Foodie

Interview: Nils Henkel (Bootshaus Restaurant, Papa Rhein Hotel)

Ursprünglich wollte er eine Ausbildung als Tischler machen. Zum Glück für die Gourmet-Welt entschloss er sich dann für das Küchenhandwerk und das kreative Arbeiten. DER KULINARIKER im Gespräch…

KULINARIKER: In welchen Restaurants und in welchen Ländern haben Sie bereits gekocht? Ihre prägendsten Stationen?

Nils Henkel: Ich habe meine Ausbildung im Romantik Hotel Vosshaus in Eutin gemacht. Da habe ich eine solide Basis bekommen und bin danach nach Hamburg ins Raphael Hotel gegangen. Hier wurde ich von Erich Häusler gefördert. Dann wechselte ich zu Heinz Wehmann ins Landhaus Scherrer, damals noch mit 2 Michelin Sternen ausgezeichnet, und lernte nochmal von vorn. Anschließend ging ich ins Hamburger Il Ristorante. Als Souschef verschlug es mich dann ins Münsterland und ich arbeitete im Valkenhof in Coesfeld bei Pascal Levallois und in Averbeck´s Giebelhof in Senden Ottmarsbocholt.

Am meisten geprägt hat mich sicher Dieter Müller. Ich begann 1997 bei ihm im Schlosshotel Lerbach. Eigentlich habe ich zwei, drei Jahre geplant. Dieter Müller hat mir aber eine langfristige Perspektive angeboten und so wurde ich erst Souschef, dann 2004 gemeinsam mit Müller Küchenchef und schließlich 2008 alleiniger Küchenchef. Anfang 2015 wurde das Schlosshotel Lerbach geschlossen und ich arbeitete zwei Jahre als Freiberufler. Dann startete ich mein Comeback auf der Burg Schwarzenstein im Rheingau.

Wie sind Sie zu Ihrer neuen Wirkungsstätte gekommen?

Da sich die Eigentümer der Burg Schwarzenstein im ersten Lockdown 2020 entschieden haben, mein Gourmetrestaurant zu schließen und sich vom Team zu trennen, war ich frei für neue Aufgaben. Jan Bolland hatte zu der Zeit bereits auf der anderen Rheinseite sein neues Papa Rhein Projekt begonnen. Wir kennen uns schon viele Jahre durch die gemeinsamen Zeiten bei den Jeunes Restaurateurs. Meine Frau telefonierte zufällig mit seiner Frau Lisa Bolland. Und ein paar Tage später traf ich mich mit Jan auf der Baustelle. Ich war sofort begeistert vom Hotel und Jan´s Vision. Ich musste mir nur überlegen, ob ich einfach mal die Sterneküche an den Nagel hängen wollte. Ich fand die Aussicht auf ein lässiges, aber hochwertiges Gastrokonzept so charmant, dass ich nicht lange überlegen musste.

Ausblick auf den Rhein. Foto: Carola Faber
Ausblick auf den Rhein. Foto: Carola Faber

Welche Philosophie steckt speziell hinter Ihrem Essen, Ihrer neuen Ausrichtung?

Ich finde Philosophie das falsche Wort. Wir machen hier im Bootshaus für eine hohe Gästeanzahl eine Genussküche für jeden Tag. Wir bieten mittags unsere Bootshauskarte mit einer schönen Auswahl an Gerichten und am Abend gibt es ein täglich wechselndes Menü mit drei Vorspeisen und drei Hauptgängen zur Wahl, hinterher Dessert oder Käse. Die Grundprodukte müssen immer von höchster Qualität und mit viel Sorgfalt ausgewählt sein, egal ob Gemüse, Fisch oder Fleisch. Da ich für meine Gemüseküche bekannt bin, gibt es selbstverständlich auch im Bootshaus immer einige kreative vegetarische Gemüsegerichte im Wechsel der Jahreszeiten.

Gibt es ein Lieblingsgericht auf der Karte? Und was schätzen die Gäste daran besonders?

