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Ein Hoch auf Don Giacomo! (Teil 2)

Den Anfang machte die Azienda Agricola Tommaso Bosco aus Castagnole Monferrato. 2014 habe er, so Tommaso Bosco, jene Weinberge erworben, die einst schon seine Großeltern bewirtschafteten. So sei eine alte Tradition wiederbelebt worden. Seit 2017 gedeihen auf den 7,5 ha Weinbergen Ruchè, aber auch Grignolino und Barbera. Dazu werden auf 15 ha Haselnüsse geerntet. Sein wunderbarer Ruchè di Castagnole Monferrato DOCG 2020 „Oltrevalle“ entsteht im Stahltank, kommt mit satten 14,5 % Alkoholgehalt daher, sollte bei 18°C serviert werden und passt perfekt zu rotem Fleisch und Käse. Wie auch die andere Ruchè sollte man die Flasche getrost zwei bis drei Stunden vorher öffnen. So entfaltet er perfekt seine Frische.

Und: Obschon so mancher Ruchè auch lange gelagert werden kann, was auch die neue Riserva zum Ausdruck bringt, gilt der Ruchè doch als Wein, der jung getrunken werden will. Ursprünglich die Präsentation beginnen sollte die Azienda Amelio Livio, eine alte Winzerfamilie aus dem Weiler Grana, die Anfang des 20. Jh.s mit dem Weinbau begann und heute neben 7 ha Ruchè auch Grignolino und Barbera d`Asti anbaut. Seit 2017 führen Arianna und Daniela, die Töchter von Livio Amelio, das Gut, unterstützt natürlich von Livio und seiner Gattin Marisa. Ihr in Stahl gereifter Wein Ruchè di Castagnole Monferrato DOCG 2020 „Primordio“ ist der Debütwein der beiden Schwestern. Denn „primordio“ bedeutet „Beginn“. Bei 14,5 % Alkoholgehalt besitzt der rubinrote Wein eine gute Struktur, ist aromatisch mit Noten von reifer Kirsche, Aprikose, Haselnuss, Brombeere und Himbeere. Er ist perfekt zu saisonalem Käse, Gegrilltem und Wild. Nächster anwesender Winzer war Roberto Rossi, der für die Azienda Fabrizia Caldera den Ruchè di Castagnole Monferrato DOCG 2020 „Prevost“ vorstellte.

Das Weingut wird bereits in fünfter Generation betrieben und ist ein historisches Weingut des Gebiets. Hier baut auch Grignolino, Barbera oder Gavi an. Seit 1997 beschäftigt man sich intensiv mit dem Ruchè, experimentierte viel, arbeitet mit den Methoden des traditionellen Weinbaus und lässt den Ruchè „Prevost“ in Stahl reifen. Seit dem Jahr 2000 kreiert man auch einen Passito Ruchè, der sehr lange zu 60 Prozent in Stahl, der Rest in Holz lagern muss. Der Prevost (14,5 % Alkoholgehalt), übersetzt „Landprediger“, ist auch eine Hommage an Don Giacomo Cauda und passt, bei 18°C serviert, sehr gut zu Käse und Hauptgängen mit rotem Fleisch.

Leider nicht anwesend war das Weingut „Esse Erre“ von Giulia Montina aus Castagnole Monferrato, die mit ihrem Ruchè di Castagnole Monferrato DOCG 2020 „SR“ einen weiteren „Fürsten des Monferrato“ präsentiert hätte. Ihr Ruchè beeindruckt mit Aromen von Veilchen, mit leichten Tanninen und sollte tatsächlich einige Stunden früher bei einer Temperatur von 18 – 20°C geöffnet werden.

