Foodie

Gourmet-Genüsse von der „Grauen Gans in der Küche”

Das über zwei Geschosse reichende riesige Foyer der vom Warschauer Büro JEMS Architekci entworfenen und 2020 bis 2024 geschaffenen Botschaft bietet als Mittelpunkt des Hause Platz für 800 Menschen – ideal also für eine solche, in jeder Beziehung gelungene Präsentation, zumal der die Berliner Traufhöhe (22 m!) beachtende fünfgeschossige Bau mit Tiefgarage auch über einen wunderbaren begrünten Patio mit Sitzgelegenheiten verfügt. 

Im von außen einsehbarem kleinem Vestibül ist zudem sogar noch Relikt des 2016 abgerissenen Vorgängerbaus zu bestaunen: die denkmalgeschützte Lindenblätterwand des Bildhauers Fritz Kühn von 1966, Referenz an Berlins Hauptboulevard Unter den Linden! 

Ambassador Jan Tombinski bei seiner Rede zum Empfang. Foto: Jürgen Sorges
Ambassador Jan Tombinski bei seiner Rede zum Empfang. Foto: Jürgen Sorges

Schon zur Begrüßung virtuell und im Empfangsbereich real warben die einladenden Woiwodschaften mit ihren besonderen Produkten. Dazu zählen in Kleinpolen (Małopolska) natürlich delikate Wurstwaren und Käse wie der fast schon ikonische Bergkäse Oscypek, aber auch diverse Honigsorten, Öle Steinsalz und salzhaltige Dessertschokolade aus dem UNESCO-Welterbe Wieliczka oder die berühmten Wawel-Trüffel aus Krakau. 

Clou war indes die Verkostung einer echten Gourmet-Rarität, des auch von Sterneköchen für spezielle Gerichte hochgeschätzten Likörs aus der Suska sechlońska. eine leicht süßliche Pflaume mit Räucheraroma, fleischigem Fruchtmark und blauschwarzer klebriger Haut. Ihre geschmackliche Besonderheit verdankt diese heute längst EU-weit geschützte Pflaume einem traditionellen Rauch- und Dörrverfahren. Vor über 100 Jahren entwickelte dies ein Pfarrer im Dörfchen Sechna in Kleinpolen, daher der Name. Heute finden sich noch exakt 677 der damals entwickelten Darren zum Dörren und Räuchern der Hauszwetschgen, die dank der Darren eben zur Suska sechlońska werden.

Und natürlich musste auch Pomorskie (Pommern) nicht zurückstehen. Klar, das man an der Ostsee stets auf Sprotten und Hering als Delikatessen verweisen kann. Aber geradezu ikonsich sind die Erdbeeren aus Kaschubien, die sich durch besondere Süße auszeichnen und sicher auch schon den Gaumen von Günter Grass verwöhnt haben. 

Danziger Goldwasser. Foto: Jürgen Sorges
Danziger Goldwasser. Foto: Jürgen Sorges

Als Erdbeerkonfitüre mit Holunderblüten und Rosmarin, wie sie Chefkoch Marcin Popielarz zubereitet, ein Gedicht! Preiselbeer- und Mirabellen-Marmeladen ergänzen das Agenbot, diverse passende Käsesorten und überraschend auch Danziger Anchovis bereichern das Angebot. Clou ist aber auch hier ein kräftiger, gülden schimmernder 40-Prozenter: Danziger Goldwasser, einst bevorzugter Schnaps von Kurfürsten und reichen Kaufleuten und nur echt mit 22-karätigem Blattgold, das sich tief unten im Glas absetzt. Natürlich ist das Danziger Goldwasser eher zum Abschlus eines Mahls geeignet. 

