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Nittardi: 40 Jahre zwischen Wein und Kunst

Große Weinjahrgänge haben manchmal durchaus eine Kunstausstellung verdient – im Falle des im Herzen des Chianti Classico nahe Castellina in Chianti beheimateten Weingutes Nittardi dürfen es für den 2020er Jahrgang seines reinen Sangiovese Casanuova di Nittardi 2020 und seine 39 grandiosen Vorgänger sogar zwei sein! Und dies mit Grund: Denn das Weingut feiert aktuell die 40. Ausgabe ihres Jahrgangs-Chianti-Classico, erneut in herausragender Form. Denn neben dem klassischen Etikett existiert seit Übernahme, des Weingutes durch Peter Femfert und Gattin Stefania Canali im Jahr 1981 stets auch eine limitierte, sehr hoch nachgefragte Spezialauflage mit von ausgewählten Künstlern gestalteten Etiketten und Einschlagpapier.

Die internationale Weinkritik hat sich durch die Bank für Höchstbenotungen entschieden, in der Spitze erreicht der Casanuova di Nittardi 2020, dem mindestens 10 Jahre Langlebigkeit attestiert werden, schon jetzt mühelos 94 Punkte! Und so verwundert es nicht, dass anlässlich dieses bemerkenswerten Jubiläums sämtliche bisher entstandenen Künstleretiketten und seidenen Einschlagpapiere nach der Ausstellung im Florentiner Palazzo Coveri im November 2022 nun auch in Deutschland zu sehen sind. In Frankfurt/Main öffnet die von Peter Femfert geführte Kunstinstitution Die Galerie (Grüneburgweg 123) vom 4.3.2023 bis zum 22.3.2023!

7000 Jahre altes Terracotta-Fass

Mit dabei sein werden natürlich auch die Exponate der diesjährigen Sieger des extra zum 40. Jubiläum ausgelobten besonderen Künstlerwettbewerbs. Unter den hunderten Teilnehmern wurden diesmal daher sogar sechs Gewinner gekürt! Hinzu kam ein siebter Ehrenpreis, den ein sehr junger Nachwuchskünstler, der 1996 in Neapel geborene Roberto Maria Lino erhielt. Sein Werk „Sutura“ ziert die einzige Magnum-Flasche dieser Edition – und beschäftigt sich wegweisend wie zeitgerecht vor allem mit Nachhaltigkeit und Recycling. Lino führt gebrauchte persönliche Stoffe und Gegenstände neuer Nutzung zu. Solche – hier in Wein getränkte – Stoffstreifen werden von ihm von Hand so genäht und beinahe verwoben, dass sich geradezu Lebenspfade auf Etikett und Einschlagpapier abbilden. Tatsächlich wirkt Linos Etikett und Einschlagpapier auch wie eine Verbeugung vor den Anfängen der Kunst, etwa prähistorischen Felszeichnungen!

Möglicherweise ist so auch der Hinweis von Léon Femfert, dem ältesten Sohn von Peter Femfert und Stefania Canali, der seit 2013 Nittardi führt, zu verstehen: Im kleinen Booklet zu den diesjährigen Siegern verweist er auf älteste Spuren dieses „Getränks der Götter“, zu dem Nittardi allemal eine besondere Beziehung besitzt. Aber dazu später mehr. Femfert verweist Femfert auf ein 7000 Jahre altes Terracotta-Fass aus Hajji Firuz Tepe im heutigen iranischen Kurdistan und auf das Entstehen des ersten modernen Etiketts, das kein geringerer als der französische Benediktinermönch und Champagner-Erfinder Dom Pérignon, ursprünglich Pierre Pérignon (1638 – 1715), mittels eines beschrifteten Stücks Pergament an einer Weinflasche angebracht haben soll. Aus diesem Wort „estiquier“ („Feststecken“, „aushängen“) entwickelte sich wohl die Bezeichnung „Etikett“.

Etiketten von Chiara Mazzotti und Andreas Floudas. Foto: Nittardi
Etiketten von Chiara Mazzotti und Andreas Floudas. Foto: Nittardi

Selbstverständlich verdienen auch die sechs diesjährigen weiteren Sieger eine gesonderte Würdigung, denn sie haben sich um die künstlerische Darstellung dieses Spitzenweins besonders verdient gemacht haben. Denn die Trauben des seit 2017 voll biologisch zertifizierten Casanuova di Nittardi gedeihen ausschließlich in einzigartiger Lage (Süd-Ost-Ausrichtung in 450 m Höhe) auf dem hügeligen Terrain der Weinberg-Parzelle Vigna Doghessa, die sich durch ihre Lehmstruktur und Schieferböden (Galestro- und viel Albarese-Gestein) auszeichnet.

