Foodie

Burrata, Konfekt und jede Menge süße „Seufzer“

Doch dass die Burrata tatsächlich aus dem mittelapulischen Landstädtchen Andria stammt, weiß kaum jemand. Andria ist eher dafür bekannt, dass man von hier organisierte Ausflüge zum berühmten Wahrzeichen der Region, dem nahen Castel del Monte unternehmen kann. Da streitet sich Andria mit dem Nachbarort Corato darum, wer nun näher an diesem Wunderwerk der Baukunst liegt. 

Tatsächlich wurde die Burrata aber in, genauer bei Andria erfunden! Verantwortlich für diese Innovation, die heute vielfach den Mozzarella im Insalata Caprese ersetzt oder auch als herausragend mundende Beilage zur Pasta gereicht wird, war ein Milchbauer namens Lorenzo Bianchino. Der arbeitete auf einer der historischen Landgüter Apuliens, den Masserie, nahe Andria und wurde bei seiner Sahneproduktion – von Schneefall überrascht, so dass er seine Milchprodukte nicht nach Andria zum Verkauf bringen konnte.

So entschloss er sich, nach der Methodik der Mozzarellaherstellung zur Konservierung der Sahne, was gelang. Die Burrata war geboren. Seit 2016 ist sie als Burrata di Andria IGP auch international geschützt, seit 2017 kümmert sich das neugegründete Konsortium Burrata di Andria IGP um die weitere Vermarktung der lokalen wie regionalen Spezialität mit Potential zur Welteroberung.

Das genaue Jahr der Burrata-Erfindung ist nicht bekannt. Italienische Quellen verorten sie in den ersten Dekaden zwischen den zwei Weltkriegen, also in den 1920er oder 1930er Jahren. Andere vermelden das Jahr 1956. Da dürfte die Burrata allerdings schon bekannt gewesen sein. Denn ein besonderer Gourmet, der Schah von Persien, interessierte sich schon Anfang der 1950er Jahre für die Burrata aus Apulien.

Burrata: als Burrata di Andria IGP auch international geschützt. Foto: pixabay
Burrata: als Burrata di Andria IGP auch international geschützt. Foto: pixabay

In Andria selbst macht man indes kein großes Gewese um das vergängliche sahnige Vergnügen. Lokal hergestellte Burrata landet superfrisch auf dem Teller – und wird mit höchstem Vergnügen verputzt. Dafür kümmert man sich in Andria, das seit der Antike existiert aber erst von den Normannen als Zusammenschluss mehrerer Siedlungen mit einer Mauer umgürtet wurde, mehr um das Erbe von Stauferkaiser Friedrich II.

Erst einmal landen wir im historischen Zentrum am Palazzo Ducale: Ringsum entstanden im 11. Jh. teils auch unterirdisch angelegte Wohnungen, von der die große Piazza Vittorio Emanuele II noch erzählt. 

Nur Schritte weiter öffnet dann ein weiterer wahrer kulinarischer Schatz der Stadt, das Museo del Confetto (Museum des Konfekts) „Giovanni Mucci“: Konfekt, Süßwaren und Schokoladen werden hier im historischen Laden der Familiendynastie Mucci und der Confetteria (Süßwaren-Manufaktur), feilgeboten, die seit 1894 existiert. Auf Führungen kann man die historischen Gerätschaften der Manufaktur für Leckermäuler besichtigen, aber der Hit ist der historische Laden mit edlem Kronleuchter, Fresko der Göttin mit Füllhorn an der Decke, aus dem Konfekt kullert, sowie einer Darstellung des Castel del Monte. Kaufen sollte man zumindest das historische Konfekt „Federico II“ (Friedrich II.) mit Mandelfüllung – super! 

In den Gassen von Andria. Foto: Ellen Spielmann
In den Gassen von Andria. Foto: Ellen Spielmann

Vorbei am suggestiven Glockenturm der Chiesa di San Francesco geht es dann zum alten Stadttor Porta Sant`Andrea von 1228. Berühmt wurde die an das Volk von Andria gerichtete lateinische Inschrift, die die Stadt „Andria fidelis“ („treues“ bzw. „loyales Andria“) nennt. Und so heißt bis heute auch der Fußballklub der Stadt Andria Fidelis.

Venedig hat seine berühmte Seufzerbrücke, den Ponte die Sospiri. So ein Bauwerk hat indes die Küstenstadt Bisceglie überhaupt nicht nötig. Denn hier gibt es die „Seufzer“ pur, als süßeste Verführung Süditaliens. Längst ist dieses mit einem Schuss Zitronensaft hergestellte Süßgebäck als „Sospiro di Bisceglie“ („Seufzer von Bisceglie“) berühmt und wird, etwa im historischen Café Cova, das seit 1935 öffnet, den Gästen serviert. 

Legendär wurden diese einzigartigen Bisceglie-Seufzer erstmals 1498 von Klarissinnen für die Hochzeit von Lucrezia Borgia, Gräfin von Bisceglie, mit Alfons von Aragon geschaffen. Und seither hat es trotz mehrfacher Rezept-Metamorphosen nichts von seiner Attraktivität eingebüßt. Heute kümmern sich die Pasticcerie der Stadt um das Traditionsgebäck. Anfang August findet sogar in jedem Jahr „Die Nacht der Seufzer“ statt – für Süßmäuler ein Pflichttermin. 

Im Ort ist natürlich die Kathedrale des Apostels Petrus Pflicht, die 1073 bis 1295 entstand. Gut möglich auch, dass man in Bisceglie in eine der zahlreichen katholischen Prozessionen gerät, etwa der zum Ende des Ende des marianischen Monats zur Erinnerung an die Jungfrau von Konstantinopel. Und dazu gibt es dann gratis viel Gesang – und nur ganz wenige Seufzer.

Das Süßgebäck „Sospiro di Bisceglie". Foto: Ellen Spielmann
Das Süßgebäck „Sospiro di Bisceglie". Foto: Ellen Spielmann

Informationen:

Konsortium Burrata di Andria: www.burratadiandria.it

Museo del Confetto Giovanni Mucci: www.museodelconfetto.it

Sospiro di Bisceglie: www.sospirodibisceglie.it

Fotos: Ellen Spielmann, pixabay

Teilen: