Schräg gegenüber der „Fontana del Pescatore“, jenem Fischerbrunnen, der vom italienischen Bildhauer Tommaso Piscitelli geschaffen und 1935 enthüllt wurde, öffnet ein Kiosk, der exklusiv eines der derzeit besten Biere Italiens, das ursprünglich aus Sardinien stammende Ichnusa anbietet. Mit dem leicht salzigen Kult-Bier „Messina“ erobert es derzeit die Märkte.
Und dann öffnet sich schon die Fußgängerzone von Manfredonia, der stets von flanierenden Menschen überlaufene Corso Manfredi. In Manfredonia sind wir, weil wir im nationalen Burgmuseum der Stadt die einzigartige Ausstellung von antiken Grabstelen des Volkes der Daunier bestaunen wollen – geometrisch exakte Darstellungen aus dem 8. Bis 6. Jh. v. Chr., die weltweit ihresgleichen suchen.
Gleich zur Linken des Corso Manfredi zieht aber erst einmal eine Skulpturengruppe die Aufmerksamkeit auf sich: Das Bronze-Trio „Pater Pio von Pietrelcina mit zwei Gläubigen“ schuf der italienischen Bildhauer Franco Troiano, 1999 wurde es an Manfredonias Chiesa del Carmine enthüllt. Nun: Pater Pius war nicht irgendwer. Er wurde in Pietrelcina geboren, lebte 1887 bis 1968 und wurde 2002 katholischer Heiliger. Der sehr populäre Mönch behauptete 1918, er habe die Stigmata Christi erhalten. Viele bezweifelten dies, noch mehr glaubten ihm. Und so wurde der hoch umstrittene Padre Pio, der auf der Halbinsel Gargano wirkte, zu einem der bis heute populärsten Volksheiligen Italiens.

Gleich im Anschluss öffnet zur Linken des Corso die Gelateria Bruneleski mit riesigen Teddybären vor der Tür, pittoreske historische Durchgänge zu Innenhöfen laden zum Kiebitzen ein. Von einer Seitenstraße des Corso wird der 1677 erbaute Uhren- und Glockenturm (Kampanile) des Doms von Manfredonia sichtbar, ehe der Corso die Hauptpiazza quert, wo sich einige B & B-Angebote ebenso bemerkbar machen wie die gut frequentierte Bar Mandracchio.
Unser Ziel ist erst einmal die kulinarische Numero Uno vor Ort, das Fischrestaurant „Il Porto“. Denn am Vormittag haben wir bereits den Archäologischen Park von Siponto besichtigt, vier Kilometer vor den Toren von Manfredonia. Dort ragt die Basilika Santa Maria Maggiore di Siponto auf, mit mächtiger Hauptfassade und von Löwenflankiertem Kirchenportal.
Die Kirche ist ein Schatz, seit 1977 sogar eine Basilica minor. Schon 1117 n. Chr. wurde sie eingeweiht. Doch ersetzte sie eine ältere frühchristliche Kirche, die wiederum auf den Resten eines heidnischen Diana-Tempels linkerhand der heutigen neuen Kirche erbaut worden war. Die frühchristliche Kirche wurde 991 n. Chr. durch ein Erdbeben und nochmals – nach Wiederaufbau – Ende des 11. Jh.s erneut durch ein Erdbeben zerstört.

