Schlesiens westliche Grenze verlief entlang der Flüsse Bóbr und Kwisa, die südliche Grenze markierten das Sudetengebirge mit seinem höchsten Gipfel Śnieża und Karkonosze, während die nördliche zwischen Warta und Odra verlief. In groben Zügen trifft das heute für die Woiwodschaft Schlesien zu. Dieses von den Přemysliden, Piasten und anderen Dynastien regierte Land, um das blutige Kriege geführt wurde, erlebte auch lange Friedenszeiten. Burgen und Schlösser wurden errichtet, Städte gegründet, Kaufleute und Handwerker von weither geholt.
Schwämmeldekor
Von Berlin zum Schloss Kliczków sind es 246 Kilometer, Görlitz liegt nur 50 Kilometer entfernt. Auf dem Weg lohnt ein Stopp in Bolesławiec schon allein wegen seiner reich verzierten traditionellen heute weltweit berühmten Keramik. Dank ihrer Feuerfestigkeit fanden Bunzlauer Tonwaren bereits im 18. Jahrhundert europaweite Bedeutung. Später legte man Wert auf das Alleinstellungmerkmal: ihre Blei- und Cadmiumfreiheit.
Der im Bunzlauer-Naumburger Raum auch heute noch reich vorhandene Ton wurde bis 1260 Grad gebrannt. Tisch- und Essgeschirr, die typisch schlesischen großen „Tippel“ (Tassen), henkellose „Krausen“ (Töpfe) für Marmelade und Honig, Kaffeekannen und Schüsseln mit Lehmglasur wurden bald industriell, vor allem aber auch in vielen Handtöpfereien in Familienbesitz gefertigt. Die 1897 in Bunzlau gegründete Königliche Keramische Fachschule brachte mit Professionalisierung und Erneuerungen den Durchbruch.
Neue Dekortechnik, „Schwämmeldekor“ – farbige Ornamente werden mit zugeschnittenen Schwämmchen („Elefantenohren“) aufgestempelt – manchmal auch mit Pinselmalerei, z.B. Pfauenaugenmotiv ergänzt – krönten Bunzlauer Keramik 1905 mit der Goldmedaille bei der Weltausstellung in London. „Neue Sachlichkeit“ und „Art-déco“ in den 1920er Jahren bildeten einen Höhepunkt in der Bunzlauer Töpferkunst bis dann mit Ende des Zweiten Weltkriegs Schluss war. Nach 1945 begannen Familienbetriebe im kleinen Maßstab wieder Bunzlauer Keramik herzustellen. Heute feiert die traditionelle Töpferkunst in Manufakturen wie der „Manufaktura Bolesławcu“ größte wirtschaftliche und künstlerische Erfolge. Hier wird noch auf der Töpferscheibe gedreht, alte Formen und teils neue designte Muster in Handarbeit gefertigt und bis nach Japan und in die USA exportiert.
Auf ins Schloss
Schloss Kliczkóws Lage mitten im pittoresken niederschlesischen Waldgebiet, nah am Fluss Kwisa, der durch die romantische Landschaft mäandert, ist der perfekte Ort auszuruhen und zu genießen. Historische Gemäuer samt Ecktürmchen, Voluten, Erker und Giebel, der große Schlosshof mit Brunnen, verbinden sich mit modernem Komfort (Thalgo-Spa-Zentrum, Indoor-Pool, Sauna, Fitnessstudio).
Bei geführten Touren durch das Schloss (die in „polnischer, deutscher und engelsgleicher Sprache“ geboten werden) kann heute genau die Architektur und das Interieur bestaunt werden. Denn ein Unternehmen aus Breslau rettete die historischen Gemäuer, investierte von 1990 bis 1999 Millionen zur Restaurierung wurde das Schloss mit Millionenaufwand restauriert.
Wie teuer eine jüngere Investition in museale künstlerische Gestaltung war, lässt sich nur erahnen. Jedenfalls wartet ein historischer Schlosssaal mit einem monumentalen wandfüllenden Holzschnitzwerk des polnischen Bildhauers Jan Papina (geboren 1950) auf. Die Arbeit aus dem Jahr 2019 wurde angekauft und 2022 im Schloss aufgestellt. Das Schnitzwerk heißt „Batory pod Pskowem“ (deutsch: Batory bei Pskow), es stellt die Kriegs-, Belagerungszene von Pskow im Livländischen Krieg in einer eigenwillig polnisch nationalistischen Auslegung dar. Das Werk wiegt 3,5 Tonnen, seine Ausmaße sind: 6 x 3 x 0,40 m. Als Vorlage für das monumentale Holzbildhauerwerk dient das romantisch-nationale Gemälde „Stefan Batory pod Pskowem“ von 1872, das der Maler Jan Matejko (1838 – 1893) malte.
