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Connemara – „wild“ und „schön“ und luxuriös

Im Inneren der familienbetriebenen Bar läuft der TV, an den Wänden Insutrmenten-Deko und Embleme der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag des Osteraufstands gegen die englische Obrigkeit (1916), am Sonntag gibt es live Musik. Welcome im „wilden“, „schönen“ traditionsbewussten Connemara. Es bedeutet „Inlets of the Sea“ (Einbuchtungen der See) und war mangels Zugangswegen über Land bis weit ins 19. Jahrhundert fast ausschließlich auf dem Wasserweg zu erreichen. Bei der Fahrt durchs Land ist die Bergformation der „Twelve Pins“ (Zwölf Stifte) fast immer in Sicht.

Kylemore Abbey: vom Schloss zum Kloster

Was für eine Geschichte rund um das große schöne Anwesen Kylemore, das sich heute Besuchern als Schloss und Klosterabtei am See mit gotischer Kirche, Mausoleum, Teestube, Restaurant und einem Viktorianischen Mauergarten sowie weitläufigen Bergwanderwegen präsentiert. Mitchell Henry, ein Großindustrieller, und seine Braut Margaret entdeckten den Ort, eine Jagdhütte am See, 1850 auf ihrem Honeymoon-Trip in Connemara, Henry kaufte das Land (6075 Hektar), errichtete 1867 ein Schloss, legte einen Viktorianischen Mauergarten an und bewirtschaftete das Anwesen mithilfe von 125 Pächtern. Es wurde zum Familiensitz. Auf einer gemeinsamen Ägyptenreise 1874 verstarb Margaret, sie hinterließ Mann und neun Kinder. Ihr wurde 1877 zum Andenken die gotische Kirche gebaut.

Kylemore Abbey: Too expensive for a king. Foto: E. Spielmann
Kylemore Abbey: Too expensive for a king. Foto: E. Spielmann

Edward VII wollte Kylemore 1903 kaufen, doch angesichts des Kaufpreises (40,000 €) und hoher laufender Kosten befand er: „Too expensive for a king“ („Zu teuer für einen König”). Im selben Jahr ging das Schloss an einen Ölbaron aus Cincinnati, Eugene Zimmerman, für 63,000 € als Hochzeitsgeschenk an seine Tochter, die den Duke of Manchester geehelicht hatte, der ein Spieler war, so dass es lediglich bis zum Tod des Ölbarons in Adelsbesitz blieb. Schließlich kam 1920 erneut unter den Hammer, der Orden der Benediktinerinnen kaufte es für 45,000 €, bauten es um zur Abtei und errichteten ein Internat, das bis 2010 funktionierte. Seit den 1990er Jahren wurde Kylemore peu à peu für die Öffentlichkeit zugänglich, die 2017 restaurierten Schlossräume sind mit und ohne Führung zu besichtigen wie das komplette Anwesen samt Grotte, Gewächshäusern und Wunschstein.

Clifden – Connemaras Highlight

Entlang des Wild Atlantic Way gehört die Clifden Bay eher zu den kleineren Buchten. Wir folgen der Empfehlung von der Hauptstraße auf die kleine schmale vor 150 Jahren angelegte spektakuläre Sky Road abzubiegen um Clifden zu erreichen. Doch eigentlich entpuppen sich die letzten 5 km Serpentinen vom „View Point“ hinunter in die Stadt als der schönste Abschnitt mit herrlichen Aussichten auf die Bay und die vorgelagerten Inseln. Gegründet wurde Clifden 1812 von einem Zwanzigjährigen, John D`Arcy, der als erster des Landbesitzerclans 1815 in das isolierte nicht erschlossene Connemara samt Familie übersiedelte.

Entlang des Wild Atlantic Way. Foto: E. Spielmann
Entlang des Wild Atlantic Way. Foto: E. Spielmann

Bekannt und berüchtigt für illegales Schnapsbrennen („poitin making“) und Schmuggelgeschäfte war es ein schwieriges Unterfangen, seriöse Geschäftsleute in die neu gegründete Stadt zu locken. D´Arcy ließ (1818) Clifden Castle im gotischen Stil errichten (heute eine Ruine) und auch die Sky Road. Protestantische und römisch-katholische Kirchen und Schulen, eine Brauerei und Whiskybrenner wurden gebaut sowie eine Mühle am Owenglin-Fluss in Betrieb genommen. Die ersten Stadtbewohner Clifdens kamen aus allen Teilen Irlands. Als 1895 schließlich die Eisenbahnverbindung zwischen Galway und Clifden eröffnet wurde, erlebten Landwirtschaft und Fischerei einen Schub und der Tourismus kam in Gang, bis heute die Haupteinnahmequelle der Region. Am Markt- bzw. Millenniumsplatz mit modernem Obelisken, von Bars, Restaurants, z.B. „E.J. Kings“, und Geschäften umsäumt, sprudelt das Stadtleben.