Die neue Kirche Basilika Santa Maria Maggiore di Siponto wurde dann im Stil der apulischen Romanik mit byzantinischen und armenischen Stilelementen erbaut. Die Glocke auf der neuen Kirche wurde erst im 18. Jh. hinzugefügt. Und eben diese Kirche stand und steht für jene Hafenstadt Siponto, die bis ins Hochmittelalter zu den wichtigsten Häfen Süditaliens zählte, ehe eben die Erdbeben der Stadt den endgültigen Garaus machten.
Auf dem Kirchenareal, heute Archäologischer Park folgte dann vor acht Jahren ein Clou: Im März 2016 schuf der international hochrenommierte italienische Bildhauer Edoardo Tresoldi eine 14 Meter hohe und sieben Tonnen schwere Installation auf den Resten der frühchristlichen Kirche, um die frühere Form und Gestalt des Gotteshauses wieder sichtbar zu machen. Heute ist diese Installation die Hauptattraktion im Archäologischen Park von Siponto. Aber natürlich hat auch die Basilika einiges zu bieten. Filigran gesetzte schmale Fenster, Wasserspeier an einer Apsis, herrlicher ornamentaler Schmuck und florale Elemente an den Fassaden.
Zurück in Manfredonia, geht es schnurstracks zum Ristorante Il Porto. Doch das berühmte Fischrestaurant kann wegen des mittäglichen Andrangs nur Plätze im Inneren anbieten. Und so entscheiden wir uns für die zweite erste Wahl: das direkt am Hafen liegende Ristorante Pizzeria Re Manfredi. Vor dem Lokal macht eine Skulptur mit Portrait des Dichters Dante Alighieri auf sich aufmerksam.

Ebenfalls von der Pizzeria Re Manfredi wurde eine Sitzbank mit Inschrift des Dichters Dante Alighieri installiert. Denn Dante erwähnt König Manfred von Sizilien in der Göttlichen Komödie, und zwar im Purgatorium (Fegefeuer), 3. Gesang, Verse 1033 bis 145. Dort schrieb der Dichterfürst aus Florenz über den Sohn von Stauferkaiser Friedrich II., des Staunens der Welt, und der Adligen Bianca Lancia der Jüngeren, mit der sich der Kaiser noch an deren Sterbebett trauen ließ: „biondo era e bello e di gentile aspetto“ („Blond war er und schön, und von angenehmen Wesen!“).
Und so lassen wir es uns im Ristorante Re Manfredi natürlich schmecken. Erst einmal darf es ein Carpaccio vom rohen Schwertfisch sein, es folgen weitere Spezialitäten des Hauses, u. a. wunderbare Pasta mit Meeresfrüchten und auch frischem Gemüse, dann auch ein hausgemachter Likör zum Abschluss, der wie alle Rezepte hier von Großmutter und Großvater stammt.
Gegenüber ziehen derweil die restaurierten Burgmauern des Kastells von Manfredonia die Aufmerksamkeit auf sich. Doch zuerst geht es an den Hafen. Dort steht seit dem 24. Mai 2015 eine riesenhafte bronzene Reiterstatue eben jenes König Manfred von Sizilien, vom Bildhauer Prof. Salvatore Lovaglio geschaffen und von der Werkstatt Fonderia artistica Mapelli ausgeführt. Und natürlich hat dies einen Grund. Denn König Manfred von Sizilien, gründete die nach ihm benannte Stadt Manfredonia am 23. April 1256 und baute Manfredstadt bis 1263/64 als Ersatz für Siponto auf.

Zum Bauprogramm gehörte auch die Burg von Manfredonia: deren äußere Befestigungsmauern erst 1442 unter der Herrschaft der Aragonesen errichtet wurden. Dahinter verbergen sich die Türme der alten Manfred-Burg und deren Burgmauern.
Nach der ersten Burg von 1264, die aber erst 1279 erstmals erwähnt wurde, werkelten im 13. Jh. noch die Angiovesen des Karl von Anjou und der französische Architekten Pierre d`Angicourt (Petrus de Angicuria; arbeitete 1269 bis 1309) an der Burg, die erst 1442 komplett war. Im Inneren begeistert heute die Ausstellung zu den Dauniern. Und wer sich näher mit den Normannen und Staufern befassen möchte, darf an der Kasse auch ein Kartenspeil erwerben, das alle wichtigen Herrscher und Herrscherinnen jener Zeit in stilechtem Outfit zeigt.
Fotos: Ellen Spielmann