Casanuova di Nittardi 2020

Hier wuchs unter argusäugiger Beobachtung des erfolgreichen, mit Liebe und Leidenschaft agierenden Nittardi-Teams, zu dem auch Italiens Winzerstar Carlo Ferrini, der technische Leiter Sauro Provvedi und der kaufmännischen Direktor Giorgio Conte gehören, im Pandemiejahr 2020 ein klassischer Jahrgang heran. Viel Regen im Frühjahr und ein warmer, indes nie extremer Sommer sorgten dafür. Nach natürlicher Fermentation in Edelstahl gelangte der Wein (14 Prozent Alkoholgehalt) für 14 Monate in französische Eichenfässer (500 Liter; zehn Prozent neu!) und danach für vier Monate in Zementfässer, ehe einige weitere Monate der Verfeinerung auf der Flasche erfolgten. Nun beeindruckt der Casanuova di Nittardi 2020 mit seiner granatapfelroten Farbe samt purpurner Reflexe, mit Aromen reifer Früchte (Kirsche, Pflaume) mit Eleganz und kräftiger, doch höchst ausgewogener Struktur. Seinen besonderen Geschmack entwickelt der komplexe Wein bei einer Serviertemperatur von 16 bis 17°C.

Da ist zum Ersten Olle Borg zu nennen. Der in Stockholm geborene und lebende Schwede, Jahrgang 1960, bringt in seiner Arbeit „Sine Nomine“ („Namenlos“) präzise geometrische Malerei auf Etikett und Seidenpapier. Der in Rom und Todi lebende Maler und Bildhauer Fausto Maria Franchi, Jahrgang 1939, taufte sein aus bunt schillernden Polyedern gebildetes Einschlagpapier „Capriccio italiano“, das Etikett „Suggestioni da Capriccio italiano“, offenbar inspiriert vom legendären Opus 45 von Pjotr Iljitsch Tschaikowski. Ein künstlerisches Wunderkind scheint hingegen der 2012 geborene Grieche Andreas Floudas-Zygouras zu sein. Schon mit sieben Jahren erhielt der der in Athen Lebende seine erste künstlerische Ausbildung. Er nennt sein Etikett „Per Edoardo“, das Einschlagpapier „Wine Stages“.

Etiketten von Peng Peng Wang und Ulrike Seyboth. Foto: Nittardi
Etiketten von Peng Peng Wang und Ulrike Seyboth. Foto: Nittardi

Mit der 1973 in Mailand geborenen und dort lebenden Chiara Mazzotti wurde auch eine Architektin prämiert, die sich seit 2014 exklusiv der Malerei widmet. Ihre Werke „Purezza concreta“ (Etikett) und „Celebrazione“ (Einschlagpapier) entstanden mithilfe von Kreide, Vinylkleber und Tempera auf Pappe. Aus Deutschland wurde die in Berlin und im Languedoc lebende Künstlerin Ulrike Seybodt prämiert. Sie beschäftigte sich intensiv mit den Einflüssen des Lichts auf die Malerei und war mit ihren Collage-Werken „fructueux“ (Etikett) sowie „abondance“ (Einschlagpapier) erfolgreich. Schließlich gewann auch der seit 2016 in Florenz und Mailand lebende chinesische Kreativkünstler Pengpeng Wang, geboren 1991, mit seinen Schwarzweiß-Arbeiten „Pensieri“ (Etikett und Einschlagpapier).

Michelangelo Buonarroti

Alle Gewinner erhalten übrigens neben 24 Flaschen Wein des Casanuova di Nittardi 2020 auch einen einwöchigen kostenlosen Aufenthalt auf dem legendären Weingut Nittardi. Denn diese Tenuta Nittardi ist etwas Besonderes: Das Bio-Weingut datiert auf einen Wehrturm und schon auf das Jahr 1183 zurück und besaß ursprünglich den klangvollen Namen „Nectar Dei“, „Nektar der Götter“. Dann wurde im 16. Jahrhundert hier ein Megastar der Kunst Eigner des Anwesens: Michelangelo Buonarroti! Das Universalgenie entpuppte sich sogar als ausgesprochener Freund des Rebensaftes. 1549, Michelangelo malte gerade in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan, ließ er in einem Brief seinen Neffen Lionardo wissen: „Mir sind zwei Weinfässer lieber als acht Hemden!“ Im gleichen Jahr sendete Michelangelo auch einige Weinflaschen „Nectar Dei“ an Papst Paul III. (Alessandro Farnese).

Diese Tradition setzen heute die Femferts fort und beliefern den Papst jährlich mit „Nectar Dei“. Denn seit 1999 besitzen sie auch 20 ha Weinberge in der Maremma, wo neben den beiden Spitzen- und Kultweinen, den Supertoskanern „Nectar Dei“ und „Astra“, seit 2012 auch der erste Nittardi-Weißwein namens „BEN“ entsteht.


Informationen:

Weingut Nittardi: www.nittardi.com, www.gazzettadinittardi.com

Nittardi-Weine in Deutschland: www.stefania-canali.de

Die Galerie Frankfurt/Main: www.die-galerie.com

Fotos: Nittardi

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