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Montecristo: Die Insel ist der Schatz (Teil 1)

Das 10,39 km² große Island mit seinen glasklaren türkisfarbenen Buchten und dem imposanten Monte Fortezza (645m) gehört zum toskanischen Archipel (Arcipelago toscano) und nimmt im Siebengestirn (sieben Inseln) eine Sonderstellung ein: Das „Juwel im Blauen“ ist nicht nur ein geschütztes Naturreservat (Riserva naturale), sondern sogar eine „Riserva Naturale Biogenetica“, denn ihre endemische Tier- und Pflanzenwelt steht unter besonderem Schutz durch die EU und das diplomatische Corps. Um Montecristos biologisches Erbe zu garantieren können Einheimische und Touristen diesen Ort wahrer Schätze der Natur nur mit Sondergenehmigung besuchen.

Kleine Insel große Geschichte

Mysterien, ein legendärer Heiliger und ein sagenhafter Schatz bestimmen die Frühgeschichte der Insel. Im 5. Jahrhundert flüchtete Palermos Bischof Mamilianos im Zuge der Vandalen-Herrschaft nach Montecristo und lebte als Einsiedler in einer Inselgrotte, die heute als Grotta del Santo (Grotte des Heiligen) bekannt ist. Nach seiner Ankunft soll er den Drachen der Insel bezwungen haben und am Ort des Sieges entsprang eine Süßwasserquelle. Schon zu Lebzeiten wie ein Heiliger verehrt, kündigte sich laut Legende, Mamiliano Tod (5. September 460) durch ein weit sichtbares Feuer und weißen Rausch an, so dass die Gläubigen von den weit entfernten Inseln Elba und Giglio mit ihren Booten in See stachen. Um die heiligen Gebeine entstand – es war die Hochphase der Reliquienverehrung – ein großer Streit, so dass ein Arm des Heiligen als Reliquie in der Kirche auf Elba, der andere auf Giglio aufbewahrt wurde. Ein Teil des Körpers verblieb bis 1098 auf Montecristo.

Heute können Gläubige die Reliquie des San Mamiliano in der Krypta des Doms in Sovana verehren. Im 7. Jahrhundert errichteten Benediktinermönche auf Montecristo eine Kapelle in einer der Höhlen des Monte Fortezza (645m), später entstand ein Kloster, dessen Reichtum durch Spenden adliger Familien legendär wurde. Parallel kursierten Gerüchte über einen Beuteschatz, der von dem türkischen Piraten Oruç Reis, im Westen als Barbarossa bekannt, auf Montecristo vergraben wurde. Sein osmanischer Vorgänger Dragut wiederrum überfiel die Insel 1553 und raubte das Kloster aus.

Montecristo: Anziehungspunkt für Aussteiger und Touristen. Foto: Jürgen Sorges
Montecristo: Anziehungspunkt für Aussteiger und Touristen. Foto: Jürgen Sorges

Doch Montecristo blieb Anziehungspunkt für religiöse Aussteiger: 1870 begab sich der „Prophet des Monte Amiata“, Davide Lazzaretti, auf die Insel um 40 Tage ein Eremitendasein in der Grotta di San Mamilliano, der Höhle des Hl. Mamillianus zu frönen.

Auch militärisch war Montecristo von Nutzen, im 17. und 18. Jahrhundert entzündeten Inselbewohner Feuer, um die Küste vor Angriffen von Korsaren zu warnen und der auf Elba im Exil lebende Napoleon Bonapart sorgte 1814 für den Bau eines Militärstützpunkts auf der Nachbarinsel. Im 19. Jahrhundert wandelt sich das Blatt: es gab einige landwirtschaftliche Projekte, 1844 unternahm der Franzose Georges Guibaud einen Versuch und scheiterte ebenso wie ein Genueser 1846. Später gelang es einem französischen Geschäftsmann aus Florenz zwecks Getreide- und Weinanbaues für einige Jahre vier Bauern und einen Bewacher auf Montecristo anzusiedeln.

1852 begann eine neue Etappe in der Inselgeschichte, denn der Schotte George Watson Taylor, bekannt als Baron von Strichen, kaufte die Insel für 50.000 Lire. Er gestaltete die Hauptbucht Montecristos, die Cala Maestra, völlig neu, legte Terrassen an, pflanzte exotische Bäume und Pflanzen und verwandelte sie so in einen grünen, paradiesischen Garten. Der neue „Graf von Montecristo“ ließ eine Villa errichten, die spätere „Villa Reale“ (Königliche Villa) und eine Mole für die Schiffe. Zu den modernen Maßnahmen gehörte auch die Kartographierung der Insel. Feinde des Grafen, italienischen Exilanten aus London, verwüsteten und plünderten Montecristo im Herbst 1860. Sie kamen mit dem Dampfschiff „Orwell“ zurück nach Italien um an der Seite Garibaldis zu kämpfen. Vergeblich versuchte der schottische Graf eine Entschädigung vom italienischen Staat zu erhalten.

