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Transparent, einfach, direkt, kurzum: fabelhaft! (Teil 2)

Wohl dem also, der ein nummeriertes Fläschchen, etwa mit der Nummer 6358 von nur 6800 abgefüllten Flaschen ergattert. Der Name „Bèru“ verdankt sich wohl dem Etruskischen: „Veru“ bedeutet „edel, erhaben“, was auch italienischen „vero“ („wahr, echt, wirklich“) nachklingt.

Dieser Edelweißwein (14%) mit goldgelber, sonniger Farbe ist ein großartiger Ausdruck der Experimentierfreude von Gutsdirektor Massimo Ruggero, des Önologen Dino Dini und im Weinberg Luca Vitaletti – und überzeugt auch durch seine Langlebigkeit. Sein optimales Alter erreicht der Bèru nach fünf bis sieben Jahren – also gerade richtig für unsere Verkostung. Und er wäre natürlich auch perfekt für das alle sieben Jahre und schon seit 790 Jahren stattfindende Dorfspektakel „Festa Manna“ in Luogosanto.

Der Bèu, nennen wir ihn also den „edlen Erhabenen“, überzeugt durch seine große Struktur und Komplexität und steht für die besondere Ausdruckskraft des Terroirs in der Weinzone Gallura. Die Reifung erfolgte zwölf Monate im französischen Barrique der ersten, zweiten und dritten Passage, eher er weitere sechs Monate auf der Flasche verfeinert wurde. Das Ergebnis ist ein äußerst couragierter Wein, der einmal mehr das Credo des Gutsdirektors unterstreicht: Die Technik auf dem Feld entscheidet, wie der Wein wird!

Siddùra Barrique-Keller. Foto: Siddùra
Siddùra Barrique-Keller. Foto: Siddùra

Zwar hatte Siddùra schon 2015 erstmals einen Preis für einen Wein ergattert. Doch der Bèru 2016 von Siddùra räumte dann 2019 bei den Decanter World Wine Awards (DWWA) in London ab! Er erzielte sagenhafte 97 Punkte, deklassierte die Konkurrenz, erhielt die Platinum-Auszeichnung und rückte so in die internationale Spitzenklasse auf. Erstmals wurde ein Vermentino aus der Gallura so hoch prämiert. Mag der Maìa zum Sommer-Kultwein avancieren: Der Bèru 2016 ist ein herausragender Wein, der bestens auch zu Hauptgerichten, sogar Fleisch passt. Seine mineralische Frische unterstützen Zitrusaromen von Bergamotte und Zitronat, gerösteten Mandeln und Honig, Gewürzen und balsamischen Noten. Er ist harmonisch, elegant und raffiniert und passt exzellent auch zu Antipasti, Meeresfrüchten, Risotto oder Schalentieren, Gegrilltem oder würzigem Käse. Siddùra empfiehlt eine Serviertemperatur von 12 bis 13°C.

Und natürlich standen dann auch noch drei Cannonau zur Verkostung an. Den Beginn machte der Siddùra Èrema Cannonau di Sardegna DOC 2019. Auch dieser reinsortige Cannonau verdankt seinen Namen wohl ebenfalls dem Etruskischen oder Sardischen: Èrema, mit Betonung auf der ersten Silbe, steht für „kleine Pflanze“, könnte aber auch „Eremit, Einsiedler“ bedeuten. In jedem Fall steht der Name auch dafür, dass die Pflanze geradezu „aus der Erde flüchtet“. Auch der Klimawandel, da ist sich Direktor Ruggero sicher, hat in den zurückliegenden fünf Jahren dafür gesorgt, dass der Cannonau nun viel eleganter, aristokratischer daher kommt als früher.

Siddùra Stazzo Degustationsraum. Foto: Siddùra
Siddùra Stazzo Degustationsraum. Foto: Siddùra

Und so gesellt sich zu diesem authochtonen Wein mit „gusto storico“ die moderne, transformierte Version. Ein äußerst leckerer, wunderbar süffiger Wein von intensivem Rot mit violetten Reflexen, der sich durch große Frische, ausgezeichnete Harmonie und fruchtige Noten von kleinen Beeren und Kirsche auszeichnet. Und mit 10 bis 11 € für eine 0,75-l-Flasche ist er herausragend im Preis-Leistungsverhältnis. Einfach ein toller Wein! Für Signore Ruggero ist das eine Selbstverständlichkeit: „Il mercato e grande guerra.“ Der Weinmarkt ist eben auch ein großer Kriegsschauplatz.

Der zweite Cannonau ist dann der Siddùra Fóla Cannonau di Sardegna DOC Riserva 2018. Der Name bedeutet „Fabel“, könnte aber, so ein Kommentar auf ZOOM, im Piemontesischen auch für „un po`matto“, „etwas verrückt“ stehen. Aber „Fabel“ ist zutreffender: einerseits, weil der Wein fabelhaft ist, andererseits, weil man in Luogosanto im Gallura-Dialekt mit dem Wörtchen „Fòla“ das allergrößte Kompliment für einen gelungenen Wein ausdrückt. In großen Fässern 12 Monate ausgebaut, weil dort seine starken Tannine domestiziert werden können, besitzt er Aromen von reifen Früchten, Brombeere, Pflaume und Kirsche. Und er bereitet auch in zehn Jahren noch viel Freude.

Den Abschluss macht der neue Kultwein des Hauses, der Siddùra Nudo Cannonau di Sardegna DOC Rosé 2020. Auch dieser Rosé-Wein existiert als „limited edition“: Aber die Auflage beträgt immerhin 15 300 Flaschen. Wer wie ich etwa Nummer „03295“ ergattert, darf sich auf ein rundes Rosato-Vergnügen der Extraklasse freuen. Der „Nudo“ mit einer Farbe von roten Zwiebelschalen ist schwer angesagt, überzeugt mit floralen Noten und Aromen von Himbeere, Erdbeere und Mandarin, ist frisch und fruchtig, transparent und direkt – eben „Nudo“! Denn das, so Massimo Ruggero, sei es, was der Konsument möchte. Der „Nudo“ hat natürlich auch seinen Preis. Mit ca. 20 € pro 0,75-l-Flasche liegt er im oberen Preissegment. Aber, so Signore Ruggero, der Kosument muss eben manchmal auch ein „sacrificio“, ein „Opfer“ bringen.

Siddùra Nudo Cannonau di Sardegna DOC Rosé 2020. Foto: Siddùra
Siddùra Nudo Cannonau di Sardegna DOC Rosé 2020. Foto: Siddùra

Als Fazit brachte dann Weinjournalist Michele Longo alles auf den Punkt. Er hat sein eigenes Benotungssystem für Wein entwickelt, das von 1 bis 10 reicht. Und so vergab er für die Siddùra-Weine durchweg die Noten 1 bzw. 2. Den kleinen Schock bei Gutsdirektor Massimo Ruggero löste Longo indes rasch auf. „1“ sei keineswegs die schwächste Note, eher die beste. „1“ stehe dafür, dass ein einzelner eine Flasche leere. Die „2“ steht für zwei Menschen, die eine Flasche leeren müssen, bis hin zu zehn Weinliebhabern, die es nur gemeinsam schafften, die Flasche zu leeren. So soll es sein: alles „1“ oder maximal „2“.


Information:

Societá Agricola Siddùra, www.siddura.com 

Fotos: Siddùra

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