Bestes Seafood und mehr serviert das zum Michelin-Star-Restaurant erhobene „Mitchell`s“ in der Market Street gleich um die Ecke. Seit 1991 führen Kay und J Michel das kleine auf zwei Ebenen (75 Plätze) angelegte Restaurant, die Tische stehen eng, was eine „cosy“ Atmosphäre erzeugt. Was die Küche so bietet als Special Value Menu (28,95 Pfund): „Mitchell´s Sea Food Chowder“, „Ziegenkäse-Spinat-Tarte“, Fang des Tages „Dorsch“ und „Mitchell´s Fish Pie“ – regionale weiße Edelfische mit Lauchstückchen in leichter Sahnesoße, als top ein cremiges Kartoffelpüree (mash) sowie „Buttermilch-Pannacotta mit Rhabarber“. Guinness passt bekanntermaßen auch zu Fisch. Natürlich fehlt die sehr gut sortierte Weinkarte mit französischen, italienischen Spitzenweinen nicht.

Seafood im Michelin-Star-Restaurant Mitchell`s. Foto: E. Spielmann
Seafood im Michelin-Star-Restaurant Mitchell`s. Foto: E. Spielmann

Keine 10 Minuten zu Fuß vom Marktplatz liegt „The Quay House“, das älteste Haus der Stadt: 1820 für den Hafenmeister gebaut, später Franziskanerkloster und dann Konvent. Seit vielen Jahren betreiben Paddy und Julia Foyle höchst erfolgreich im Haus am Kai ein wunderbares B&B (15 Zimmer, 13 davon mit Balkon und Blick über den Hafen), das mehrfach zum besten B&B Irlands gekürt wurde. „Banjo“ und „Blossom“, die beiden Möpse, gehören zum Inventar. Paddys Begeisterung für Antiquitäten und gutes Händchen bei Auktionen bringen ein Interieur mit einzigartigem Stil hervor etwa das „Safarizimmer“. Über 15 Jahre verbrachte „Richie“, Bundespräsident Richard von Weizsäcker als Gast und Freund seinen Urlaub in Paddy Foyles Hotel „Rosleague Manor“, einem ehemaligen Landhaus des 19. Jahrhunderts, im 15 km entfernten Letterfrack (heute ist Sohn Mark Foyle Besitzer und Manager des Hauses).

Ausgezeichnet für das landesweit „beste Frühstück“ von B&B waren die Erwartungen hoch. Die „gegrillten Austern Nelson Rockefeller“ (auf Spinat, überbacken mit leichter Ei-Panade mit Dill, Zitrone und Tabasco) vom Chef persönlich serviert, sind nicht zu toppen und „Eggs Benedict“ (pochierte Eier mit Schinken und Käse überbacken auf Toast, Beilage gegrillte Tomaten und Pilze), sehr lecker. Früh am Morgen werden Miesmuscheln vom Fischerboot verladen. In einer knappen halben Stunde Spazierzeit am Wasser entlang erreicht man den kleinen Segelclub.

Direkt vom Fischerboot auf den Tisch. Foto: E. Spielmann
Direkt vom Fischerboot auf den Tisch. Foto: E. Spielmann

Nahe Clifden: Horseshoe Beach, Marconi Station, Roundstone

Zum Baden und Strandbesuch empfiehlt sich Richtung Süden auf dem Wild Atlantic Way 2 km vor Roundstone der Gurteen Beach, hier wurde 1992 der Film „Into the West“ gedreht. Noch schöner ist der Horseshoe Beach, auch Dog´s Bay genannt, aus ehemaligen Muschelbänken formten sich ein Innen- und ein Außensandstrand, dazwischen erstreckt sich eine große Düne. Lohnend für einen Stopover ist die „Marconi Station“ südwestlich Clifdens, nicht nur Technikbegeisterte können den Ort der ersten (1907) drahtlosen transatlantischen Radioübertragung begehen („walking trails“) und etwas über die entscheidende Geschichte industrieller Entwicklung erfahren.

Irlands angeblich ältestes Exportprodukt, die Bodhrán, eine flache Handtrommel wird heute noch in Roundstone fabriziert. Malachy Kearns, in Connemara als Malachy Bodhrán bekannt, baut sie (18 Zoll Durchmesser mit Ziegenfell bespannt und bemalt) seit 30 Jahren auf dem Grundstück eines ehemaligen Franziskanerklosters. Sie kostet zwischen 65-95 €. Rund um den Turm des Klosters, der noch erhalten ist, werden Keramik und Silberschmuck feilgeboten. Im Hintergrund sind die „Twelve Pins“ zu sehen, wenn das keine Idylle ist.


Informationen:

Irland Information/Tourism Ireland, www.ireland.com/de-de/

Fáilte Ireland, 88-95 Amiens Street, Dublin 1, www.failteireland.ie

The Quay House B&B, http://thequayhouse.com/

Mitchells Restaurant, www.mitchellsclifden.com 

Fotos: E. Spielmann

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