KULINARIKER: Der KULINARIKER ist weltweit unterwegs, wir berichten aus den verschiedensten Regionen der Welt. In den letzten Monaten veröffentlichten wir viele Geschichten aus Italien. Auch Sie haben dort investiert…
Dr. Peter Maria Löw: Ja – und damit sind wir wirklich sehr zufrieden. Wenn man ein Kloster aus dem 11. Jahrhundert kaufen kann, ist das schon etwas sehr Besonderes. Man muss sich vorstellen, dass die Region zu der Zeit nicht so besiedelt war wie heute und die Lage der Bauten, in diesem Fall des Klosters, auch sehr strategisch gewählt wurden. Direkt an dem Grundstück läuft eine der wesentlichen Römerstraßen entlang, somit war das Kloster wahrscheinlich schon so etwas wie eine römische Raststation. Gut möglich, dass Cäsar schon am Kloster vorbeimarschiert ist.
Ist denn dieses „Projekt“ eine Art Herzensangelegenheit? Denn sie kommen ja nicht so sehr aus dem Hospitality-Bereich. Bekannt sind Sie eher als Investor…
Nun, ich denke es ist eine Art Genese des European Heritage Projekts. Denn als alter Historiker habe ich Interesse an alten Dingen. Ich hatte einfach in der Vergangenheit festgestellt, dass viele Baudenkmäler in Europa am „zerbröseln“ sind, weil sich einfach keiner darum kümmerte. Der Staat greift vielleicht ein, wenn es um Schönbrunn oder Nymphenburg geht, also wenn die „1A“-Denkmäler Unterstützung brauchen. Für Denkmäler und Gebäude die regional vielleicht nicht ganz so bedeutend waren, sieht es da ganz anders aus – die liegen teilweise brach. Vielleicht auch, weil die Lage nicht ganz so interessant für Tourismus und andere Bereiche ist.
Und da ich erfahren bin und immer noch Firmen kaufe denen es nicht ganz so gut geht, versuchte ich dieses Verfahren der Sanierung einfach auf diese alten Gebäude anzuwenden. Also wir restaurieren die alten Baudenkmäler und versuchen im nächsten Schritt die fertigen Bauten wieder der Öffentlichkeit zuzuführen. Eine der Möglichkeiten ist die Orientierung am Gedanken der Hospitality und auch der Kulinarik.
Betriebswirtschaftlich wahrscheinlich eher schwierig… das Nutzungskonzept muss gut kalkuliert sein…
Die Kosten der Schlossrenovierung oder Abschreibungen können nicht „reingerechnet“ werden. Dennoch: Am Ende des Tages soll es kein Zuschussobjekt sein, sondern es soll sich rechnen. Wenn ich rein betriebswirtschaftlich als Ökonom denken würde und die Vermehrung von Kapital als Ziel habe, dann müsste ich weitere Betriebe bzw. Firmen kaufen und diese sanieren. Das ist sicherlich lukrativ.
Wenn man so will, ist es dann doch so etwas wie eine Herzensangelegenheit, wenn ich diese Baudenkmäler renovieren lasse. Das Wohlbefinden der Öffentlichkeit ist für mich eben auch ein durchaus wichtiger Aspekt. Ich stelle immer wieder fest, dass zunächst zwar Skepsis in der Bevölkerung besteht, allerdings ist die Begeisterung bei Fertigstellung doch sehr groß…
Ein recht neues Projekt haben Sie am Gardasee. Was ist das genau?
Richtig, dort ist in eine ehemalige Limonaia bei Limone investiert worden. Etwa sechs oder sieben Hektar an Plantage für Zitronen liegt dort direkt am See mit eigenem Hafen. Das Projekt soll eben als alte Limonaia wieder eingerichtet werden.
Die Idee dort Zitronen anzubauen ist ja eigentlich schon recht bizarr, ist allerdings bereits aus dem 14. Jahrhundert. Damals stellten Mönche fest, dass eben dort ein Mikroklima herrscht, das den Anbau begünstigt. Aus Stein angelegte Terrassen sind dort angelegt worden um eben die möglichst besten und längsten Sonnenbestrahlungen zu nutzen. Und die Erwärmung der umgebenen Steine strahlt auch nach Sonnenuntergang in der Nacht noch viel Wärme aus, was den Pflanzen natürlich zum Wachstum hilft.
Eigentlich eine vergessene Kultur…
Genau, denn im 19. Jahrhundert gingen solche Anbauprozesse ein wenig verloren. Zitronen kamen billig per Import aus zum Beispiel Tunesien nach Italien und entsprechend verödete das Land oder wurde für andere Zwecke genutzt. Dieses Gelände gehörte zuletzt einer älteren Dame, die kreuz und quer Blumen angepflanzt hatte. Wir machten daraus jetzt wieder eine Zitronenproduktion mit einer eigenen Sorte, aus der zukünftig auch, neben Marmeladen usw., Limoncello gemacht werden soll.
Eine Idee, die in der Region sicher gut ankommt…
Es ist tatsächlich so, dass der Bürgermeister oft dort ist und in Gesprächen sich gewünscht hat, dass auch andere Menschen solche Wege gehen. Und letztendlich ist es auch ein touristisches Argument, wenn man beispielsweise sagen kann man hat das nördlichste Anbaugebiet für Zitronen. Und das schon seit 500 Jahren. Unsere Projekte haben wirklich oft eine große lokale Aufmerksamkeit, weil etwas historisch Typisches aus der Region wieder neu entsteht. Und irgendwie kommt man bei solchen Prozessen immer wieder zu lukullischen Genüssen… (lacht).
