Würde man die Weinwelt mit dem Fußball vergleichen, müsste das Weingut Robert Weil der FC Bayern München sein. Wie die Elite-Kicker von der Isar rangiert der Rheingauer Spitzenbetrieb regelmäßig auf den Top-Plätzen.
Mit rund 90 Hektar zählt die 1867 von Namensgeber Robert Weil gegründete und ausschließlich mit Riesling-Reben bestockte Vorzeige-Domäne zu den größten Riesling-Gütern der Welt. Seit 1987 führt Robert Weils Urenkel Wilhelm die Geschäfte in vierter Generation. „Das Weingut in Kiedrich ist seit Jahrzehnten das Nonplusultra in Sachen Riesling“, schreiben die Juroren des Gault & Millau in ihrer aktuellen Ausgabe. Die Weine seien „hochkomplexe Kunstwerke mit ganz eigener Weil-Stilistik“. Die Philosophie: „Riesling pur, Weltklasse.“
Es ist erstaunlich, mit welcher Verlässlichkeit Gutsdirektor Wilhelm Weil und seine Mannschaft zu Werke gehen. Ein Jahrgang mag noch so herausfordernd sein: Im Jahr darauf gibt es regelmäßig – eben wie beim FC Bayern – erstklassige Ergebnisse. Dazu zählt auch der sehr heiße und trockene Jahrgang 2022, dessen Niederschläge im September zur besonderen Herausforderung wurden. „Der Jahrgang 2022 ist sowohl bei den Gutsweinen, Ortsweinen, Ersten Lagen und Großen Lagen von hervorragender Güte“, resümiert Wilhelm Weil gegenüber dem KULINARIKER. Schon der Gutsriesling weist den Weg: In der Nase Apfel, Quitte, Melone. Am Gaumen eine fein strukturierte Mineralik nebst perfekt eingebundener Säure und feiner Würze. Herrlicher Trinkfluss voller Harmonie und Balance. Zur Trinkfreude animiert auch die faire Preis-Genuss-Relation.
Riesling-Meisterwerk mit außergewöhnlicher Länge
Einmal mehr vorzüglich gelungen ist das Große Gewächs aus dem Gräfenberg. Der Gräfenberg ist die weltweit einzige Lage, in der durchgehend, seit dem Jahrgang 1989 bis heute, alle Qualitätsstufen bis hin zur Trockenbeerenauslese geerntet werden konnten. Fruchtaromen von Apfel, Birne und Mandarine, etwas Pfirsich und Orangenzeste in der Nase. Am Gaumen vereinen sich die grazile Säure, vehemente Kraft und elegante Opulenz zu einem Meister der Finesse. Nicht ohne Grund repräsentiert dieser trocken ausgebaute Wein mit seiner enormen Länge die Spitze der trockenen Weine im Portfolio des Weinguts. Wer es schafft, ihn nicht gleich zu trinken, kann sich dank seines enormen Lagerpotenzials noch in vielen Jahren an diesem Riesling-Meisterwerk erfreuen.
Weils persönlicher 2022er-Favorit ist der Riesling Turmberg Trocken: „Wegen seiner besonderen Mineralität, seines Zugs, seiner puren Sensorik und auch seiner außergewöhnlichen Länge wegen.“ Es ist für ihn ein Wein, „der über die nächsten Jahre und Jahrzehnte in weitere Größe hineinwachsen wird“.
„Trauben wie im Bilderbuch“
Wie wird der 2023er-Jahrgang? „Die Vegetation hat gleichermaßen Reben als auch uns Winzer sehr gefordert“, verrät uns Wilhelm Weil, den das Fachmagazin Vinum als „eine der Lichtgestalten des deutschen Weinbaus“ bezeichnet. „Juni und Juli waren extrem heiß und trocken, hier hat unser Wald über den Kiedricher Weinbergen als wertvoller Wasserspeicher zur Erhaltung und Absicherung einer Mindestfeuchte im Rebhang geholfen“, blickt der Vorsitzende des VDP Rheingau zurück. Mit Blick auf die hohen Niederschläge im August und im September habe sich die Drainage im Kiedricher Berg mit den Phyllit-Böden als sehr hilfreich erwiesen, die Reben hätten „keine nassen Füße bekommen“.
So unterstützt konnte der Absolvent der Fachhochschule Geisenheim mit seinen Mitstreitern die Trauben in eine gute Reife ohne Fäulnis führen. „Trauben wie im Bilderbuch“, freut sich Weil, der im Mai seinen 60. Geburtstag feierte. Nun gelte es, aus „perfekten Trauben, die richtig gut schmecken, auch großartige Weine zu machen“. Wer mag daran zweifeln?
Informationen:
www.weingut-robert-weil.com/de
Fotos: Weingut Robert Weil