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Das Konzept geht auf – TAWA YAMA

Im Spätsommer flatterte uns eine Einladung der Champagner-Maison Charles Heidsieck ins Haus, die im kleinen Kreis ihr aktuelles Blanc de Blanc-Portfolio präsentieren wollte – darunter ein spektakulärer 1981 aus der exklusiven Crayères Collection. Schauplatz des Events: das TAWA YAMA.

Das sollte ursprünglich bereits im Frühjahr 2020 an den Start gehen, wurde dann aber mehrere Monate durch den Corona-Lockdown ausgebremst, so dass unser damals eigentlich bereits geplanter Besuch ins Wasser gefallen war und wir das Lokal schon fast wieder aus den Augen verloren hatten. Doch das wäre ein großer Fehler gewesen. Schließlich punktet das TAWA YAMA nicht nur mit einem überzeugenden Raum- und Designkonzept, das man so eher in Berlin, London oder Kopenhagen erwarten würde, als in der historischen Keimzelle der badischen Landeshauptstadt, sondern auch mit einer exzellenten, modernen Küche. Und so haben wir den langen aufgeschobenen Besuch nun endlich nachgeholt. Doch der Reihe nach.

Überzeugendes Raum- und Designkonzept. Foto: Tawa Yama / Swen Carlin
Überzeugendes Raum- und Designkonzept. Foto: Tawa Yama / Swen Carlin

Am Herd des TAWA YAMA – was auf Japanisch schlicht Turm Berg bedeutet, der Name des nahegelegenen Karlsruher Hausbergs – steht mit Peter Fridén, Jahrgang 1981, scheinbar ein Naturtalent. Geboren in Südkorea, aufgewachsen in Schweden und mit einer soliden Ausbildung in klassisch französischer Kochkunst im Gepäck, lässt der Küchenchef bei seinen Gerichten fast spielerisch unterschiedliche Kulturen und Mentalitäten verschmelzen. Das Ergebnis ist ein Aromenkosmos, der Vertrautes und Exotisches so genial blendet, dass am Ende etwas ganz Neues entsteht. Sein Mix aus japanischen Zutaten und Küchentechniken, Elementen der New Nordic Cuisine, die er bei u.a. bei Schwedens Ausnahmekoch Niklas Eksted in Stockholm kennengelernt hat, aber auch klassischen Elementen à la Heinz Winkler oder Zitaten aus der Neuen Deutschen Küche, wie sie z.B. das First Floor im Berliner Mandala zelebriert, verschmilzt bei Fridén so zu Tellern, deren Präsentation zwar eher einen minimal Chic verpflichtet scheinen, geschmacklich aber wahre Bomben sind.

Tatsächlich gliedert sich das gastronomische Angebot des TAWA YAMA in zwei Sparten: EASY und FINE. Wie der Name schon sagt, geht es im EASY, das den weitaus größten Teil der Restaurantfläche einnimmt und zu dem auch eine herrliche Terrasse gehört, um unkomplizierten, aber qualitativ hochwertigen Genuss im japanischen Izakaya-Stil. Darunter zahlreiche Sharing-Gerichte. Besonders lecker: die gedämpften Bao Buns mit würziger Füllung oder die gebackene Miso-Aubergine mit Pomelo und Sesam. Bei den Hauptgängen sticht die vegetarische Umami Rübe mit Blauschimmelkäse, Haselnüssen und Dashibrühe heraus oder der Miso Kabeljau mit Kaffir Limetten Sabayon. Preislich bleibt das Angebot des EASY dabei absolut im Rahmen – so kosten Hauptgänge zwischen 13 und 27 Euro. Für die gebotene Qualität ist das ein Schnäppchen. Aber auch Weinfans werden hier glücklich, denn die Karte ist ausgesprochen gut sortiert und ebenfalls fair bepreist. So finden sich z.B. badische Klassiker von den Weingütern Martin Waßmer, Franz Keller, von Salway oder Klumpp.

