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Weingut Gebrüder Mathis: Die jungen Wilden vom Tuniberg

„Unser gemeinsamer Traum ist einfach umrissen: Zufriedenheit aus der Arbeit mit der Natur. Kleine Schritte zum großen Wein.“ So lautet das Motto von Sabeth Sedlatschek und Severin Stich. Sie lernten sich während ihres Weinbaustudiums in Geisenheim kennen und stiegen nach ihrem Abschluss in den badischen Familienbetrieb ein.

Gegründet wurde das Weingut „Gebrüder Mathis“ in den 1970er Jahren, als die Brüder Bernhard und Paul begannen, die Vorratsflächen des elterlichen Gips-Steinbruchs als Weinberge zu bewirtschaften. Sie kamen überein, ihre Burgunder in französischen Barriquefässern auszubauen, was zu dieser Zeit ein Novum für badischen Wein darstellte. So wurden die beiden, die den Wein ursprünglich nur für den eigenen Bedarf produzierten, zu den badischen Pionieren der Vinifizierung im kleinen Eichenfass.

Fassprobe im Weinkeller. Foto: Weingut Gebrüder Mathis
Fassprobe im Weinkeller. Foto: Weingut Gebrüder Mathis

2020 begann ein neues Kapitel für das Weingut, als Sabeth und Severin, der Enkel der Gründer, die Regie übernahmen. „Wir haben seither viel auf den Kopf gestellt“, sagt die junge Winzerin, die zuvor beim Südpfälzer Vorzeigeweingut Ökonomierat Rebholz in der Pfalz ihr Weinwissen vertiefte. Es war die Liebe zu Severin, die sie an den Kaiserstuhl zog. Zusammen will das dynamische Jungwinzer-Paar frischen Wind an den Tuniberg bringen. Dazu gehört vor allem Umwandlung des ehemals klassischen Burgunderbetriebs in einen Biobetrieb.

Ehrliche Produkte, ohne Chichi

Zwischen Schwarzwald und Vogesen, südlich des Kaiserstuhls, erhebt sich das Weinbaugebiet Tuniberg mit einer Rebfläche von 1.050 Hektar wie eine Insel. Der natürlich hohe Kalkanteil trägt zu einer Verbesserung der Bodeneigenschaften bei, indem er als Nährstoff für Pflanzen und andere Mikroorganismen dient und der Versauerung des Bodens entgegentritt. Viel Wind sorgt für eine spätere Reife, während die badische Sonne für eine Klimatik sorgt, die mit dem des Burgunds vergleichbar ist.

Nur so viel Wein ausbauen, wie es die Natur verträgt... Foto: Weingut Gebrüder Mathis
Nur so viel Wein ausbauen, wie es die Natur verträgt... Foto: Weingut Gebrüder Mathis

Sabeth und Severin wollen nur so viel Wein ausbauen, wie es die Natur verträgt. Sie wollen sich „auf alte Traditionen rückbesinnen, auf den Wein hören und begleiten“. Gemeinsam suchen sie rare Böden, alte Reben und uralte Mauern. „Wenn du perfektes Lesematerial reinbekommst und die Trauben hundert Prozent gesund sind, brauchst du nicht mehr viel im Keller. Dann ist das nur noch begleiten und zuhören, man muss nichts mehr zugeben“, verrät Sabeth Sedlatschek dem KULINARIKER. Die ebenso sympathische wie authentische Winzerin brennt für ihre Sache. Die DNA des Weinguts bezeichnet sie so: „Wir wollen ehrliche Produkte, ohne Chichi. Puristisch und immer einzigartig. Jedes Jahr unterscheidet sich, dann dürfen das auch die Weine. Sie sollen eine Zeitkapsel sein.

Bei der Umstellung auf biologische Weinerzeugung geht es ihr um viel mehr als um den Verzicht von Spritzmitteln und Düngemitteln. „Der ganze Betrieb, die Flächen, die Mitarbeiter, die Reben am besten sogar jeder Regenwurm sollen im Einklang stehen. Dies zu erreichen ist wohl eine Lebensaufgabe“ und sie fügt lächelnd hinzu: „Aber genau da ist ja unser großer Vorteil, wir sind ja noch jung.“

Der Pinot Rosé vom Weingut Gebrüder Mathis. Foto: Weingut Gebrüder Mathis
Der Pinot Rosé vom Weingut Gebrüder Mathis. Foto: Weingut Gebrüder Mathis

Sie sehen sich als „Hirten, welche die Reben, die Trauben und den daraus resultierenden Wein auf Ihrem Weg begleiten und im Notfall eingreifen. Den Rest macht die Natur.“ Dies bedeutet keine Zusätze und spontanvergoren, nicht gepumpt – und nur ein wenig Schwefel. Dazu bekommen die Weine die Zeit, die sie zum Wachsen und zum Reifen brauchen. Dabei wird jede Parzelle einzeln ausgebaut.

Den gemeinsamen Traum Wirklichkeit werden lassen

Heraus kommen Tropfen wie der Weißburgunder Tuniberg. Basis sind 20 bis 45 Jahre alte Reben, die im Weinberg selektioniert. Nach der Handernte erfolgt die schonende Ganztraubenpressung und spontane Vergärung. Zwölf Monate lagert der Weißburgunder im Barrique-Fass (zeitweise gebraucht, zeitweise neu) wird dann unfiltriert abgefüllt. In der Nase klare Aromen von reifer Birne und weißem Pfirsich. Dazu gesellt sich ein kleiner Hauch Vanille, sehr elegant. Am Gaumen präsentiert sich der Weißburgunder Tuniberg weich, mit schön eingebundenem Holz. Die leichte Cremigkeit mit dem zarten Schmelz erinnern an seine Pendants im Burgund. Für knapp 15 Euro bekommen Wein-Aficionados viel Qualität zum kleinen Preis.

Severin Stich: ehrliche Produkte, ohne Chichi. Foto: Weingut Gebrüder Mathis
Severin Stich: ehrliche Produkte, ohne Chichi. Foto: Weingut Gebrüder Mathis

Ohne Schnickschnack, ohne Allüren – aber filigran und reintönig. So präsentiert sich auch der „Souris Grise“ (dt. graue Maus), ein mit seiner Hefe abgefüllter puristischer Grauburgunder mit feiner Mineralität und schöner Salzigkeit. „Cirque des levures“ (dt. Hefezirkus) ist eine maischevergorene, acht Monate im Barrique gereifte Weißweincuvée, die sich finessenreich mit weichen, saftigen Kopfnoten präsentiert. Im Glas strahlt der Wein in einem kräftig, leuchtenden Orange. Beim „Cirque des levures“ kommen nicht nur Liebhaber von Natural Wine auf ihre Kosten.

Flaggschiff der Weinkollektion des energiegeladenen Winzerpaares ist der Rosenloch Spätburgunder. 18 Monate im Barrique gereift, die Hälfte Neuholzanteil, unfiltriert gefüllt, über 40 Jahre alte Reben. Reife, dichte, Frucht mit nussigen und leicht kakaowürzigen Holznoten, feine Tannine, rauchige Anklänge, viel Salz – gekrönt von einem intensiven Abgang.

Es wird sehr interessant sein zu beobachten, wie Sabeth Sedlatschek und Severin Stich ihren gemeinsamen Traum Wirklichkeit werden lassen: „Kleine Schritte zum großen Wein.“ Die beiden sind auf dem besten Wege.


Informationen:

www.kalkboedele.de

Fotos: Weingut Gebrüder Mathis

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