Im Gegenteil strebte Italiens Regierung einen neuen Kurs an: 1869 fiel die Entscheidung, die Insel wieder in italienischen Besitz zu verwandeln: der Kaufpreis betrug 100 000 Lire. Für den Zeitraum von 10 Jahren (1874-1884) diente Montecristo als Strafkolonie, 45 Gefangene und 5 Wächter lebten hier. Es folgte eine neue Wende und Aufwertung: adlige Pächter. Markgraf Carlo Ginori Lisci aus Florenz nutzte die schöne Insel als Sommerresidenz und privates Jagdrevier. Zur Überfahrt auf seiner Jacht Urania lud der Marchese illustre Gäste ein: den Starkomponisten Giacomo Puccini, den Fürsten Albert I. von Monaco mit Gattin, den Abgeordneten Antonio Civelli und sogar König Vittorio Emanuele III. Für den König wurde exklusiv ein Taubenhaus gebaut damit Brieftauben schnell und regelmäßig Post nach und von Florenz bringen konnten.

Berühmt wurde die Insel durch Alexandre Dumas´ Abenteuerroman Der Graf von Montecristo. Foto: Jürgen Sorges
Berühmt wurde die Insel durch Alexandre Dumas´ Abenteuerroman Der Graf von Montecristo. Foto: Jürgen Sorges

1899 trat der Marchese seine Pachtrechte für einen Obulus von 2000 Lire an König Vittorio Emanuele III ab, und Montecristo diente bis 1945 als königliches Jagdrevier. Von Porto Santo Stefano vom Festland stach der königliche Dampfer „Vela“ in See.

Der Goldschatz von Monte Cristo

Weltweit berühmt berüchtigt wurde die Insel durch Alexandre Dumas´ romantischen Abenteuerroman Der Graf von Montecristo, der dem Publikum 1844-46 in Häppchen serviert als Meilenstein der französischen Literatur gilt. In der modernen Piratengeschichte taucht der legendäre Inselschatz auf. Wer ihn sehen möchte, wird im Museum in Sovana fündig. Im wunderbaren Museum in der Ex-Kirche San Mamiliano ist der Goldschatz zu bewundern. Hier hatten Archäologen tatsächlich 2004 einen Schatz von 498 Goldmünzen aus dem 4. und 5. Jh. n. Chr. unter dem Altar entdeckt.

Diesen brachte man daher mit der Legende um den berühmten Schatz von Montecristo in Zusammenhang. Und so entstand dieses schöne Museum. Aber dann kam auch der November 2019. Denn zwischen dem 3.11. und dem 10.11.2019 wurde ein Gutteil des Schatzes – geklaut. Gottseidank hatte das Museum nur 83 der 498 Münzen in Verwahrung, der Rest lagert in Florenz. Aber die dreisten Diebe konnten immerhin 65 dieser 83 Goldmünzen entwenden und hinterließen zudem einen Trümmerhaufen. Der Gesamtschaden betrug 300.000 Euro, keine Kleinigkeit. Bis heute ist eine der Aufseherinnen des Museums untröstlich. Sie war so über diesen Kulturfrevel schockiert, dass sie bis heute an Körpergewicht abnimmt.

Eine Insel, wie ein Abenteuerroman. Foto: Jürgen Sorges
Eine Insel, wie ein Abenteuerroman. Foto: Jürgen Sorges

Informationen:

Parco Nazionale Arcipelago Toscano (Nationalpark Toskanischer Archipel), www.islepark.it/  zu Montecristo: www.islepark.it/visitare-il-parco/montecristo 
Touristische Information/Anfragen/Buchungen: Info Park, www.parcoarcipelago.info 
Online-Buchung Tagesausflüge nach Montecristo: https://prenotazioni.islepark.it/montecristo/www.visittuscany.com 

Übernachten:

Hotel Est Piombino, www.hotelestpiombino.com/de/ 
Hotel Terme Marine Leopoldo II, www.termemarine.com/en/ 

Fotos: Jürgen Sorges

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