Und da ist dann noch der experimentierfreudige Winzermeister und Önologe Alberto Torelli, der seit nun mehr als zwei Dekaden dafür sorgt, dass vom Weingut Collazzi in Tavarnuzze, einem Ortsteil von Impruneta, acht Kilometer von Florenz, dass hier Spitzenerzeugnisse entstehen. Für ihn sind die Weinberge ein Experimentierfeld, auf denen er auch seine ambitionierten Projekte in Sachen schonendes Umweltmanagement, cleverer Wasserwirtschaft gegen Frost oder dem Management der Klimatischen Veränderungen durchführt. Dazu zählt auch das Studium von Insekten, die hilfreich gegen Krankheiten am Weinberg sein können.
Jährlich werden hier heute 220.000 Flaschen Wein abgefüllt. Dafür sorgt vor allem der 2012 neugebaute Fasskeller. Zuvor, hatte die Weinproduktion tatsächlich erst einmal als „Garagenwein“ in einem alten Bauernhaus auf dem Areal begonnen. Die erste Weinlese fand 1999 statt, aber das Gut Collazzi ging indes schon 1933 in den Besitz der Familie Marchi, zu der auch Bona Marchi Frescobaldi, Mutter von Lamberto Frescobaldi gehört. Doch das Weingut Collazzi ist bis heute vollständig unabhängig vom restlichen Frescobaldi-Imperium. Und es ist natürlich noch deutlich älter. Dafür steht die grandiose, auf einem Hügel thronende und auf Rudimenten eines Kastells erbaute Villa Collazzi, ein gewaltiger Renaissancebau, dessen Design sogar Michelangelo Buonarroti zugeschrieben wird.
18 Monate in 225-l-Eichenfässern
1534 hatte die reiche Bankerisfamilie Dini das Areal erworben. 1560 stand dann die Villa, errichtet von Michelangelos Schüler Santi di Tito. Ab 1938 ließen die Marchi alles vom Landschaftsarchitekten Pietro Porcinai restaurieren. Und der ließ dann sogar einen Pool anlegen, exakt so, dass sich die Villa im Wasser spiegelt. Heute wird die Villa auch für Events wie Hochzeiten zur Verfügung gestellt. Und die Locanda Collazzi, ein solches Restaurant soll hier bereits im 18. Jh. existiert haben, ist mittwochs bis sonntags Treff von Gourmets. Hier zelebriert die junge Köchin Angela Tucci ihr Können auch mit Kräutern aus dem eigenen Kräutergarten. Signature Dish ist eine toskanische Traditionsspezialität: Taube! Englischer Garten, Terrasse und Veranda gehen auf das Konto von Landschaftsarchitekt Richard Shelbourn, die Zypressenallee wurde Mitte des 19. Jh.s angelegt, ebenso alt sind viele Kastanienbäume.
Natürlich wird wie eh und je in der Fattoria Collazzi hervorragendes Olivenöl „extra vergine“ produziert. Auf den Weinbergen gedeihen hingegen nun Cabernet-Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc, Syrah, Petit Verdot und natürlich Sangiovese, das „Blut Jupiters“. Aushängeschild und erster produzierter Wein überhaupt ist der Collazzi IGT Toscano, ein hervorragender Blend aus Cabernet Sauvignon (46 %), Merlot (40 %), Cabernet Franc (9 %) und Petit Verdot (5 %). Erstmals 1999 aufgelegt, beeindruckt die 2018er Ausgabe dieses prächtigen Weins (14,5 % Alkoholgehalt), dessen manuell geerntete Reben auf Lehm- und teils sandigen Kalkböden mit viel Meeresablagerungen gedeihen, durch seine tiefdunkelrote Farbe, durch reiche, intensive Aromen von Waldbeeren und reifen Früchten.
Sehr gut ausbalanciert, wirkt er frisch und doch langanhaltend elegant. Jede Rebsorte wird separat geerntet. Der Wein lagert 18 Monate in 225-l-Eichenfässern und weitere sechs Monate auf der Flasche, ehe er Marktreife erreicht. Mit ca. 35 – 40 € pro 0,75-l-Flasche liegt er im oberen Preissegment, ist aber auch bis mindestens 2030 haltbar. Mühelos erreicht er bei der internationalen Weinkritik 95 Punkte! Er passt perfekt zu Wildschwein und Bratengerichten, ideal also auch zum Weihnachtsfest.
Auf sieben Hektar Fläche produziert Collazzi weiter südlich in San Casciano sogar einen echten Chianti Classico DOCG, den „Bastioni“. Und seinen reinen Petit Verdot nannte Collazzi „Ferro“. Er wird seit 2010 abgefüllt und beeindruckt durch Frische und Langlebigkeit und ist aktuell der Liebling der internationalen Weinkritik. Für ihn wurden schon 97 Punkte vergeben.
Eine Hymne an die Familientradition und das Leben ist schließlich Collazzis „Libertà“. Dieser Blend aus Merlot (55 %), Cabernet Sauvignon (30 %) und Cabernet Franc (15 %), erstmals 2008 produziert, ist eine Hommage an jene damaligen Eigner des Collazzi-Weingutes, die im Jahr 1376 mit sieben weiteren Florentiner Familien erfolgreich für die Unabhängigkeit der Stadt und der Stadtrepublik kämpften und dann von der Signoria mit Privilegien geehrt wurden.
Damals ging es gegen die expandierenden tyrannischen Visconti aus Mailand, es ging auch um den Kampf zwischen eher papsttreuen Guelfen (Welfen) und eher kaisertreuen Ghibellinen (Waiblingern, Staufern) und jede Menge politischem Kuddelmuddel untereinander, da die Kontrahenten oft die Fronten wechselten. Und dies geschah alles in der von regelmäßigen Pestwellen heimgesuchten und beinahe aus den Fugen geratenen Arnostadt, in der dann 1378 der Aufstand der Weber (Ciompi) ausbrach.
Komplexität des Cabernet Franc
Dagegen sind heutige Pandemiewellen von Covid-19 eher ein Kinderspiel. Der Libertà dei Collazzi IGT Toscano 2019 (14 % Alkoholgehalt) besitzt eine ausgezeichneten Balance zwischen den Tanninen des Merlot, der würzigen Eleganz des Cabernet Sauvignon und der aromatischen Komplexität des Cabernet Franc. Die Trauben reifen auf 20 Jahre alten Weinbergen in einem Radius von 400 Meter rund um den Weinkeller. Nach der Fermentation in Stahl bei 25°C geht es zwölf Monate in Holzfässer (225 l), um dann weitere sechs Monate in der Flasche zu ruhen. Er überzeugt durch sein komplexen Aromen von reifen Früchten (Pflaume, Brombeere) und passt perfekt z. B. zu Wild oder auch Wachteln.
Und mit einem Preis von nur um die 15 Euro bei einer internationalen Bewertung von sehr guten 92 Punkten ist er ein großartiger, wenn nicht gar exquisiter Wein zu allen Festtagen. Schließlich ist auch gut, dass man das Weingut Collazzi auch besuchen und vor Ort Wein erwerben kann, es besichtigen und die Weine vor Ort degustieren kann. Letzteres funktioniert allerdings besser nach Voranmeldung.
Informationen:
Fattoria I Collazzi Societa Agricola: www.collazzi.it/en
Fotos: Fattoria Collazzi