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Madrevite: Im Reich der Pioniere

Hier, auf einem hügeligen Vorgebirge oberhalb des Westufers des Lago di Trasimeno, des Trasimenischen Sees, in 280 bis 350 m Höhe und in einer Landschaft, wie sie Renoir nicht besser hätte malen können, sucht Nicola seit 2008 auch neue Abenteuer mit den roten Rebsorten Gamay del Trasimeno, Sangiovese, Montepulciano und Syrah sowie den weißen Rebsorten Trebbiano Spoletino und Grechetto. 60 Hektar Land stehen zur Verfügung, von denen 11 Hektar für den Weinbau mit einem Output von 35.000 Flaschen im Jahr, 5 Hektar Olivenhaine, einem Rest Wald und für Saatpflanzen genutzt werden.

Mit dem Önologen Emiliano Falsini und dem Agronomen Stefano Dini sucht er den perfekten Weg zur Bio-Landwirtschaft mit dem Ziel der Nachhaltigkeit sowohl gegenüber der Natur als auch hinsichtlich der ökonomischen Entwicklung. Die nun ca. 20 Jahre alten Weinberge liefern heute eine grandiose Palette edler Weine unter dem DOC-Label Trasimeno mit klangvollen Namen wie „Opra“, „Elvè“, „Glanio“, „Il Reminore“, dem Rosé „La Bisbetica“, „Tiulla“ sowie den neuen fast schon ikonischen Weinen, dem „C`osa“, einem DOC Gamay del Trasimeno, und dem „Futura“, einem eleganten, frischen, cremigen und profunden Qualitäts-Spumante aus Trebbiano Spoletino-Trauben, von dem nur 3000 Flaschen jährlich produziert werden.

Noch bevor der Wein ruft, sollte man erst einmal einen Blick auf die sonstigen exzellenten Produkte von Madrevite, der „Mutter der Leben“ werfen. Da sind erst einmal das „Böhnchen vom Lago di Trasimeno“: Denn die „Fagiolina del Lago di Trasimeno“ von Madrevite ist längst, schon seit dem Jahr 2000 als besondere Spezialität von Slow Food geadelt. Heute werden diese von Juli bis Oktober von Hand geernteten Bohnen in 250- und 500-g-Packungen auch online verkauft. Ein Gedicht. Hinzu kommen die „normale“ Kichererbse („Cece naturale“) und eine weitere exklusive Besonderheit, die schwarze Kichererbse „Cece nero“). Und dann ist da ja auch noch das exquisite Olivenöl, aus den Sorten Dolce Agogia, Frantoio, Leccino und Moraiolo gewonnen, das als Olio Extra Vergine di Oliva in 0,25- und 0,5-l-Flaschen sowie in Kanistern mit einem, drei oder fünf Litern Fassungsvermögen angeboten wird. Dies alles kann man natürlich online ordern – oder besser noch direkt vor Ort. Denn Madrevite ist ein vollumfassendes Konzept: Da werden neben Kellereibesichtigung und Degustation regelmäßig auch Picknicks bei Sonnenuntergang mit Weinverkostung und Snacks organisiert.

Blick über das Weingut Madrevite. Foto: Cantine Madrevite

Der hauseigene Agriturismo La Poderina dei Poggi bietet exklusive Übernachtungsmöglichkeiten samt Park, Pool und Tennisplatz. Und schließlich lockt die Verkostung auch in Madrevites Ristorante „Portasenese“ in Castiglione del Lago, wo auch ein Bistrot und eine Weinhandlung integriert sind. Das Restaurant ist übrigens eher nichts für Veganer und Vegetarier. Hier setzt man auf Rindfleisch, Tartar und rohes Rindfleisch-Sashimi! Kunststück, denn zum Madrevite-Imperium gehört auch die Traditions-Metzgerei (Macelleria) Burico, die schon seit 1958 öffnet.

Aber zurück zum Wein! Die Hauptphilosophie für die Weine und Erzeugnisse von Madrevite fasst Nicola Chiucchiurlotto so zusammen: „Unsere Weine respektieren das Territorium, die Zeit und die Tradition des Ortes, an dem sie gedeihen. Die Einzigartigkeit ist keine Sache, die man entscheidet zu besitzen und sich entschließt sie zu erobern. Vielmehr ist es ein natürliches Resultat einer konstanten und verantwortungsvollen Arbeit mit dem Ziel, das zu erhalten, was man schon besitzt. Die Zeit und das Wissen über das Territorium sind auf unserer Seite.“

Eine Hauptrolle bei Madrevite spielt natürlich die in Umbrien angesagte rote Rebsorte Gamay di Trasimeno. Vielfach wurde behauptet, diese Rebsorte sei im 16. Jh. (nach 1559!) aus Spanien hierher gelangt. In jedem Fall erwähnt sie schon Miguel de Cervantes 1613 als „Garnacha Blanca“ erwähnt. Tatsächlich hat die umbrische Gamay-Rebsorte nichts mit der französischen gleichen Namens aus dem Bordeaux zu tun. Tatsächlich zeigen neueste Untersuchungen, dass die trasimenische Gamay-Rebe die größten Gemeinsamkeiten mit dem Cannonau in Sardinien, dem Tai Rosso im Veneto, dem Bordò in den Marken und auf internationalem Niveau mit dem Garnacha (Spanien), mit Grenache (Frankreich) und generell mit Grenache Noir gemeinsam hat.