Forelle aus der Piwna47 Food & Wine Bar

Wie ein solch pommersches Menü aussehen könnte, zeigen die Köche der gerade erst von den Michelin-Testern empfohlenen Piwna47 Food & Wine Bar aus Gdańsk. Vorspeisen wie Hering auf Roggenbrot mit Estragon-Mayonnaise und französischem Senf, Hirsch-Tartar mit Kartoffel, Eigelb, Pinienkernen, schwarzen Trüffeln, Chipotle (scharfe Paprika) und Kalbsknochenmark oder einem Karottenbaiser folgt der Hauptgang mit Zielenica-Forella, Orzo-Nudeln, Karotten, Blumenkohl, Salat, Kohlrabi, grünem Gemüse und Miso! 

Weißwein „Malgorzata XXII (2022)” vom Weingut Dabrowka. Foto: Jürgen Sorges
Weißwein „Malgorzata XXII (2022)” vom Weingut Dabrowka. Foto: Jürgen Sorges

Dazu passen sowohl der rund um gute Weißwein „Malgorzata XXII (2022)” vom Weingut Dabrowka als auch – große Überraschung – ein polnischer Rotwein: der Adoria Pinot Noir 2021 von den Adoria Vineyards nahe Breslau (Wroclaw). Dann hat man sich zum leckeren Dessert vorgekämpft: Rhabarber-Törtchen mit kaschubischen Erdbeeren! Süß, sauer und herrlich!

Top: die „graue Gans”

Anders die Chefs Krzysiek Makowski und Marcin Grad, die an diersem Abend ihr direkt an Krakaus Main Square (Marktplatz) gelegenes, auf polnische Küche spezialisertes Top-Restaurant „Szara Gęś w Kuchni“, die „graue Gans in der Küche“ vorstellen. Vorweg: Sicher hätte das Vorzeigelokal der Krakauer MSHG (Main Square Hospitality Group) längst einen Stern verdient. Doch es ist einfach zu groß, entspricht so nicht den formalen Kriterien von Michelin. 

Anrichten von Kalbfleisch mit weißen Bohnen. Foto: Jürgen Sorges
Anrichten von Kalbfleisch mit weißen Bohnen. Foto: Jürgen Sorges

Die Rezepte von Executive Chef Robert Koczwara sind top: Als Vorspeisen werden Mousse aus geräuchertem Oscypek mit Preiselbeeren und Rapsöl, Forellen aus Ojców mit Rotkraut, Zwiebel und Meerrettich sowie eine Rote-Bete-Kaltschale mit Dill und Knoblauch geboten. Dann folgt mit dem Hauptgang, schonend gegartem Kalbfleisch mit großen (dicken!) weißen Bohnen der geschützten Edelsorte „Piękny Jaś“ ein großartiger Höhepunkt, ehe zum Dessert der Clou folgt: Ein mit Tonkabohne und Steinpilz gefülltes weißes Schokoladenmouse-Ei im Kokos-Schoko-Nest.

Keine Frage: Die „graue Gans“ und weitere elf Etablissements der MSHG-Group, etwa das schöne Restaurant „La Campana“ („Die Glocke“), so unisono die Manager Magda Wilczynska-Kruczek und Michal Banakowicz sollte für jeden Krakau- und Kleinpolen-Besucher auf der Must do-Liste stehen. Aber auch Pommern, die Dreistadt Danzig und das Piwna47 punkten allemal…

Informationen:

Polnisches Fremdenverkehrsamt: www.polen.travel/de

Woiwodschaft Pomorskie (Pommern)/Gdańsk (Danzig): www.pomorskie.travel/en

Woiwodschaft Małopolska (Kleinpolen)/Kraków (Krakau): www.visitmalopolska.pl/de_DE

Piwna47 Food & Wine Bar: www.piwna47.pl

Rest. „Szara Gęś w Kuchni“: www.szarages.com

Weingut Dabrowka:  www.winnicadabrowka.pl/de/strona-glowna-deutsch

Weingut Adoria: www.adoriavineyards.com/de

Suska sechlońska: www.suskasechlonska.pl

Fotos: Jürgen Sorges

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