Reynolds und Eleanor Morse gesammelten Werke des Künstlers gegründet wurde. Die Morses stellten ihre Dalí-Gemälde zunächst in ihrem Haus aus und beschlossen Mitte der 1970er Jahre, ihre gesamte Sammlung zu spenden. Das Dalí-Museum in St. Petersburg wurde 1982, das repräsentative neue Gebäude wurde am 11. Januar 2011 eröffnet. Für Liebhaber des spanischen Künstlers eine absolute Empfehlung.
Imagine Museum
Doch auch für zeitgenössische Kunst findet sich ein Museum in St. Petersburg. Das „Imagine Museum“ stellt Kunstwerke von Künstlern von Australien bis Spanien, von Schweden bis in die USA aus. Gut 200 Künstler präsentieren sich in den Räumlichkeiten des Museums.
2018 eröffnete die amerikanische Künstlerin, Menschenrechtsaktivistin und Philanthropin Trish Duggan das „Imagine Museum“. Da Duggan selbst Glaskunst produziert, ist das Museum ein Ort nach ihren Ideen, in dem Glaskunst nicht nur zu sehen sein sollte, sondern auch ein Ort ist, welcher inspirieren und bilden sollte. Entstanden ist hier die vielleicht bedeutendste Sammlung zeitgenössischer Glaskunst.
Angefangen hat alles vor gut sieben Jahren mit etwa 500 Kunstwerken. Mittlerweile sind 2500 Objekte zu sehen, die teils spektakulär daherkommen, viele gar unmöglich erscheinend ausgestellt sind.
Es sind Installationen wie die „Blaue Madonna“, eine Zusammenarbeit von Gottfried Helnwein und Trish Duggan, welche beeindruckt. Oder auch der gläserne Stuhl von Brent Kee Young aus der Matrix-Serie: „Durch einen überfüllten Raum“. Der Künstler Daniel Dailey ist mit einer Figur („Gelehrt“) vertreten, ebenso Martin Jenecky mit seiner „Reise zur Vorstellungskraft“.
Es ist wirklich schier unglaublich, welch feine Glaskunst hier zu betrachten ist. Der Besuch im Museum ist ein Gang durch Faszination und Bewunderung. Die dargestellten Werke zeigen wie kreativ Glaskunst sein kann – denn stets wird man überrascht durch neue Formen und Figuren: Die Affenfigur ist eines der ganz besonderen Stücke der Kollektion, oder auch das eine oder andere futuristisch anmutende Objekt von Künstlern wie Bertil Vallien. Kunst, die kunstvoll arrangiert ist.
MAACM
Hinter dem Kürzel MAACM steckt, ausgeschrieben, das „Museum of the American Arts & Crafts Movement“. Auch eine Anlaufadresse im Ort, welches sich ausschließlich der amerikanischen Arts- und Crafts-Bewegung widmet. Der Philanthrop und Sammler Rudy Ciccarello gründete das MAACM auf stolzen 137.000 Quadratmetern, aufgeteilt über fünf Stockwerke.
Künstler wie Gustav Stickley, Charles Rohlfs, Frank Lloyd Wright, den Roycrofters oder auch William Grueby sind hier durch Möbel, Töpferwaren, Fliesen, Beleuchtungen, Textilien, Fotografien, Holzschnitte, Metallarbeiten oder auch Rauminstallationen vertreten. Die Arts-and-Crafts-Bewegung entstand am Ende der viktorianischen Ära in England, die Designer versuchten derzeit Design und tägliches Leben einem Reformationsprozess auszusetzen.
Von 1890 bis 1930 verbreitete sich die Arts-and-Crafts-Bewegung in Amerika. Dabei wurde im Design wert auf Einfachheit, Ehrlichkeit bei den Materialien und natürlich Handarbeit gelegt. Viele der ausgestellten Stück sind wahrhaft zeitloses Design – ein schönes Eintauchen in Design und Kunst der vorletzten Jahrhundertwende…
Informationen:
Fotos: Michael Schabacker