Küchenchef Peter Fridén. Foto: Tawa Yama / Swen Carlin
Küchenchef Peter Fridén. Foto: Tawa Yama / Swen Carlin

Im FINE dagegen, das ebenfalls über eine private Terrasse und sogar eine private „Secret Bar verfügt, präsentieren sich Fridén und sein Team um Sous Chefin Meike Blickheuser, die ihre Karriere u.a. im Dresdner Bülow Palais und dem Grand Hotel des Bains in St. Moritz gestartet hat, mit einem exklusiven Degustationsmenü, das von kongenialen Weinempfehlungen von Sommelier und Restaurantleiter Adrian Imm begleitet wird, den wir noch aus seiner Zeit im Wolfsburger Aqua kennen. Apropos Aqua – dort hat auch Betriebsleiter Simon Prokscha u.a. seine Sporen verdient, bevor er zuletzt selbst in Juan Amadors Dependance im Kempinski Gravenbruch einen Stern erkochte. Komplettiert wird das Team von Barchef Hendrik Fritsch, der vor dem TAWA YAMA im Baden-Badener Roomers hinter dem Tresen stand. Diese geballte Kompetenz verspricht ganz große Genussmomente – und dieses Versprechen haben wir bei unserem Besuch des FINE an einem Freitagabend kurz vor Weihnachten eins ums andere Mal eindrucksvoll eingelöst gesehen.

Wir wählen dabei nach einem Aperitif mit einem Gläschen Ruinart Blanc de Blanc an der Secret Bar das große 5-Gang Menü zu 119 Euro, das besonders Hungrige auf Wunsch noch um eine Käse-Gang oder kreative Einschübe des Küchenchefs erweitern können und welches auf Wunsch auch als vegetarische Variante geordert werden kann. Qualitativ bewegen sich Fridén und sein Team hier zweifellos durch die Bank auf Sterneniveau. Uns fallen auf Anhieb ein halbes Dutzend Betriebe ein, die sich seit Jahren offiziell mit einem Macaron schmücken dürfen, und wo wir nicht ansatzweise so viel Spaß hatten.

Teller im Tawa Yama: Wagyu. Foto: Tawa Yama / Swen Carlin
Teller im Tawa Yama: Wagyu. Foto: Tawa Yama / Swen Carlin

Zum Auftakt genießen wir Gelbschwanzmakrele (Hamachi) mit frisch-würzigem Daikon Rettich und Imperial-Kaviar, gefolgt von einer genialen Kombination aus weißem Heilbutt und Schwertmuschel mit Trüffel, Mirabelle und Spinat. Am nächsten Gang – einer himmlischen zartschmelzenden Foie Gras mit Estragon und Pekannüssen – scheiden sich dann naturgemäß die Geister. Wer zum Wohle des Flatterviehs gerne auf Stopfleber verzichtet, kann sich aber stattdessen auch eine Foie Faux servieren lassen – einen hausgemachten, veganen Gänseleberersatz. Der schmeckt tatsächlich so täuschend echt, dass man wirklich getrost aufs Original verzichten kann. Dazu passt eine 2001er Riesling Spätlese vom Weingut Balthasar Ress aus dem Rheingau mit ausgeprägtem Bienenwachs und Lanolin Noten. Dann folgt als kleiner Einschub ein echter Knaller: ein sensationelles Terzett aus Sanddorn- und Mandeleis bzw. Sorbet und Malossol-Kaviar. Die Verbindung aus säurebetonter Fruchtigkeit, Cremigkeit des der Mandeln und dem salzig-maritimen Aroma des Kaviars ergänzt sich zu einem erstaunlich harmonischen Geschmacksbild, das gerade aus der Gegensätzlichkeit der drei Elemente entsteht. Genial.

Der anschließend servierte Hauptgang: perfekt auf den Punkt gegarter Rehrücken mit Miso-Birne Sellerie und Rosenkohl. Dazu zaubert Sommelier Adrian Imm wahlweise den „Dicken Franz“ ins Glas – ein 2016 Bio-GG vom Blaufränkischen des Weinguts Burg Ravensburg, der mit intensiven Aromen von Schwarzkirsche, Holunder, Cassis und Kaffee beeindruckt. Wer es klassischer mag wählt einen 2011er Chateau Brun Saint Emilion Grand Cru, den Imm aus der Magnum ausschenkt. Wir probieren beides.

Teller Forelle und Buttermilch. Foto: Tawa Yama / Swen Carlin
Teller Forelle und Buttermilch. Foto: Tawa Yama / Swen Carlin

Wer mag, baut vor dem Dessert noch den Käse-Gang mit einer schönen kleinen Auswahl aus dem Affineur Atelier von Maître Anthony ein, bevor das Menü mit einer sündhaft leckeren Kreation auf Basis von Dulce di Leche, eine in Südamerika als Brotaufstrich beliebte Milchcreme, Lavendel und Creme de Bresse – eine besonders feiner, AOC geschützter Sauerrahm mit hohem Fettanteil aus dem gleichnamigen französischen Landstrich – schließt. So gut haben wir schon lange nicht mehr gegessen und auch im FINE ist das Preis-Leistungs-Verhältnis beinahe unschlagbar.


Information:

www.tawayama.de

Fotos: Tawa Yama / Swen Carlin

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