Foodie

Liebe zum Detail – Präzision in der Ausführung

„Die zweite Reise hingegen dauert noch an: Es ist das Restaurant Madonnina del Pescatore. Beim Betrachten der ersten Reise wird mir jetzt klar, wie tief mir dieses Bild der beiden Wassermassen noch im Gedächtnis geblieben ist, und zwar so sehr, dass ich das Bedürfnis verspüre, in meiner Küche eine ähnliche Begegnung und Verschmelzung zweier gleich starker Kräfte nachzustellen: Kreativität und Tradition“, so Cedroni weiter.

Der Starkoch gilt als einer der innovativsten Köche Italiens. Zwischen dem tief blauen adriatischen Meer und den sanften, grünen Hügeln der Region Marken mit den vielen geschichtsträchtigen Orten bietet er am Strandbad Marzocca in seinem Restaurant „La Madonnina del Pescatore“ einzigartige Kochkunst, die von einem charakterstarken, sehr persönlichen Stil geprägt ist.

Bevor Moreno Cedroni 1984 im Alter von 20 sein erstes Restaurant La Madonnina del Pescatore eröffnete, absolvierte er eine Ausbildung an der Nautischen Schule in Ancona. 1996 erhielt es den ersten Michelin-Stern, zehn Jahre später folgte der zweite Michelin-Stern. Dazwischen regnete es zahlreiche Auszeichnungen, wie „Sole“ von Veronelli und dann 2000 die drei Gabeln vom Gambero Rosso. Im selben Jahr eröffnete er in der Bucht von Portonovo die Clandestino Sushi Bar, 2019 im Espresso-Führer als beste Fischküche Italiens ausgezeichnet. Dort bietet er hauptsächlich rohen Fisch an. Anikò, ein weiteres Fischdelikatessenrestaurant, wurde 2003 eröffnet.

Mariella Organi und Moreno Cedroni. Foto: Carola Faber
Mariella Organi und Moreno Cedroni. Foto: Carola Faber

Immer wieder regnet es Auszeichnungen für einen Koch, der regelmäßig zu Ferran Adrià vom legendären El Bulli fuhr, für seine Kunst in der Küche und als Schriftsteller. 2008 gewann Moreno Cedroni den „Schwedischen Fischereipreis“ für seine „Meisterschaft und Technik im Umgang mit dem Rohstoff, für die Fähigkeit und Kreativität, Tradition und Innovation in seiner Küche zu vereinen“. Im Jahr 2012 setzte das Wall Street Journal La Madonnina del Pescatore auf die Liste der zehn besten Fischrestaurants Europas.

Besondere Koch-und Reifetechnik

Moreno Cedroni arbeitet viel in seiner Werkstatt, seinem Labor. Er ist fortlaufend auf der Suche langlebige Fischprodukte herzustellen. Mit einer besonderen Koch- und Reifetechnik wird ermöglicht, Düfte und Aromen über mehrere Wochen und ohne Zusatzstoffe zu erhalten. Schon hinter dem Begriff Susci verbirgt sich ein Wortspiel, hinter dem sich in Wirklichkeit Kreativität und Professionalität verbergen. Mit ausgeprägter Experimentierfreude und aufwändigen Recherchen sowie Techniken gelang es Cedroni schließlich, die uralte japanische Technik, die Sushi-Zubereitung, in eine eigene Küchenlinie zu verwandeln.

Heute wird das neueste Projekt „Tunnel“ genannt. In dem Forschungs- und Entwicklungslabor, das sich in unmittelbarer Nähe seines Restaurants befindet, forscht und tüftelt der Chefkoch, immer auf der Suche – auch in Kooperation mit Universitäten und Forschungsinstituten- wie aus Rohstoffen die besten Ergebnisse erzielte werden und um neue Texturen und Wahrnehmungen zu schaffen, gleichzeitig Abfall zu vermeiden und dabei die Umwelt zu respektieren.

Moreno Cedroni arbeitet viel in seinem Labor. Foto: Carola Faber
Moreno Cedroni arbeitet viel in seinem Labor. Foto: Carola Faber

Nach einem feinperligen 2007 Garofoli Brut Riserva serviert Moreno Cedroni auf einem „Lichttablett“ einen verheißungsvollen Auftakt. In seinem Labor lässt er in einem Trocknungsschrank verschiedene Fische zwischen 30 und 40 Tagen reifen. Am Tisch schneidet er filigrane Kostproben seiner Experimente ab. Die hauchdünnen Scheiben werden mit verschiedenen Ölen und Tinkturen beträufelt. Das Ergebnis ist mehr als geschmacksintensiv. Jedes Scheibchen vereint ein kleines Universum. Zu diesem Erlebnis wird ein Margarita Cocktail gereicht.

„Childhood Memories“ lautet der Titel für das Menü, dass beachtliche 37 Jahre Erfahrung vereint. Es stellt ein Kaleidoskop aus Inspirationen, Kreativität, Neugier, Experimenten, zahlreichen Geschichten zwischen harter Arbeit, aber auch genialer Einfälle, dar.

So ein köstlicher, frittierter Shrimp Stick zu einem Chilcano Cocktail. Zart, berührend gelingen die rohen Langustinen, mariniert mit einer Orangen- und Tomatenvinaigrette. Die Leichtigkeit des Gerichts spiegelt sich in der feinen Perlage eines 2019 Pinot Noir Impero Mancini.

Miniaturen auf vier Löffeln

Die spannende Reise durch annähernd vier Jahrzehnte geht mit den Miniaturen „roh und gekocht“ auf vier Löffeln weiter. Wunderbar gelingen die Thunfischschnitzel mit Blumenkohl und Miso-Sauce, eingelegtem Gemüse und Kefir, der in Form eines Fischskeletts auf den Teller „gemalt“ ist. Ausgezeichnet dazu der gereifte, vielschichtige Verdicchio Riserva „Franz“ vom Weingut Tenuta di Fra.

Getrocknet und hauchdünn aufgeschnitten: Fisch. Foto: Carola Faber
Getrocknet und hauchdünn aufgeschnitten: Fisch. Foto: Carola Faber

Die Menüfolge ist gekennzeichnet von einer durchgängig sehr hohen Qualität und Kreativität. Auch die Gnocchi aus geräucherten Kartoffeln, Carpaccio vom Kabeljau, Cocochas und Venusmuscheln, an Topinambursauce enthält wieder ganz neue spannende Nuancen. Der Weg zum Fleischgang ist geebnet: Parmesan-Tortellini, gefüllt mit rohem Fleisch an Basilikum-Gelee, Tomatensauce und Balsamico-Konfitüre. Ein weiterer Höhepunkt entpuppt sich mit dem Zackenbarsch auf Holzkohle zubereitet. Dazu wird gelber Kürbis, Ingwer, Soja- und Rumsauce sowie geröstete Petersilie serviert. Ein kontrastreicher Gang, der sich in seiner Gesamtheit perfekt in das Menü fügt.

Umspielt wird die Speise durch einen mineralischen 2014 Stella Flora von Maria Pia Castelli. Kennzeichnend sind hier die Aromenvielfalt, Noten von Kräutern sowie gelben Früchten. Nach der Stickstoff-Zabaione begeistert das Dessert, bestehend aus Ananas, Orangensaft, Sternanis, gesalzenes Karamelleis und gerösteten Maisstreuseln. Intensität und aromatische Fülle in einem 2016 Dorato Garofoli Marken IGT Moscato Bianco Passito komplettieren das großartige Erlebnis.


Information:

Madonnina del Pescatore, https://www.morenocedroni.it/

Fotos: Carola Faber

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