Mit der Azienda Agricola Luca Ferraris ist dann der Vorsitzende der Winzervereinigung an der Reihe. 1921 gründeten seine Großeltern das Weingut, das bis 1982 betrieben wurde. 2001 gelang Luca die Wiederbelebung dieses alten Familiengutes (55 ha), das heute jährlich 200 000 Flaschen abfüllt. Neben Qualitäts-Ruchè wird auch Barbera angebaut. Unter den drei Ruchè-Weinen ist der der Ruchè Castagnole Monferrato DOCG 2020 „Clásic“ der aktuell meistverkaufte. Er räumte schon die höchste Auszeichnung des Gambero Rosso, die berühmten „drei Gläser“ ab. Zudem beeindruckt Luca Ferraris hier mit seinem unbedingten Willen zu Nachhaltigkeit. Sein Credo: „Schützen wir unsere Erde mit nachhaltiger Landwirtschaft!“

Einige Weine der Produzenten. Foto: Jürgen Sorges
Einige Weine der Produzenten. Foto: Jürgen Sorges

Und so ist die Verschlusskapsel der Weinflasche aus der Sammlung von Plastikabfall entstanden, die Flasche stammt aus der Wiederverwertung von gesammeltem Glas und der Korken ist natürlich biologisch und zertifiziert. Schließlich schmückt das Nachhaltigkeitssiegel SQNPI (Sistema di Qualita Nazionale Protezione Integrata) samt Biene das Etikett. Der Wein reift neun Monate in Fässern von 4500 l Fassungsvermögen. Eine Wucht ist dann Ferraris Wein Ruchè di Castagnole Monferrato DOCG 2019 „Vigna del Parroco“ (15 % Alk.), der zudem mit einem Wappen samt Jahreszahl 1964 aufwartet. Und natürlich ist dieser Wein von jenem Weinberg, den Don Giacomo Cauda 1964 anlegte und damit die moderne Wiederauferstehung der autochthonen Rebsorte schuf, die ultimative Hommage an den Geistlichen mit dem grünen Händchen für Wein und die Natur. Der Wein reift 12 Monate auf dem Fass. 15300 Flaschen werden abgefüllt.

Schließlich gibt es noch den Nonplusultra-Ruchè, den Ruchè Castagnole Monferrato DOCG Riserva 2017 „Opera Prima“. Ihn schuf Luca Ferraris erstmals 2007 für seinen Großvater Martino (1902 – 1982), den Gründer des Gutes. Damals wurden 2700 Flaschen aufgelegt, heute sind es 22 000. Die Trauben stammen ausschließlich vom Weinberg Bricco della Gioia (285 m ü. d. M.), dem Juwel des Gutes. Der Wein reift 24 bis 36 Monate in französischer Eiche (500-l-Fässer) und dann nochmals ein Jahr in der Flasche, ehe er die Marktreife und die Bezeichnung Riserva erhält. Mit Aromen von reifen Früchten, Vanille, Gewürzen und Lakritz, reifer Himbeere und Kirsche ist er der perfekte Ruchè zu Trüffeln, Wild und reifem Käse.

Mit dem Weingut Montalbera aus Castagnole Monferrato folgt sodann ein weiteres Schwergewicht. Denn rund um das in den 1980er Jahren erbaute Gutshaus wachsen die Trauben für den hochgerühmten Ruchè di Castagnole Monferrato DOCG 2020 „Laccento“ (15 %). Der 2018er erhielt vom Gambero Rosso 2018 die drei Gläser, und Star-Sommelier Luca Maroni gab dem „Laccento“ sogar 99 Punkte!

Die Trauben werden handgelesen, Kapselverschluss, Glas und Korken – alles ist nach ökologischem Sachverstand zusammengestellt. Der Wein reift in Stahl. Und mit einem online aufgerufenen Preis von gerade 15,50 € ist er wie die anderen Ruchè auch preislich in einer ausgezeichneten Liga. Montalbera begann mit gerade 5 Hektar Land, heute sind es 100 Hektar. 50 Prozent der Weinberge sind für den Ruchè reserviert, den Rest teilen sich Barbera, Grignolino und neu auch Nebbiolo. Und natürlich gibt es auch einen Ruchè Riserva.