Und dahingehend haben Sie ja auch durchaus etwas in Südafrika geschaffen…
In Stellenbosch haben wir 2015 ein Weingut gekauft, dass zu den drei ältesten Weingütern des südlichen Afrikas gehört. Und eben diese drei ältesten Weingüter sind jüngst von der Kap-Region als Weltkulturerbe vorgeschlagen worden.
Nachdem Bewässerung und viele andere Dinge im Weingut verbessert wurden, sind wir durchaus in der öffentlichen Wahrnehmung nach oben „gerutscht“. Denn die Qualität der Weine hat zugenommen und wir haben auch schon den einen oder anderen Preis für unsere Produkte erzielen können. Schwerpunkte im Weingut liegen bei uns auf Shiraz, Merlot und Cabernet Sauvignon – wobei ich die Weine mit der Shiraz-Traube bevorzuge.
Von den südlichen in die nördlichen Gefilde. Ein weiteres Investment fand und findet in Österreich statt. Dort haben Sie 2012 im Kitzbüheler Stadtzentrum ein Gebäude, in dem zuletzt ein Finanzamt war, für gut elf Millionen Euro gekauft…
Genau. Mit der Hilfe von Spitzenkoch Heinz Hanner, einem sehr umtriebigen Typen mit vielen Ideen, haben wir dort das „Berggericht“-Restaurant mit ca. 45 Plätzen gebaut – wobei in einem anderen Haus, dem Lackner-Haus, welches wir auch kaufen konnten, jetzt ein Feinkost-Laden mit Bistro-Betrieb entstehen soll. Dieses ganze Konzept, getauft auf den Namen „Zurück in die Zukunft“, hat schon das Ziel einer Etablierung von Sternegastronomie im Ort. Der Einsatz von tollen und vor allem regionalen Produkten steht dabei im Fokus. Es soll eine Tiroler Küche mit französischen Einflüssen werden.
Das Projekt in Kitzbühel ist mehr als nur in den Startlöchern. Ebenso wie ein anderes Projekt etwas nördlicher – zwischen Nürnberg und Würzburg, das Schloss Frankenberg…
Auch dort gibt es ein Restaurant, dass der Heinz Hanner mitkonzipiert hat. Unter der Leitung von Steffen Szabo, Bayerns ehemals jüngstem Sternekoch, bieten wir dort nicht nur das Fine-Dining-Konzept im unteren Bereich des Schlosses an, sondern bieten auch Hospitality. Denn die Lage des Schlosses ist schon ländlich – daher auch die Bereitstellung von Übernachtungsmöglichkeiten…
So wie es sich anhört, sind es viele Projekte, an denen Sie parallel arbeiten!
Durchaus. Neben diesen Investments besitze ich noch ca. 15 Firmen. Aber wie immer ist es wichtig, die entsprechenden und hoch motivierten Mitarbeiter zu haben. Ich habe aber durchaus noch Zeit andere Dinge zu gestalten. Unter anderem habe ich ein Buch geschrieben – und sitze sogar gerade schon an einem zweiten. Das Ganze ist so eine Art Selbstreflektion für mich. Denn viele Dinge vergisst man einfach – und so kommen tatsächlich wieder viele Geschichten zum Vorschein. Mein letztes Buch ist eigentlich während eines Mallorca Urlaubs entstanden und ist die Abfolge vieler Dinge aus meinem Leben…
Ihr Leben scheint neben den ökonomischen Prozessen durchaus auch kulinarisch beeinflusst zu sein?
Aufgewachsen bin ich in Baden-Baden an der französischen Grenze. Ich bin also durchaus schon früh mit der französischen Küche in Kontakt gekommen. In Deutschland war das Essen, zumindest in meiner gefühlten Wahrnehmung, bis in die 1970er Jahre grausam. Es gab immer Erbsen aus der Dose und Salat mit vorgefertigten Saucen die irgendwie jeder hatte. Ganz furchtbar.
Als Junge bin ich dann schon mit meinen Eltern ins Elsass gefahren. Und dort gab es eine ganz andere Küche. Das hat mich damals schon schwer beeindruckt. Ende der 1970er Jahre entstand dann schon eine Fine-Dining-Kultur in Deutschland. Als Student war ich damals schon sehr an der Sternegastronomie interessiert. Damals gab es nicht viele Sternerestaurants, in Deutschland vielleicht nur vier oder so…
Wobei die Vergabe der Sterne mittlerweile fast inflationär erscheint…
Ja, genau. Um die Wertigkeit von früher zu schaffen, müsste fast ein vierter und fünfter Stern verliehen werden. Was meiner Meinung nach in der heutigen Gastronomie auffällt, ist, dass viele Restaurants voneinander kopieren. Man kann wirklich sagen, dass in dem einen Restaurant ein Gericht so ist wie bei dem und dem, ein anderes kann mit einem wo auch immer verglichen werden. Es geht ein wenig die Originalität verloren.
Früher waren die Erlebnisse einmalig, heute ist man weniger auf der „Wolke 7“ – verglichen mit damals. Darum wollen wir in Frankenberg zum Beispiel Erlebnisse schaffen, die so ein wenig sind wie „früher“. Es soll schon eine Erlebnisgastronomie sein, die in Erinnerung bleiben soll.
Viele spannende Projekte, die sie da begleiten. Weiterhin viel Erfolg dafür. Und danke, dass Sie für unser Gespräch Zeit gefunden haben!
Fotos: Dr. Peter Maria Löw