Handlese. Foto: Cantine Madrevite
Handlese. Foto: Cantine Madrevite

Und so ist wohl wahrscheinlicher, dass die Rebsorte erst Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts über sardische Hirten hierher gelangte. Dies tut indes der Begeisterung für die Rebe keinen Abbruch. Da ist z. B. der Madrevite „Opra“ DOC Trasimeno 2019, dessen Trauben auf 15 Jahre alten Weinbergen in 320 m Höhe wuchsen. Nach der Fermentation gelangen der Wein 10 Monate in Zement und nochmals drei Monate auf die Flasche, ehe die Marktreife erreicht ist: ein wunderbarer, rubinroter Wein mit vollen Aromen von reifen Früchten wie Pflaumen. Im Abgang besitz er den typischen Geschmack von aromatischen Kirschen. Serviert bei nur 15 bis 16°C, ist er bestens zu Nudelgerichten, Pizza und leichten Fleischgerichten platziert. Auf dem Gamay del Trasimeno basiert auch der herrliche Rosé-Wein „La Bisbetica“ IGP Umbria Rosato 2020, dessen Trauben auf 9 Jahre alten Weinbergen in 320 m Höhe wachsen.

Nach der Handlese wandert der Rosato vier Monate in Zement oder Stahl und weitere drei Monate auf die Flasche. Auch hier wurden nur 4000 Flaschen abgefüllt. Bei 12 bis 14°C serviert, eignet dieser wunderbare Wein sich perfekt als Aperitif oder als Begleitung zu Fischgerichten oder weißem Fleisch. Das Nonplusultra unter den Gamay del Traismeno ist dann jedoch der neuedierte Madrevite „C`osa“ Gamay del Traismeno DOC 2018. Sechs Monate im Zement, dann zwölf Monate in Barriques aus französischer Eiche (zweite Nutzung) und weitere sechs Monate auf der Flasche waren nötig, um diesen herrlichen Wein zu schaffen. Er beeindruckt durch seine leichte rubinrote Farbe, seine Eleganz, seine blumigen Noten und Aromen von Waldfrüchten (Himbeere, Walderdbeere, Kirsche) und besitzt eine intensive Frische. Bei 18 bis 20ࡤC serviert, ist er ideal zu Reis- und Fleischgerichten.

Aber natürlich besitzt Madrevite noch weitere Weine, etwa den „Elvè“ DOC Colli del Trasimeno Grechetto 2018″, einen reinen Grechetto, der sechs Monate in Stahl und 3 Monate auf der Flasche lagerte. 6000 Flaschen wurden abgefüllt. Er passt sehr gut zu leichten Fischgerichten und weißem Fleisch. Madrevites „Glanio“ DOC Colli del Trasimeno 2016 ist hingegen ein reiner Sangiovese, der sechs bis 10 Monate in Zement und sechs Monate auf der Flasche lagerte. Er passt perfekt zu den typischen Traditionsgerichten aus Umbrien. Der „Il Reminore“ IGP Umbria Bianco von Madrevite basiert auf der Rebsorte Trebbiano Spoletino, war sechs Monate in Stahl und drei Monate auf der Flasche. Bei 12°C serviert, ist auch er ideal zu Vorspeisen und Fischgerichten. Ein besonderes Augenmerk verdient in jedem Fall der „Tiulla“ IGT Umbria Syrah 2018. Dieser reinsortige Syrah war zehn Monate im Zement und 3 Monate auf der Flasche. Nur 2600 Flaschen wurden abgefüllt. Und er überzeugt durch Frische und Früchtearomen, passt perfekt zu mittelaltem Käse, Schinken und Salami. Schließlich ist da noch der bereits eingangs erwähnte edle Spumante „Futura“ als Trebbiano Spoletino. Ihn sollte man bei einem „Picnicco“ auf dem Landgut Madrevite testen – und sich von der abendlichen Atmosphäre in einer der schönsten Ecken Umbriens umfangen lassen.


Informationen:

Cantine Madrevite, Via Cimbano 36, https://madrevite.com/

Restaurant: Rist. Portasenese, www.portasenese.it 

Fotos: Cantine Madrevite

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