Leider nicht anwesend war das Weingut Poggio Ridente von Maria Cecilia Zucca aus dem Dorf Cocconato. Der Biowein (13,5 %) beeindruckt durch seien Aromen von Blüten und Früchten, dazu Noten von Himbeere, Rose und Walderdbeere.

Die Azienda Agricola Wanela Manor von Emanuele Novello aus dem Dorf Grana präsentierte sodann den Ruchè di Castagnole Monferrato DOCG 2019 „Prediomagno“. Das noch junge Weingut (35 ha) startete mit der ersten Lese 2020. Zehn Weine sind im Angebot, davon zwei Ruchè.

Mit Franco Cavallero von den Tenimenti Famiglia Cavallero und aus den Cantine Sant`Agata in Scurzolungo ist dann erneut ein Schergewicht an der Reihe. Mit seinem Bruder befasst er sich seit 1982 mit dem Ruchè, hat alles ausprobiert und versucht, sogar einen Ruchè-Spumante. Seit 1990 ist er intensiv dabei, separiert die Lesen aller Weinberge für bestmögliche Resultate. Und auch die Etiketten seiner drei vorgestellten Weine sind Extraklasse! Da ist erst einmal der Ruchè di Castagnole Monferrato DOCG 2019 „Na Vota“, Resultat der streng nach Zonen eingeteilten Weinberge. Der reine Ruchè besitzt große Harmonie und Balance und raffinierte Aromen. Sein Name leitet sich von „C`era una volta“, „es war einmal“ her, und ist die perfekte Werbung für einen märchenhaften Wein. Von langer Lebensdauer, passt er perfekt zu hocharomatischen Gerichten, auch zur asiatischen Küche und wird in Malaysia, Japan und Australien hochgeschätzt.

Weitere Weine im Tasting. Foto: Jürgen Sorges
Weitere Weine im Tasting. Foto: Jürgen Sorges

Eine Klasse für sich ist dann auch der Ruchè di Castagnole Monferrato DOCG 2018 „Pro Nobis“. Umweltfreundlich produziert, reflektiert dieser Wein die ständigen Bemühungen der Cavallero-Brüder, ihre Weine jährlich qualitativ zu verbessern. Dieser Wein ist optimal zu Hirsch, Wildschwein und Hase und auch zur asiatischen Küche. Der komplexe Wein eignet sich aber auch für eine stille Stunde – als „Meditationswein“ mit intensive Aromen. Spitzenprodukt ist dann der Ruchè di Castagnole Monferrato DOCG Riserva 2016 „Genesi“, der mit dem Wahlspruch „Infinitum Finitum Producit“ („Das Unendliche schafft das Endliche“) wirbt. Dieser Wein, er kostet um die 30 Euro, reift vier Jahre, drei davon im Holzfass. Der stimulierende Wein (15 % Alkoholgehalt) der Extraklasse passt perfekt zu Geröstetem und gewürzreicher asiatischer Küche.

Schließlich präsentiert sich mit der Tenuta Montemagno auch ein großes renommiertes Weingut (100 ha), das auf 20 ha Wein anbaut. Mit dem Ruchè di Castagnole Monferrato DOCG 2018 „Nobilis“ (14,5 %) hat man einen Wein mit intensiver Farbe und Purpur-Reflexen, der Noten von Rose, Veilchen und reifen roten Früchten vereint. Ihn zeichnet seine große Langlebigkeit und Eleganz aus. Und natürlich wuchsen die Trauben auf einem Südwesthang. Man findet ihn online für 17 bis 22 € oder ab Weingut. Ab 20 € ist auch der zweite Wein, der Ruchè di Castagnole Monferrato DOCG2020 „Invictus“ zu haben. Er bringt sogar satte 15,5 % Alkoholgehalt mit. Keine Frage, dieser neue Kultwein wird – ob nun als „Ruchè“ oder als apostrophierter „Barolo aus dem Monferrato“ seinen Weg machen. Wohl dem, der eine der raren Flaschen dieses grandiosen Nischenweins ergattert.

Fotos: Jürgen Sorges

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