Es behandelt die Belagerung von Pskow 1581/182 im Zuge des polnischen Gegenangriff 1578 – 1582, und zeigt Stephan Báthory, König von Litauen-Polen bzw. Polen-Litauen, vor dem niederknieenden Zar Iwan IV. Diese Geste entspricht nicht den historischen Tatsachen. Denn es gab einen Friedensvertrag (Friedensschluss von Jam Zapolski 1582).
Draußen lockt der 1880 von Eduard Petzold gestaltete 80 Hektar große englische Landschaftsgarten und das Witwenschloss (1880), die in alter Pracht erstrahlen. Kurios ist die Anlage des Pferdefriedhofs von Petzold, der auf Wunsch Graf Friedrich zu Solms-Baruth im Park seinen Platz fand. Heute sind noch zwei Grabsteine der Lieblings- und international erfolgreichen Rennpferde erhalten.
Friedrich Hermann zu Solms-Baruth erbte das Schloss 1920. Die Familie Solms-Baruth besaß es bis zu Beschlagnahmung 1944. Sie fand aufgrund des Engagements von Solms-Baruth im Widerstand gegen das Naziregime statt. Brände und Plünderungen zerstörten Teile der Inneneinrichtung des Schlosses, wertvolle antiquarische Bücher und Dokument aus der Bibliothek verschwanden auf nimmer Wiedersehen. In den 1950er Jahren residierte die lokale Forstbehörde im Schloss. Schließlich erwarb die Technische Hochschule Wroclaw (Breslau) das Gebäude, doch fehlten die Mittel zum Erhalt.
Zur Urlaubs- und Freizeitgestaltung bietet das Schlosshotel seinen Gästen Tennisplätze, Reitkurse in der Reitschule des Fürstlichen Pferdestalls mit Reithalle, Geländeritte und Kutschfahrten an. Es gibt auch einen Fahrrad- und Kajakverleih. Große Attraktion für Kinder- und Jugendgruppen sind nächtliche Schlossführung mit garantierter Schlossgeistbegegnung und Harry Potter Events.
Überaus wichtig für ein Schlosshotel mit hohen Ansprüchen ist aber natürlich die Schlossküche. Das Schlossrestaurant Boletus serviert edle Gerichte. Sein Head Chef heißt Sylvia Rudkowska, ist also eine Frau. Sie setzt auf traditionelle polnische Küche auf Produkte aus heimischen Wäldern, dem Kwisa-Fluss und Fischteichen der Region.
So liegt die saisonale Ausrichtung auf der Hand. Im Menü sticht als Vorspeise das Hirschtartar mit eingelegtem Gemüse, eingelegtem Kürbis und Perlhuhnei hervor. Ideale Kombination als Hauptgericht ist das Perlhuhnfilet, Kräuter-Arancini mit Käse, Rote Beete-Püree, dunkler Portweinsoße mit Amaretto. Oder die Wahl fällt polnisch klassisch aus: Schloss-Sauerteigsuppe, die berühmte polnische Zurek, mit Steinpilzen und Ei. Küchenempfehlung sind die Piroggen mit Wild und Speckgrieben. Großartig ist das Dessert der Rhabarber Monodeser, Rhabarber in weißer Schokolade, griechischem Joghurt und einem Shortcut. Ob Prosecco, Biere vom Fass, der Hauswein Chateau Kliczków oder das breite Angebot an Wodka, Cocktails und Short Drinks, alle Wünsche werden erfüllt.
Wer sich in Bunzlau nicht zum Kauf entscheiden konnte, im Souvenierladen im ehemaligen Kutschenhaus von Zamek Kliczków gibt es Gelegenheit auch Bunzlauer Keramik mit nach Hause zu nehmen.
Informationen:
Polnisches Fremdenverkehrsamt, www.polen.travel
Zamek Kliczków (Schloss Klitschdorf), www.kliczkow.com.pl
Fotos: Jürgen Sorges