Der Kabeljau ist eines meiner Lieblingsgerichte und im Bootshaus ist es nicht mehr wegzudenken. Wir haben diese Zubereitung schon Anfang der neunziger Jahre bei Uwe Witzke im Hamburger Il Ristorante gekocht. Der Kabeljau hat außen eine knusprige Kartoffelkruste und ist innen schneeweiß und saftig. Wir servieren dazu im Moment Fregola mit orientalischen Gewürzen und Basilikum.

Was begeistert Sie besonders an dem Restaurant Bootshaus?

Ich liebe den grandiosen Ausblick auf den Rhein und den kleinen Rheinhafen am Hotel. Ich bin selbst an der Ostseeküste aufgewachsen und mir geht beim Ausblick auf das Wasser das Herz auf. Das Bootshaus ist gemütlich maritim und nordisch eingerichtet. Restaurant, Bar und Küche gehen ineinander über, alles ist offen, alles ist hell und freundlich.

Nils Henkel: Ich habe immer großen Wert auf regionale Produkte gelegt. Foto: Carola Faber
Nils Henkel: Ich habe immer großen Wert auf regionale Produkte gelegt. Foto: Carola Faber

Woher beziehen Sie Ihre Produkte?

Wir kochen am Tag für bis zu 200 Hausgäste, daher ist es gar nicht so einfach, alles regional zu beziehen, weil die Ressourcen ja nicht unendlich sind. Wir arbeiten mit vielen Lieferanten, mit denen ich schon lange zusammenarbeite, zum Beispiel Metzger Glasstätter aus Malsch. Er versorgt uns mit ausgesuchten Fleischqualitäten, Schwarzwälder Schinken und selbst produzierten Wurstwaren. Unser Gockel auf der Bootshauskarte kommt vom Ochsenschläger Hof in Südhessen.

Wie wichtig ist Ihnen Regionalität?

Ich habe immer großen Wert auf regionale Produkte gelegt, war dabei aber nie dogmatisch und habe nie einen festgelegten Radius ums Restaurant gezogen. Bei der Größe des Hotels ist das auch nicht möglich. Aber es gibt viele tolle Produkte in Deutschland und ich versuche, in diesem Rahmen zu bleiben.

Wohin geht Ihrer Meinung nach die hohe Kunst des Kochens?

Ich bin sicher, dass die Gourmetrestaurants nach wie vor Bestand und Erfolg haben werden. Aber ich glaube, man muss sich mehr Gedanken machen, was die Gäste möchten. Vier bis fünf Stunden bei einem großen Menü zu sitzen wird meiner Meinung immer schwerer vermittelbar. Auf der anderen Seite muss man mit einer Topküche auch den nötigen Umsatz erzielen, um die Kosten zu decken und vor allem auch die Mitarbeiter vernünftig zu bezahlen.

Im Bootshaus: Tafelspitz. Foto: Carola Faber
Im Bootshaus: Tafelspitz. Foto: Carola Faber

Sind bestimmte Trends erkennbar?

Nachhaltigkeit ist sicherlich das große Thema. Wo kommen die Produkte her? Muss es jeden Tag Fisch oder Fleisch sein, oder vielleicht doch mal vegetarisch? Die einen Gäste fordern die Auseinandersetzung ein, andere sind nicht bereit ihre Gewohnheiten zu ändern. Ich denke die Nachhaltigkeit und das Nachdenken über Alternativen wird unser Genussverhalten in den nächsten Jahren prägen.

Welche Küche oder welches Restaurant möchten Sie noch gern kennen lernen?

Ich habe es bislang nicht geschafft, ins neue Franzen nach Stockholm zu gehen. Mein letztes Essen war noch im alten Restaurant vor zehn Jahren.

Ist für Sie ein Gourmetrestaurant in Zukunft wieder denkbar?

Ich würde niemals nie sagen, aber im Moment kann ich ganz gut ohne die Zwänge leben, die so eine Aufgabe ja nun mal mit sich bringt. Ich denke hier an die Sorgen, die passenden Mitarbeiter zu finden, immer eine gute Auslastung zu haben, den ständigen Druck, bewertet zu werden und immer 120 Prozent liefern zu müssen. Was ich mir aber gut vorstellen könnte: Hin und wieder einen Gourmetabend für einen kleinen Kreis zu planen – die Nachfrage der Gäste kommt immer wieder.

Fotos: Carola Faber

Teilen: