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Ritter Durbach: die Kunst der Veränderung

Eingebettet zwischen Wald und Reben liegt mit Durbach eine der höchstprämierte Weinbaugemeinden Deutschlands nur dreißig Auto-Minuten von Straßburg und dem Elsass entfernt. In den siebziger und achtziger Jahren zählten illustre Prominente wie Marlon Brando, der Dalai Lama und Anna Netrebko zu den Gästen. 

In den 1990er Jahren verlor das erstmals 1656 urkundlich erwähnte Traditionshaus an Charme und fiel in einen Dornröschenschlaf, aus dem es 2008 erwachte, als Dominic und Ilka Müller den Ritter übernahmen. Auch in puncto Kulinarik blickt das 4-Sterne-Superior-Hotel auf eine bewegte eine kulinarische Geschichte zurück. Wilhelm Brunner, der hierzulande zu den Sterneköchen der ersten Stunde zählte, adelte den Ritter 1969 zu einem der ersten mit einem Michelin-Stern gekürten Häuser in Deutschland. 1974 folgte der zweite Stern, den Brunner bis 1982 hielt. Eine Tradition, die verpflichtet. Bis 2019 wurde die Küche des Hotels, unter Leitung von Küchenchef André Tienelt, zum zehnten Mal in Folge mit einem der begehrten Sterne ausgezeichnet.

Unter der Regie des damaligen Neu-Eigentümers Dominic Müller sorgte Christian Baur zwischen 2008 und 2013 für die sternegekrönte Küche im Ritter, ehe André Tienelt im Herbst 2014 die kulinarische Regentschaft übernahm. Sein Handwerk verfeinerte er nicht zuletzt im Dresdner Kempinski Taschenbergpalais und im Drei-Sterne-Restaurant von Dieter Müller im Schlosshotel Lerbach. Schon mit 25 Jahren erkochte er sich in der Elbresidenz Bad Schandau seinen ersten Stern – und ließ fünf besternte Jahre im Ritter folgen. 

Neu-Eigentümer Dominic Müller. Foto: Ritter Durbach / Michael Bode
Neu-Eigentümer Dominic Müller. Foto: Ritter Durbach / Michael Bode

Kulinarischer Wachwechsel

Im April 2019 ersannen Tienelt und Hotelbesitzer Müller ein neues Fine Dining-Konzept. Makidan sollte die Sterneküche leger, greifbar und erlebbar machen. Das Wort stammt vom persischen Wort Mezze ab und steht für die Kultur des geselligen Genießens unterschiedlicher kleiner Speisen. Die Gäste sollten unkompliziert speisen, ohne Verlust von Geschmack und Qualität: unter Aufhebung der klassischen Menüfolge und zum fairen Preis. 

Der Bruch der kulinarischen Konventionen traf voll ins Schwarze: “171 Jahre nach der gescheiterten badischen Revolution der Demokraten startete ein kulinarischer Umsturzversuch der Ritter von Durbach sehr erfolgreich“, lobte der Gault&Millau mit gutem Grund gleich zu Beginn. Zwischenzeitlich ist André Tienelt zum gastronomischen Leiter des Ritters und seinen Outlets, dem Schloss Staufenberg in Durbach und dem Birnauer Oberhof am Bodensee, avanciert. Die Regie in der Küche hat vor gut einem Jahr sein langjähriger Sous-Chef Fabian Jänsch übernommen. Im Zuge des kulinarischen Wachwechsels wurde das Makidan-Konzept gestrafft. 

„Über die Zeit veränderte sich die Wünsche der Gäste“, blickt André Tienelt im Gespräch mit dem Kulinariker zurück. Einige wünschten sich konkrete Menüvorschläge, statt aus 29 unterschiedlichen Preziosen auszuwählen. Anderen war eine „normale“ Portionsgröße lieber. Gemäß nach dem Motto „der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler“ passten Tienelt und Jänsch ihr Konzept den Wünschen ihrer Gäste an.Birnauer Oberhof am B

Isländischer Kabeljau. Foto: Ritter Durbach
Isländischer Kabeljau. Foto: Ritter Durbach

Nichts geändert hat sich am hohen Niveau. Gerade die Halbpension bietet ein Niveau, das seinesgleichen sucht. Die fein mit Kaffir-Limette und Zitronengras abgeschmeckte Tom Kha Gai-Suppe mit Garnelen-gefüllten Gyoza-Teigtaschen etwa braucht sich nicht hinter ihren thailändischen Pendants zu verstecken. Handwerklich tadellos umgesetzt ist auch der saftige und topfrisch auf den Punkt gegarte Heilbutt, der mit Hummus und Granatapfel-Komponenten akzentuiert wird. 

Feines Spiel von Aromen und Texturen

Gourmets kommen im feinziselierten fünfgängigen „Signature“-Menü auf ihre Kosten. Die „Altenheimer Lachsforelle“ zum ersten Gang wird im Essigsud gebeizt und anschließend geflämmt. Dazu gesellen sich eine Creme aus Lauch, eine marinierte, mit Räuchercreme von der Lachsforelle gefüllte Rote Bete und eine gedörrte Rote Bete, die zuvor in Johannisbeersaft eingelegt wurde. Das feine Spiel von Aromen und Texturen vollenden Lauchasche, ein Sud aus Kamille und Essig mit Kräuteröl und Nussbutterbrösel. 

Mit einer großen aromatischen und texturellen Breite besticht der höchst unprätentiös „Sellerie“ genannte Zwischengang. Der Sellerie kommt ausgebacken, als buttriges Püree, Selleriesamen, Schaum, Staudenselleriesaft und getrocknet aufs feine Porzellan. Dazu Schnittlauch- und Haselnussöl, geröstete Haselnüsse, Bergamotte-Gel. Die leichten Röstaromen unterstützen den Eigengeschmack des Selleries und verleihen ihm eine dezente Nussigkeit. Die richtige Länge und eine wohltuende Süße steuert das cremige Püree bei. Als kräftiger Kontrapunkt bringen die eingelegten Selleriescheiben sowie die Bergamotte die nötige Säurestruktur und runden das virtuose Spiel mit Aggregatzuständen und Geschmacksnuancen harmonisch ab. 

Rhabarber mit Reis-Eis. Foto: Ritter Durbach
Rhabarber mit Reis-Eis. Foto: Ritter Durbach

Der Genuss von Fabian Jänschs „Signature“-Menü samt Begleitung von Weinen aus der Region macht die anfängliche Trauer über die Abkehr vom ursprünglichen Makidan-Konzept schnell vergessen. Dazu trägt auch das gleichermaßen hochambitionierte wie sympathische Serviceteam bei. In bester Erinnerung geblieben ist Ann-Sophie Jankowiak, die mit dem richtigen Gespür für das Verhältnis zwischen Nähe und Distanz für Wohlfühlatmosphäre sorgte.


Informationen:

www.ritter-durbach.de

Fotos: Ritter Durbach, Michael Bode

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